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Der Weg zur MillionWie Rebecca Göckel mit veganem Eis ein Kölner Millionen-Unternehmen aufgebaut hat

Lesezeit 7 Minuten
24.06.2025, Köln: Interview für Serie "Meine erste Million" mit Nomoo-Gründerin Rebecca Göckel. Nomoo stellt veganes Eis her. Foto: Arton Krasniqi

Rebecca Göckel hat Nomoo gemeinsam mit Jan Grabow in Köln gegründet.

Für die Nomoo-Gründerin ging es mit einer kleinen Eismaschine am Barbarossaplatz los. Jetzt beliefert sie Tausende Supermärkte. Das ist ihre Geschichte.

Wenn Rebecca Göckel sich etwas in den Kopf gesetzt hat, denkt sie gerne groß. Das liegt wohl an ihrer kompetitiven Natur, die, wie die 29-Jährige sagt, noch von den Klavierwettbewerben aus ihrer Kindheit stammt. Auch ihr Vater habe ihr immer gesagt: Wenn andere das schaffen, dann kannst du das auch. Also zweifelte die 29-Jährige weder an ihrer Idee noch an ihrem Können, als sie 2018 gemeinsam mit Jan Grabow die vegane Eismarke Nomoo gründete. Göckel hat gelernt: Ohne harte Arbeit gibt es keinen Erfolg.

„Wir haben am Barbarossaplatz mit einer Fünf-Liter-Eismaschine angefangen. Da kamen 40 kleine Becher pro Stunde raus, die wir an Kölner Cafés und Restaurants verkauft haben. In drei Semestern haben wir 10.000 Euro Umsatz gemacht, hart verdientes Geld. Alles, was wir eingenommen haben, ging wieder in die Produktion und den Einkauf von Rohstoffen und Verpackungen. Verdient haben wir damit nichts. Ich habe damals oft an Steve Jobs und Bill Gates gedacht: Die haben doch alle in der Garage angefangen, geil! Ich stand jetzt auch dreimal in der Woche nachts um drei Uhr in einer kleinen Küche, das hatte auch was von Garage. Wir haben uns für ein paar Hundert Euro abgeschuftet. Aber ich hatte trotzdem das Gefühl: Es wird was ganz Großes draus. Das ist meine Persönlichkeit: Ich gebe den Dingen, die ich mache, immer einen großen Wert. Aber wie Nomoo groß werden sollte, das war nicht klar.“

Göckel und Grabow nehmen ein Privatdarlehen auf, produzieren in ihrer Küche erste Chargen, rufen händlergeführte Supermärkte im Kölner Raum an, lassen sie kosten. Die ersten Märkte nehmen das Eis ins Sortiment. Freitags und samstags steht sie mit Grabow im Supermarkt, verteilt Kostproben an Kunden. Sonntags führen sie Events durch, das ist ihre Art von Werbung, Geld für Marketing haben sie nicht.

„Die Zeit war kräftezehrend. Wenn ich einen Sonntagnachmittag freihatte, war das krass viel. Wir haben ja auch das ganze Eis selbst ausgeliefert, mit Bus und Bahn. Das war richtige körperliche Arbeit. Dazu die Produktion in der Nacht, das Studium, der Werkstudentenjob. Gleichzeitig hatte ich den Spaß meines Lebens, das hat sich nicht nach Arbeit angefühlt, das war mein Leben. Das war so cool. Mich motiviert Wachstum extrem. Wenn ich zehn Märkte oder Gastronomien angerufen habe, bekam ich vier Termine und habe zwei davon als Kunden gewonnen. Ich bin danach fast süchtig geworden.“

Dann kommen die ersten Investoren ins Unternehmen und geben Ziele vor: Der Umsatz soll in einem Jahr von 140.000 auf 1,6 Millionen Euro steigen. Das gelingt nicht: 680.000 Euro stehen am Jahresende 2019 zu Buche. Der Misserfolg macht sie unglücklich.

24.06.2025, Köln: Interview für Serie "Meine erste Million" mit Nomoo-Gründerin Rebecca Göckel. Nomoo stellt veganes Eis her. Foto: Arton Krasniqi

Rebecca Göckel mit ihren Nomoo-Produkten

„2020 haben wir die Million aber geknackt. Es war ein Freitagabend, ich wusste schon morgens: Heute können wir es schaffen. Ich wollte das unbedingt erreichen. Wir waren noch 15.000 Euro Auftragsvolumen entfernt und ich habe das Team immer weiter angeheizt, die Aufträge reinzuholen. Ich habe dann selbst größere Kunden angerufen. Einem habe ich gesagt: Du kannst uns über die Millionengrenze schieben. Du bestellst doch eh nächste Woche, dann kannst Du auch jetzt bestellen. Und er hat es gemacht. Das war super geil! Aber der Tag endete damit, dass ich alleine in die Besenkammer im Büro gegangen bin und geweint habe. Nachdem wir es geschafft hatten, waren wir unfassbar euphorisch. Jan und ich hatten spätnachmittags einen Call mit Investoren, sind dafür raus auf den Balkon. Als wir wieder hereinkamen, war plötzlich das ganze Team im Feierabend. Irgendwie hatten sie nicht verstanden, wie wichtig uns das war. Eine Mitarbeiterin kam nochmal zurück und ein paar entfernte Bekannte. Wir saßen auf dem Balkon und ich habe mit fremden Leuten auf unsere Million angestoßen. Das hat sich so falsch angefühlt. Ich wurde traurig, das war furchtbar, und ich wollte nur noch weg. Also habe ich mich in der Besenkammer ausgeheult.“

Göckel sagt, sie hätte stärker kommunizieren müssen, wie bedeutsam die Millionengrenze für sie war. Erfolg sei eine Teamleistung und sie hatten das als Team erreicht. Sie habe gelernt, den Weg zum Ziel zu genießen und Spaß im Hier und Jetzt zu haben – denn Zielmomente könnten sich manchmal ganz anders anfühlen als ursprünglich vorgestellt.

