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Deutsches Nachbarland hart getroffenTrump beschließt weltweit historische US-Zölle – und verschiebt Inkrafttreten

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US-Präsident Donald Trump will mit seinen neuen Zöllen ein „Goldenes Zeitalter“ für die US-Wirtschaft einläuten.

US-Präsident Donald Trump will mit seinen neuen Zöllen ein „Goldenes Zeitalter“ für die US-Wirtschaft einläuten. 

Die Frist endete zum 1. August: Länder, die noch keinen Zoll-Deal mit Donald Trump ausgehandelt haben, trifft es ab dem 8. August mitunter schwer. 

US-Präsident Donald Trump hat am Donnerstag seine lang erwarteten und vielfach verschobenen „gegenseitigen“ Zölle endgültig beschlossen. Damit wolle er das globale Handelssystem wieder ins Gleichgewicht bringen, teilte das Weiße Haus mit.

Trotz des endgültigen Beschlusses verschob Trump das ursprünglich für Freitag angesetzte Inkrafttreten der neuen Zollsätze für dutzende Handelspartner um eine Woche. Aus dem Weißen Haus wurde dies am Donnerstag (Ortszeit) damit begründet, dass den Grenz- und Zollbehörden mehr Zeit für die Umsetzung des neuen Systems gegeben werden soll. Gleichzeitig verhängte Trump per Dekret neue Zölle gegen Länder, für die es noch kein Handelsabkommen gab. Kanada und die Schweiz treffen die neuen Sätze besonders hart.

Donald Trump setzt mit Dekret US-Zölle für fast 70 Länder fest

Die von Trump angeordneten höheren Zölle für Dutzende Handelspartner werden nach Angaben eines hochrangigen Beamten des Weißen Hauses nun erst am 7. August in Kraft treten.

Trump unterzeichnete am Donnerstag ein Dekret, durch das die US-Zölle für fast 70 Länder von zuvor zehn Prozent auf unterschiedliche Sätze von bis zu 41 Prozent festgelegt werden. Der Präsident passte dabei einige der zuvor angedrohten Strafzölle an. Für die Schweiz gilt demnach jetzt ein höherer Satz von 39 Prozent. Für Deutschlands Nachbar ist dieser Wert ein herber Schlag. Der Zusatzzoll von 39 Prozent weiche „deutlich“ vom Entwurf einer gemeinsamen Absichtserklärung ab, schrieb der Kommunikationsverantwortliche des Eidgenössischen Finanzdepartements, Pascal Hollenstein, am Freitagmorgen laut Schweizer „Handelszeitung“.

Donald Trump präsentierte im April während einer Veranstaltung zur Ankündigung neuer Zölle seine neuen „Tariffs“.

Donald Trump präsentierte im April während einer Veranstaltung zur Ankündigung neuer Zölle seine neuen „Tariffs“.

Dass die USA die Zölle „in erheblicher Höhe gegenüber Importen aus der Schweiz anwenden wollen“, nehme der Bundesrat mit großem Bedauern zur Kenntnis. Der Bundesrat werde laut Hollenstein die neue Sachlage analysieren und über das weitere Vorgehen entscheiden.

Donald Trumps Zollpolitik: Schweiz und Kanada hart getroffen

Die Zölle auf Waren aus Kanada erhöhte Trump auf 35 Prozent, erklärte jedoch gleichzeitig in einem NBC-Interview, er sei offen für Gespräche. Die pauschalen Zölle in Höhe von 35 Prozent auf kanadische Importe würden laut Experten allerdings nur einen geringen Teil des Handels zwischen den USA und Kanada betreffen. „Der Großteil des Handels zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten, der hauptsächlich in diesen Ländern stattfindet, bleibt zollfrei“, sagte Drew Fagan, Professor an der Universität Toronto gegenüber CNN.

