Die EU-Kommission setzt das Prüfverfahren für den Verkauf Covestros an den Ölkonzern Adnoc aus. Den Kartellwächtern liegen nicht alle benötigten Informationen vor.
Platzt der Deal?Übernahme des Leverkusener Covestro-Konzerns könnte in Gefahr sein

Covestro muss um die Übernahme durch den Ölkonzern Adnoc bangen. Die EU-Kommission hat die Prüfung wegen fehlender Informationen gestoppt.
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Die Überprüfung der Übernahme von Covestro durch den arabischen Ölkonzern Adnoc liegt seit vergangener Woche auf Eis. Ende Juli hatte die EU-Kommission damit begonnen, den Deal im Rahmen einer eingehenden Prüfung unter die Lupe zu nehmen. Die Wettbewerbshüter vermuten überzogene ausländische Subventionen, die den EU-Binnenmarkt verzerren könnten.
Um die Zweifel auszuräumen, haben die Prüfer aus Brüssel umfangreiche Informationen bei der Adnoc-Tochter XRG angefordert – und diese bislang offenbar nicht erhalten. Die Konsequenz: Die Prüfung, die eigentlich bis zum 2. Dezember abgeschlossen werden sollte, wird vorerst gestoppt. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist nicht in Sicht. Damit verzögert sich der 14,7-Mrd.-Euro-Deal. Womöglich steht er sogar auf der Kippe.
Covestro-Käufer: Informationsabfrage der EU „unverhältnismäßig“
Das legt jedenfalls XRG nahe. Das Unternehmen kritisiert in einer Stellungnahme ungewöhnlich offen die EU-Kommission. Die geforderten Informationen seien „unverhältnismäßig“ und gingen „weit über das hinaus, was angemessen oder für die Transaktion relevant“ sei. Die EU-Bürokratie werfe damit ernsthafte Fragen auf, ob die „Investition durchführbar“ sei, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen XRG-Sprecher.
Grundlage für die eingehende Prüfung der Übernahme ist die europäische Foreign Subsidies Regulation (FSR). Diese EU-Verordnung trat erst im Sommer 2023 in Kraft, kommt nun erstmals bei einer größeren Übernahme zur Anwendung und wird von der EU offensichtlich strenger ausgelegt, als man das beim Ölriesen aus Abu Dhabi erwartet hat. Konkret hinterfragt die EU staatliche Garantien für Adnoc. Auch eine Kapitalerhöhung, durch die Adnoc frisches Geld zufließen soll, sehen die Europäer kritisch.
Covestro: „Wir gehen weiter davon aus, dass der Deal zustande kommt“
Bei Covestro gibt man sich gelassen. Der Vorgang, ein EU-Prüfverfahren auszusetzen, sei „nicht ungewöhnlich“, so ein Covestro-Sprecher auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Im Juli sei dies bereits einmal der Fall gewesen. Die Umstände, die damals eine Verzögerung verursacht hätten, habe man schnell beheben können. „Wir gehen weiter davon aus, dass der Deal zustande kommt“, so Covestro.
Anleger nehmen die Querelen zwischen EU-Kommission und Adnoc sowie die alarmierenden Äußerungen von XRG hingegen ernst. Die Covestro-Aktie verlor in Reaktion auf entsprechende Berichte rund zehn Prozent ihres Wertes und notiert seitdem deutlich unter dem Preis von 62 Euro, den Adnoc Anlegern im Falle einer Übernahme zugesagt hat. Damit preist die Börse das Risiko ein, dass der Deal noch scheitern könnte.
Die Zeit drängt. Adnoc hat sein Übernahmeangebot nämlich ursprünglich davon abhängig gemacht, dass alle regulatorischen Freigaben spätestens bis zum 2. Dezember 2025 vorliegen.
Für Covestro, wo man erst kürzlich zehn Jahre Abnabelung von der einstigen Konzernmutter Bayer feierte, kommen die Zweifel an der Übernahme durch Adnoc zur Unzeit. Denn auch operativ läuft es bei den Leverkusenern nicht rund. Überkapazitäten in Asien und eine wankelmütige US-Zollpolitik setzen dem Kunststoffspezialisten zu und führten erst im Juli zu einer Gewinnwarnung. Statt Gewinnen von bis zu 1,4 Mrd. Euro auf Jahressicht erwartet das Unternehmen nunmehr maximal noch einen Ertrag von 1,1 Mrd. Euro.