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Nach Zahlungs-DesasterGibt es echte und sichere Alternativen zu Paypal?

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ARCHIV - 12.05.2022, Sachsen, Dresden: Eine Frau hält ein Smartphone mit dem Logo des Bezahldienst Paypal. (gestellte Szene) (zu dpa: «Bezahlen in Echtzeit: ING führt Paypal-Konkurrent Wero ein») Foto: Sebastian Kahnert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Paypal hatte zuletzt mehrfach mit Problemen zu kämpfen.

Viele Paypal-Nutzer stehen nach dem Sicherheits-Vorfall am Wochenende hilflos da. Was bei Paypal genau passiert ist, bleibt unklar.

Die Verunsicherung ist groß: Nach der Sicherheitspanne bei Paypal warten noch immer viele Nutzer auf eine Aktualisierung ihres Kontos – oder zumindest eine Information von dem Zahlungsdienstleister. Ihr Stand: Zahlungen von Paypal konnten nicht per Lastschrift vom Bankkonto abgebucht werden. Das Paypal-Konto ist deshalb nicht ausgeglichen oder anders gesagt: im Minus.

Grund für die Aufregung ist, dass viele Banken am Montag aus Sicherheitsgründen sämtliche Paypal-Lastschriften blockiert hatten. Denn aufgrund eines offenbar ausgefallenen Sicherheitssystems bei dem US-Konzern waren ungefiltert auffällig viele betrügerische Lastschriften durchgerutscht. Die Banken froren daraufhin Zahlungen in Milliardenhöhe ein – um ihre Kunden zu schützen, wie es vom Branchenverband Deutsche Kreditwirtschaft heißt.

Kommt die Alternative Wero zu spät?

„Klare IT-Sicherheitsstandards schützen Menschen konkret vor finanziellen Schäden“, lobt Carmen Wegge, verbraucherschutzpolitische Sprecherin der SPD den Mechanismus der Banken. Gleichzeitig sieht sie Handlungsbedarf im Finanzbereich: „Deutsche und europäische Banken müssen Angebote entwickeln, die Paypal in Komfort und Sicherheit ebenbürtig sind.“

Für Susanne Hierl, verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU, ist der Vorfall ein Weckruf: „Der Ausfall bei PayPal macht deutlich, wie verletzlich unser Zahlungsverkehr ist, wenn zu wenige Anbieter den Markt prägen.“ Hierl fordert ebenfalls mehr Wettbewerb und verlässliche Alternativen, damit Verbraucher und Mittelstand nicht von einem einzigen Dienst abhängen.

Wero soll so eine Alternative sein. Die europäische Antwort auf Paypal wurde von einem Konsortium aus verschiedenen Banken ins Leben gerufen. Das Geld fließt direkt von einem Konto zum anderen, keine Zwischenstation wie das Paypal-Guthaben-Konto ist dazwischengeschaltet. Wero bietet bisher aber nur die Möglichkeit, sich unter Freunden Geld zu senden – oder Selbstständige wie den Yogalehrer zu bezahlen. Im Handel lässt sich damit noch nicht bezahlen.

Die European Payments Initiative (EPI) hat Wero ins Leben gerufen. Sie besteht aus mehr als einem Dutzend großer europäischer Banken und Zahlungsdienstleistern, die vor allem in Deutschland, Frankreich und Belgien aktiv sind. Darunter die Sparkassen, die Volksbanken und die Postbank. Die Finanzinstitute reagierten mit Wero auch auf den Druck der EU, ein Gegengewicht zu US-amerikanischen Konzernen zu schaffen.

Ist Wero eine Alternative zu Paypal?

Im Einzelhandel, sowohl stationär als auch online, soll Wero erst 2026 als Zahlungsmittel eingesetzt werden können. Vielleicht ist das zu spät, um der Marktdominanz von Paypal noch etwas entgegenzusetzen. Denn wie man bei anderen digitalen Anwendungen wie Whatsapp sieht: Wenn erst einmal alle den einen Dienst nutzen, ist es schwer, die Masse zu überzeugen, umzusatteln. Auch wenn es gute Gründe gibt.

Mehr als 30 Millionen Deutsche haben bei Paypal ein Konto. Wero befindet sich dagegen noch in der Aufbauphase. Der Dienst ist aktuell in Frankreich, Belgien und Deutschland verfügbar. Insgesamt hat er 43 Millionen Nutzer, bisher jedoch nur 1,8 Millionen in Deutschland – ein großer Teil sind Kundinnen und Kunden von Sparkassen und Volksbanken. Doch es werden mehr: Seit der vergangenen Woche können zehn Millionen Kunden von Deutschlands größter Direktbank ING Wero nutzen. Die Deutsche Bank will noch dieses Jahr nachziehen, die Postbank ist bereits dabei.

Till Steffen, Grünen-Sprecher für Verbraucherschutz, rät trotz der Marktmacht von Paypal: „Verbraucher sollten sich unbedingt auf dem Markt umschauen, welchem Anbieter sie ihr Vertrauen schenken wollen.“ Aktuell habe Paypal quasi eine Monopolstellung und brauche kaum Wettbewerber zu fürchten.

Twint ist ein Schweizer Erfolgsmodell

Doch weitere Paypal-Wettbewerber wie Wero überhaupt zu finden, ist schwierig. Für Online-Shops gibt es Klarna: Die schwedische Firma ist vor allem für ihre Ratenzahlungsmodelle bekannt („Buy now, pay later“). Zudem bietet Klarna Sofortüberweisungen und Zahlungen im Laden an. Das Geld fließt das Geld nicht direkt von Konto zu Konto, sondern läuft als Zahlungsversprechen über Klarna. Aber: Privatpersonen können sich kein Geld über Klarna schicken. Diese wichtige Funktion fehlt für eine echte Paypal-Konkurrenz.

Wie ein nationaler Zahlungsdienstleister Paypal nicht nur die Stirn bieten, sondern den US-Riesen sogar übertrumpfen kann, haben Schweizer Banken und Unternehmen seit 2017 gezeigt. Damals ging in der Schweiz Twint an den Start. Mit der Bezahllösung kann man heute nicht nur in Online-Shops bezahlen, sondern auch an Parkautomaten und Flohmärkten. Außerdem lässt sich Geld zwischen Freunden unmittelbar versenden – die Twint-App ist über die Handynummer direkt mit dem persönlichen Bankkonto verknüpft.

Und mit seinen Zahlen könnte Twint ein erfolgreiches Vorbild für das europäische Wero sein: Dem Schweizer Anbieter zufolge wird Twint von 81 Prozent aller stationären Geschäfte und 84 Prozent aller Online-Shops im Heimatland als Zahlungsmittel akzeptiert. Paypal sucht man hingegen in der Schweiz häufig vergebens.