„Die Million ist nur eine Zahl, aber sie ist so eine schöne Grenze. Das erste Mal siebenstellig. Mein Ziel hat sich schnell nach oben verschoben, jetzt will ich die zehn Millionen. Und ich denke jetzt schon darüber nach, wie wir 100 Millionen erreichen könnten. Ein 100-Millionen-Unternehmen zu bauen, das ist als Unternehmerin mein Traum. Ich möchte Nomoo zum Fliegen bringen.“

Der erste Höhenflug endet 2022 fast in einer Katastrophe.

„Die schlimmste Zeit war, als der Krieg in der Ukraine ausbrach. In dem Jahr standen wir zweimal kurz vor der Insolvenz. Die Preise für Energie sind explodiert, auch die Rohstoff-Preise sind in die Höhe geschossen, gleichzeitig ging die Kaufkraft zurück. Das Allerschlimmste war aber, dass die Investorenlandschaft bei neuen Finanzierungen extrem zurückhaltend war. Weil uns eine Finanzierung geplatzt ist, dachte ich an einem Freitagabend, am Montag müsste ich Insolvenz anmelden.“

24.06.2025, Köln: Interview für Serie "Meine erste Million" mit Nomoo-Gründerin Rebecca Göckel. Nomoo stellt veganes Eis her. Foto: Arton Krasniqi

In vielen Supermärkten hat Nomoo einen festen Platz im Eisregal.

Rebecca Göckel und Jan Grabow arbeiten das ganze Wochenende durch, kündigen Verträge, fahren ihre Kosten komplett runter – und müssen von 30 Beschäftigten eine Handvoll Leute entlassen. Göckel und Grabow stecken privates Geld in die Firma, auch Bestandsinvestoren beteiligen sich. Das nächste Gehalt kann gezahlt werden, sie halten sich die Insolvenz vom Hals. Nomoo schafft die nächsten Monate, dann springt im Herbst ein potenzieller Investor ab. Ende Oktober 2022 hätten sie erneut 16 Leute entlassen müssen, weil Nomoo sonst nicht überlebt hätte, sagt Göckel. Im Dezember hat das Unternehmen noch vier Mitarbeiter, zwei weitere können die Gründer zurück ins Team holen. Nomoo überlebt.

„Und dann ging es plötzlich bergauf. Ich habe die Listung in allen deutschen Kaufland-Märkten an Land gezogen, das war ein tolles Gefühl. Eine große Edeka-Region hat uns auf Lager genommen. Da hatten wir plötzlich mit einem kleinen Team den gleichen Umsatz wie zuvor mit dem großen. Das war krass.“

2025 könnte Nomoo erstmals Gewinne erzielen. Es komme jetzt darauf an, wie gut der Sommer läuft, sagt Göckel.

„Von meiner ersten verdienten Million bin ich noch weit entfernt. Wir haben in den ersten Jahren nichts verdient, haben bis Ende 2019 über das NRW-Gründerstipendium 1000 Euro monatlich erhalten. Danach haben wir uns 2500 Euro brutto ausgezahlt. Wir wollten die Firma nicht zu sehr belasten, lieber weiter investieren. Aber das war auch okay, wir hatten noch einen studentischen Lifestyle, das hat gepasst. Wir haben dann irgendwann unser Gehalt noch leicht nach oben angepasst, aber der wahre Wert sind unsere Anteile. Vielleicht liegt meine Million in der Firma, eben in Form von Anteilen, aber ich habe sie nicht auf dem Konto. Aber das Wachstum von Nomoo ist mir viel wichtiger. Wenn die Firma kaputt ginge, wären die Anteile gar nichts mehr wert. Ich habe mir die Million auch nicht konkret als Ziel gesetzt – mich treibt aktuell das Wachstum der Firma an. Aber natürlich ist es toll, wenn man das packt. Es würde mich bestimmt sehr stolz machen, weil ich weiß, wie wir angefangen haben. Wir haben Klinken geputzt und uns das gemeinsam von null an aufgebaut.“


Die Serie

„Der Weg zur Million“ erzählt die Geschichten erfolgreicher Unternehmerinnen und Unternehmer aus Köln und dem Rheinland. Eine Million Euro sind für Gründer meist eine bedeutende Erfolgsmarke. Während manche der Protagonisten der Serie schon lange eine oder viele Millionen Euro auf dem Konto haben, haben andere die Umsatzgrenze von einer Million Euro geknackt. Sagen Sie uns, von welchen erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmern aus der Region Sie gerne an dieser Stelle lesen würden: ksta-wirtschaft@kstamedien.de