Der Kölner Versicherer Barmenia-Gothaer kann der Konkurrenz Marktanteile abnehmen und setzt verstärkt auf künstliche Intelligenz.
Beiträge bei neun Milliarden EuroKölner Versicherer Barmenia-Gothaer startet nach der Fusion erfolgreich

Die beiden CEOs Oliver Schoeller (r.) und Andreas Eurich können im ersten Jahr nach dem Zusammenschluss zur Barmenia-Gothaer solide Zahlen präsentieren.
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Der vor gut einem Jahr fusionierte Kölner Versicherer Barmenia-Gothaer blickt äußerst zufrieden auf das Geschäftsjahr 2025 zurück. Man habe trotz des Zusammenschlusses „den Kopf im Markt behalten“, sagt Co-CEO Andreas Eurich bei der Vorstellung des vorläufigen Zahlenwerks. Will heißen: Die Barmenia-Gothaer war nicht nur mit sich selbst und dem Verschmelzen der beiden Gesellschaften beschäftigt, sondern hat 2025 in vielen Sparten Marktanteile gut gemacht.
Kfz-Versicherungen der Barmenia-Gothaer verkaufen sich gut
Das gilt insbesondere für das Segment Komposit, in dem die Schaden- und Unfallversicherungen zusammengefasst sind. Hier legten die Bruttobeiträge um 8,9 Prozent zu. Der Wettbewerb brachte es 2025 nur auf 7,7 Prozent. Das Plus beruht zum Teil auf einer Erholung im zuletzt schwachen Geschäft mit Kfz-Versicherungen. Spartenchef Thomas Bischof lobt aber auch ein „tolles Vertriebsergebnis“. Das schlägt sich in einem mehr als verdoppelten Jahresüberschuss nieder (101 nach 48 Millionen Euro). Auch hier profitiert das Unternehmen von günstigen Umständen. Das Jahr 2025 war von äußerst wenigen „Naturschäden“ geprägt. Damit meint der Versicherer hauptsächlich Hagel- und Sturmschäden.
Höchster Zuwachs an Krankenvollversicherten seit 15 Jahren
Zweites Zugpferd für die Kölner ist die Gesundheitssparte. Auch hier legen die Bruttoerträge mit 8,8 Prozent stärker zu als der Markt mit 8,0 Prozent. Trotz der deutlich gestiegenen Kosten (plus 6,7 Prozent) kann das Segment sein Ergebnis auf dieser Grundlage um ein Drittel steigern. Die Gesundheit weist damit einen Rohüberschuss von 442 Millionen Euro aus. Die Barmenia-Gothaer verweist darauf, dass dieses Wachstum weniger durch Zusatzversicherungen zustande kommt, sondern durch mehr Personen in der Krankenvollversicherung. Der Bestand hat seit dem Jahr 2022 um 17,8 Prozent zugelegt. Zuletzt hat sich das Wachstum mit 8,4 Prozent im Jahresvergleich sogar beschleunigt. Die Barmenia-Gothaer verbucht damit den höchsten Zuwachs an Vollversicherten seit 15 Jahren.
Rohertrag bei den Lebensversicherungen rückläufig
Unter dem Markt bleibt das Unternehmen dagegen bei den Lebensversicherungen. Das Wachstum bei den Bruttobeiträgen von 3,8 Prozent hinkt den 7,0 Prozent im Branchenschnitt hinterher. Immerhin: Die laufenden Beiträge liegen mit einem leichten Plus von 0,5 Prozent über den Werten der Konkurrenz (minus 0,6 Prozent). Die Mitbewerber konnten aber deutlich mehr Einmalzahlungen einwerben. Unter dem Strich steht ein Rohertrag von 113 Millionen Euro. Das sind 44 Prozent weniger als im Vorjahr.
Beitragsziel von 10 Milliarden Euro bis 2028 angepeilt
In Summe weist der Versicherer ein Beitragswachstum von 7,9 Prozent aus auf voraussichtlich 9,27 Milliarden Euro. Damit scheint das im Oktober kommunizierte Ziel, die Beiträge im Jahr 2028 erstmals auf zehn Milliarden Euro steigern zu wollen, erreichbar. Die Barmenia-Gothaer rückt im Ranking von Deutschlands größten Versicherern um einen Platz vor und belegt nun Rang neun. Der Konzernüberschuss steigt von 19 auf 101 Millionen Euro.
Die Eigenkapitalbasis im Vergleich zu möglichen Verpflichtungen im Extremfall steigt auf 201,1 Prozent. Ein Wert „auf Allianz-Niveau“, wie CEO Oliver Schoeller betont. Die solide Kapitalausstattung bringt dem Unternehmen auch ein A-Rating der Agentur S&P mit positivem Ausblick ein. Die Kölner agieren dennoch vorsichtig. Bei der Kapitalanlage baut das Unternehmen seine Position in risikoarmen Staatsanleihen aus, zulasten von Immobilien sowie Bau- und Infrastrukturfinanzierungen. Der ohnehin geringe Anteil von Aktien am Portfolio wird um ein Drittel gekürzt. Die Nettoverzinsung 2025 liegt bei 2,5 Prozent und damit auf Branchenniveau.
30 Millionen für KI allein im Jahr 2026
Für die Zukunft bekräftigt Schoeller das Ziel, die Barmenia-Gothaer bis 2030 zu „einem neuen Unternehmen zu machen, nicht bloß zu zwei integrierten Versicherungen“. Der Konzern soll demnach nicht nur zusammen wachsen, sondern sich im Laufe dieses Prozesses weiterentwickeln. Dabei werde auch der Einsatz künstlicher Intelligenz eine große Rolle spielen, so Schoeller. Sie eröffne Möglichkeiten für besseren Service, personalisierte Angebote und erleichtere es Vermittlern, Informationen zu finden. Die Investitionen in künstliche Intelligenz beziffert Schoeller allein für das Jahr 2026 auf mehr als 30 Millionen Euro.
Zahl der Beschäftigten in Köln leicht gestiegen
Arbeitsplätze seien dadurch nicht gefährdet. „Die Herausforderung besteht nicht darin, dass wir zu viele Menschen beschäftigen, sondern zu wenig“, so Schoeller. Allein durch die Demografie werde der Versicherer innerhalb der kommenden fünf Jahre 1700 Angestellte verlieren, die aus dem Berufsleben ausscheiden. Das gelte es, zu kompensieren. Teilweise auch über den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Damit hält Schoeller an seiner Aussage gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ fest, wonach das Unternehmen der Belegschaft eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2029 zugesichert hat – trotz Fusion.
In Köln ist die Zahl der Beschäftigten auch 2025 wieder leicht gestiegen, von rund 3400 auf derzeit etwa 3450 Angestellte. Am Standort Wuppertal war der Personalaufbau sogar noch größer. Hier kamen zu den 2260 Mitarbeitenden aus dem Jahr 2024 im Verlauf dieses Jahres noch einmal etwa 110 weitere hinzu.
