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DeepLKölner Tech-Firma stellt autonomen KI-Agenten vor

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Jaruslaw Kutylowski, Geschäftsführer des Übersetzungsdienstes DeepL.  Foto: Max Grönert.

Jaroslaw Kutylowski hat DeepL 2017 gegründet. 

Millionen Menschen lassen sich von DeepL kostenlos Texte übersetzen. Nun wagen sich die Kölner auf ein größeres Feld vor und starten einen KI-Agenten.

Der Kölner Übersetzungsdienst DeepL hat einen autonomen KI-Agenten vorgestellt, mit dem sich viele Arbeitsabläufe in Unternehmen optimieren und automatisieren lassen sollen. Der „DeepL Agent“ sei so konzipiert, dass er vollständig innerhalb der digitalen Umgebung eines jeden Nutzers arbeite und auf natürliche Sprachbefehle reagiere, um komplexe Arbeitsabläufe sicher und unabhängig auszuführen. Das Tool könne eine Vielzahl von Aufgaben verstehen, durchdenken und ausführen, teilte das Unternehmen mit.

Agent kann tippen und browsen

Der KI-Agent sei dabei in der Lage, Eingaben von Standardtools wie Tastatur und Maus zu erzeugen und einen Browser zu bedienen. Über bestehende Schnittstellen könne er im Namen des Nutzers handeln. „Er kann nahezu jede Aufgabe bewältigen, die ein Mensch mithilfe von Computersystemen ausführen kann. Er bewegt sich nahtlos zwischen den Tools und Workflows der Nutzer und verbessert seine eigene Leistung im Laufe der Zeit kontinuierlich“, sagte der Chef und Gründer des Unternehmens, Jaroslaw Kutylowski.

2017 ging Kutylowski mit dem Sprachübersetzer DeepL an den Start und machte das Unternehmen mit 15 Mitarbeitern von Ehrenfeld aus zu einem weltweiten Player.

Screenshot vom Ki-Agenten

So sieht der DeepL-KI-Agent aus.

Der Agent sei darauf ausgelegt, eine Vielzahl von Geschäftsbereichen und Anwendungsfällen zu unterstützen. So könne er eigenständig Erkenntnisse für Vertriebsteams zusammentragen, die Bearbeitung von Rechnungen in der Finanzabteilung automatisieren oder die Übersetzung und Freigabe von Dokumenten für die Lokalisierung übernehmen, sagte der DeepL-Chef. Das Produkt befinde sich derzeit in der Beta-Phase mit ausgewählten globalen Kunden und stelle einen „spannenden, logischen nächsten Schritt auf unserer Mission dar, reale Herausforderungen mit speziell entwickelter KI zu lösen“. Wer genau die Testkunden sind, wann der Agent offiziell auf den Markt kommt und wie viel er kostet, will DeepL nicht sagen. Nur so viel: Der Agent werde „in den kommenden Monaten“ verfügbar sein.

Starke Konkurrenz

Das Feld der KI-Agenten ist hart umkämpft. Das US-Marktforschungsunternehmen Global Market Insights schätzt das weltweite Marktvolumen von KI-Agenten aktuell auf 7,7 Milliarden US-Dollar, im Jahr 2034 sollen es schon rund 106 Milliarden sein. Microsoft beispielsweise hat seinen Copiloten, wie der Konzern seinen KI-Agenten nennt, in seinen Office-Anwendungen verankert. Er zeichnet beispielsweise Besprechungen auf und fasst sie zusammen, leitet Aufgaben aus dem Gesagten ab oder vermerkt eigenständig im Kalender, was als Nächstes zu tun ist. Google hat mit Gemini eine KI-Lösung im Programm, und auch ChatGPT-Entwickler OpenAI bietet eine eigene Anwendung.

Der Schritt von DeepL, nun in diesen Markt einzutreten, mag überraschen. Immerhin haben sich die Kölner bislang damit gerühmt, bei Blindtests mit Sprachexperten besser abzuschneiden als KI-Übersetzer anderer Firmen, weil sie alle Ressourcen auf dieses Produkt fokussieren. Wie passt der Schritt in den Agenten-Markt dazu? „Der Launch von DeepL Agent ist eine Fortführung dessen, worauf wir uns seit jeher fokussieren: die Entwicklung innovativer KI-Produkte, um komplexe Herausforderungen für Unternehmen zu lösen“, heißt es von DeepL auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

In den vergangenen Jahren hatte das Unternehmen seinen Übersetzer um Produkte wie DeepL-Write (ein Schreibassistent, der Rechtschreibung und Grammatik verbessert) und DeepL-Voice (übersetzt Besprechungen simultan in Textform) ergänzt. „Wir werden auch weiterhin in unsere KI-Sprachplattform investieren. Gleichzeitig freuen wir uns, unsere umfangreiche Expertise in der KI-Forschung und unseren starken Produktfokus über den Sprachbereich hinaus auf die Welt der agentenbasierten KI zu erweitern.“

Spekulationen über Börsengang

KI-Experte Achim Himmelreich, der in Köln bei der Beratung Capgemini den Bereich Customer Engagement Handel und Konsumgüter verantwortet, sieht in dem Vorstoß vor allem aus Marketingsicht einen guten Schritt. „Aus meiner Sicht ist das vor allem ein gutes Narrativ, um Investoren zu zeigen, dass DeepL aus seiner Nische heraus wachsen kann“, sagt er. Immer wieder gibt es Spekulationen um einen möglichen Börsengang von DeepL. Ein KI-Agent könnte potenziellen Geldgebern den nötigen Impuls verleihen. Seit einer zweiten größeren Finanzierungsrunde im Mai 2024 wird DeepL mit zwei Milliarden US-Dollar (1,85 Mrd. Euro) bewertet. 

Himmelreich räumt dem DeepL-KI-Agenten auf dem Markt durchaus Chancen ein. „Der KI-Markt ist längst nicht gesättigt. Während die USA vor allem auf wenige große Player setzen, sollte sich der europäische Markt eher an China orientieren: Dort gibt es viele verschiedene Anbieter, die ihre KI-Agenten in Systeme einbauen, um Prozesse zu optimieren.“

DeepL wird nach eigenen Angaben von rund 200.000 Unternehmen und Behörden sowie Millionen von Privatkunden in 228 Märkten weltweit genutzt. Das Unternehmen zählt inzwischen rund 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (mit dpa)