Der Grund: Kanada hat im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern bereits ein Handelsabkommen mit den USA hat, das auch Mexiko einschließt und als US-Mexico-Canada Agreement (USMCA) bezeichnet wird. In dem von der ersten Trump-Regierung ausgehandelten Abkommen ist geregelt, dass eine Vielzahl von Waren zollfrei ist, sofern sie die Ursprungsregeln erfüllen.

EU handelte Abkommen mit Donald Trump aus

Der Zollsatz für taiwanische Produkte wurde auf 20 Prozent gesenkt, aber Taiwans Präsident Lai Ching-te erklärte, er wolle weiter verhandeln. Für andere Länder gab es keine Überraschungen. Für die EU, Japan und Südkorea ist, wie in zuvor erfolgten Handelsabkommen vereinbart, ein Aufschlag von 15 Prozent vorgesehen.

Das Dekret und die in den vergangenen Monaten geschlossenen Handelsabkommen brechen mit den Regeln, die seit dem Zweiten Weltkrieg den internationalen Handel geregelt haben
Wendy Cutler vom Asia Society Policy Institute

„Es besteht kein Zweifel: Das Dekret und die in den vergangenen Monaten geschlossenen Handelsabkommen brechen mit den Regeln, die seit dem Zweiten Weltkrieg den internationalen Handel geregelt haben“, sagte Wendy Cutler vom Asia Society Policy Institute.

Die US-Regierung hingegen feierte sich für die Beschlüsse. „Das ist historisch. Das ist ein neues Handelssystem. Wir bewegen uns weg von einem System, dessen Kernprinzip Effizienz um jeden Preis war, hin zu einem System, dessen Kernprinzip fairer und ausgewogener Handel ist“, zitiert die „Washington Post“ einen hochrangigen Regierungsbeamten, der anonym bleiben möchte.

Donald Trump träumt von „Goldenem Zeitalter“

Trump hatte Anfang April einen Zollkonflikt mit Handelspartnern in aller Welt entfacht. Er kündigte hohe Importaufschläge für zahlreiche Länder an, senkte diese dann aber auf zehn Prozent, um Verhandlungen zu führen. Für manche Produkte galten aber bereits höhere Zölle, etwa für Stahl- und Aluminiumprodukte, die bereits mit einem Importaufschlag von 50 Prozent belegt wurden.

Durch die Errichtung neuer Barrieren für ausländische Produkte will der 79-jährige Republikaner die heimische Industrie fördern und ein neues „Goldenes Zeitalter“ einläuten. Kritiker und Wirtschaftsvertreter allerdings bleiben skeptisch.

Selbst die zunächst noch niedrigeren Zölle der letzten Monate haben die eigene Wirtschaft teilweise belastet. Die Inflation blieb im Juni laut US-Medien auf einem hohen Niveau, Verbraucherpreise stiegen hingegen stärker als erwartet. Erst am Dienstag hatte sich der Internationale Währungsfonds (IWF) über teils gestiegene Importpreise in dem Land besorgt. Dies deute darauf, dass Unternehmen damit beginnen, höhere Kosten auf ihre Preise umzulegen. Am Ende bedeute dies, dass die Zölle von Importeuren, Einzelhändlern und letztlich von den Kunden getragen werden.

Wichtige Treiber der US-Wirtschaft berichteten zuletzt von Einbußen bei ihren Gewinnen. Apple-CEO Tim Cook sagte etwa am Donnerstag bei einer Telefonkonferenz zu den Geschäftszahlen, dass das Unternehmen sich auf höhere finanzielle Einbußen aufgrund der Zölle einstelle – unter der Annahme, dass die aktuellen Sätze und Richtlinien stabil bleiben, rechne er damit, dass die Zölle die Kosten des Unternehmens im Quartal bis Ende September um etwa 1,1 Milliarden Dollar erhöhen würden.

Nach Angaben der Zentralbankrat der Federal Reserve (Fed) in Washington vom Mittwoch hat sich das Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr abgeschwächt, während die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten nach wie vor groß ist. Ersteres könnte ein erstes Zeichen dafür sein, dass die Fed im September tatsächlich erstmals seit Dezember 2024 den Leitzins senken wird. (mit afp)