Strom und Gas 2024Stadtwerke-Chef warnt vor kräftigem Auf und Ab bei Energiepreisen

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Ein Mann zieht den Stecker eines Ladegeräts aus einer Steckdosenleiste.

Ein Mann zieht den Stecker eines Ladegeräts aus einer Steckdosenleiste.

Höhere Steuern und gestiegener CO2-Preis schlagen auf die Energiekosten durch. Doch es gibt auch einen Trend, der Erleichterung verspricht.

Der Chef der Münchner Stadtwerke geht davon aus, dass auf die Verbraucher schon bald deutlich höhere Energiepreise zukommen. Beim Strom müssten die Versorgungsunternehmen wegen der von der Bundesregierung beschlossenen Streichung der Subventionen für die Übertragungsnetzentgelte ihre Preise „sehr kurzfristig“ anpassen.

„Ganz ehrgeizige Versorger wollen schon im März erhöhen. Fast alle Anbieter müssen die Tarife heraufsetzen, denn die Zusatzbelastungen durch den Wegfall der Netzentgeltsubvention sind viel zu hoch, um das einfach so wegstecken zu können“, sagte Florian Bieberbach dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die zusätzlich entstehenden Aufwendungen machten ein Vielfaches der Gewinnmarge vieler Unternehmen aus.

Anstieg von mehr als 3 Cent pro Kilowattstunde Strom nach Haushaltsurteil

Die Bundesregierung wollte zunächst die Netzentgelte massiv subventionieren. Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts sollen diese Zuschüsse aber komplett wegfallen. Das bedeutet mit dem Jahreswechsel eine Erhöhung dieses Postens von 3,12 Cent je Kilowattstunde auf 6,43 Cent. Das Entgelt wird zunächst von den kommunalen Versorgern gezahlt, aber dann mehr oder weniger stark an die Endkunden weitergereicht.

Auch beim Gas rechnet der Chef des größten deutschen Stadtwerks mit baldigen Aufschlägen: „Gegen Ende des Winters wird Gas für den Endkunden erst einmal wieder teurer“, so Bieberbach. Der höhere CO2-Preis komme überdies hinzu. Auch dabei machen sich Haushaltsbeschlüsse der Bundesregierung bemerkbar. Der CO2-Preis für fossile Emissionen im Wärme- und Verkehrssektor soll von 30 auf 45 Euro pro Tonne erhöht werden. Zugleich will die Regierung die vorübergehend auf 7 Prozent gesenkte Mehrwertsteuer auf Erdgas im neuen Jahr wieder auf 19 Prozent heraufsetzen.

Bieberbach macht den Verbrauchern allerdings auch Hoffnung auf Nachlässe im Laufe des Jahres: „Doch wenn der Preistrend anhält, könnte es langfristig wieder eine Absenkung der Tarife geben“, sagte der Manager im Interview. Ursache hierfür sei der aktuell schon erkennbar Preisverfall im Großhandel mit Erdgas: „Das wiederum hängt damit zusammen, dass der Winter bislang relativ mild ist. Deshalb entsteht ein überschüssiges Angebot, das den Preis drückt.“

Russisches Gas findet einen Weg nach Europa

Nach Bieberbachs Worten sei zudem zu erkennen, dass Russland derzeit massive Mengen Gas exportiere. Und zwar über die Pipeline, die durch die Ukraine führt. Dieses Gas gehe an wenige Staaten in Europa wie etwa Ungarn. Doch osteuropäische Länder leiteten russisches Gas derzeit sogar auch weiter nach Westeuropa. Ferner komme viel verflüssigtes russisches LNG-Gas, das per Schiff transportiert wird, aktuell nach Europa.

Diese Mechanismen schlügen auch an den Märkten für elektrische Energie durch: „Momentan sinken die Preise im Großhandel tatsächlich deutlich“, erläutert Bieberbach. Allerdings sei der Strom, den Versorger ab dem 1. Januar 2024 liefern, schon in den Jahren 2021 bis 2023 relativ teuer eingekauft worden. „Aber für den Zeitraum von 12 bis 24 Monaten können die Preise durchaus wieder heruntergehen“, erläuterte der Stadtwerke-Chef.

Stadtwerke-Chef Biederach: Viele Milliarden für Wärmewende nötig

Zugleich sieht er die Wärmewende in Gefahr, weil der Bund derzeit viel zu geringe Zuschüsse für den Ausbau der kommunalen Netze einplane: „Wenn alle Städte ihre Wärmepläne einreichen und die Förderung beantragen, dann ist das Geld nach kürzester Zeit aufgebraucht.“ Er fügt hinzu: „Die Kommunen brauchen Milliarden und Milliarden. Da muss nachgelegt werden. Ansonsten ist die Wärmewende, so wie die Bundesregierung sie geplant hat, nicht zu schaffen. Sie würde auf halber Strecke steckenbleiben.“

Der Ausbau von Wärmenetzen ist extrem aufwendig und teuer. Insider kalkulieren mit 3000 bis 5000 Euro pro Meter. Kommunen und Stadtwerke können die immensen Kosten aus eigener Kraft nicht stemmen.

Allein für München sind nach Biederbachs Angaben derzeit Investitionen von 7,5 Milliarden Euro eingeplant. Das zentrale Instrument zur Unterstützung der Kommunen ist die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW), die derzeit noch mit einer Haushaltssperre belegt ist. Nach Informationen des RedaktionsNetzwerk Deutschland sind dafür im neuen Jahr im Bundeshaushalt 750 Millionen Euro vorgesehen. Mehrere Verbände aus der Energiewirtschaft hatten bereits Ende November für das BEW-Programm gefordert: „Auf mittlere Sicht sind mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr für die Förderung notwendig.“

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