Fünf Millionen Euro für VoltfangWie drei Aachener mit alten E-Auto-Batterien ein Energie-Problem lösen wollen

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Das Start-up Voltfang der RWTH Aachen baut Energiespeicher aus alten Batterien von Elektro-Autos.

vorne: Afshin Doostdar, CTO

hinten, von links: David Oudsandji, CEO, Roman Alberti, CEO

Das Start-up Voltfang der RWTH Aachen baut Energiespeicher aus alten Batterien von Elektro-Autos.

Deutschland braucht Stromspeicher, um die Energiewende zu schaffen. Eine RWTH-Gründung setzt bei zwei Problemen an – und erhält dafür Millionen.

Um die große Aufgabe der Energiewende zu stemmen und Deutschlands Stromversorgung komplett mit erneuerbarer Energie zu sichern, sind stationäre Batteriespeicher in großem Umfang notwendig. Einfach gesagt: Wenn die Produktion von Energie aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen stark schwankt, müssen Speicher in sonnigen und windigen Zeiten überschüssigen Strom aufnehmen, um ihn wieder ins Netz einzuspeisen, sobald es wolkenverhangen und windstill ist.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme berechnete vergangenes Jahr für Deutschland einen benötigten Speicherbedarf im Jahr 2030 von 100 Gigawattstunden, was einer Million Kilowattstunden entspricht. Bis 2045 soll der Bedarf gar auf 180 Gigawattstunden steigen.

Voltfang: Aussortierte Batterien haben hohe Restkapazität

Einen Anteil zur Deckung dieses Bedarfs will das Aachener Start-up Voltfang leisten. 2021 an der renommierten Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) von David Oudsandji, Afshin Doostdar und Roman Alberti gegründet, nutzt das Unternehmen alte Batterien von Elektrofahrzeugen als Energiespeicher. „Aussortierte Batterien besitzen in der Regel eine alterungsbedingte Restkapazität von über 80 Prozent“, schreiben die Gründer auf ihrer Website. „Sie eignen sich deshalb ideal für die Weiterverwendung in stationären Speichersystemen, welche für die nachhaltige Energiewende einen essenziellen Bestandteil darstellen.“

Das Start-up Voltfang der RWTH Aachen baut Energiespeicher aus alten Batterien von Elektro-Autos.

Wie Computerserver sehen die Batteriespeicher-Einheiten von Voltfang aus.

Die Aachener wollen neben ihrem Beitrag zur Energiewende auch gleich das Recyclingproblem von E-Auto-Batterien lösen, ihnen ein zweites Leben einhauchen. Ob eine aussortierte Batterie sich für die Wiederverwertung eignet, prüft eine auf Künstlicher Intelligenz basierende Software, die von Voltfang entwickelt wurde. „Mithilfe unserer Betriebssysteme und dem durchgängigen Monitoring können wir unsere Batterien genauso lang haltbar machen wie eine Neubatterie“, sagt Voltfang-Chef David Oudsandji. Über 600 Batterien wurden bislang auf diese Weise einer neuer Aufgabe zugeführt, auf mehr als 50 Mitarbeitende ist Voltfang seit dem Start vor zwei Jahren gewachsen, die Produktion ist am Gründungsstandort in Aachen angesiedelt.

Investoren stecken fünf Millionen Euro in RWTH-Start-up

Die Produktentwicklung der Aachener Gründer ist jetzt von Investoren mit einer umfangreichen Finanzierung für das weitere Wachstum gewürdigt worden: Fünf Millionen Euro neues Kapital für den Ausbau der Produktion erhält Voltfang von einem Konsortium, das vom Berliner Risikokapitalgeber PT1 angeführt wird.

Niko Samios von PT1 sieht große Entwicklungschancen für die neuartigen Energiespeicher: „Nachhaltige Energie kann zunehmend günstiger hergestellt werden, jedoch muss sie aufgrund der Netzstruktur irgendwo gespeichert werden, und das sollte am besten dezentral erfolgen. Kommende regulatorische Vorgaben werden diesem Prozess nur noch mehr Nachdruck verleihen. Voltfang bietet in diesem Bereich das interessanteste Produkt, das wir gesehen haben, weil sie einen Kostenvorteil mit einem Nachhaltigkeitsbonus verbinden.“

Zu den Kunden des Start-ups gehören Industrie- und Gewerbeunternehmen, die sich modular erweiterbare Batteriespeicher mit einer Kapazität von 33 bis 1000 Kilowattstunden in den Betrieb stellen. Aldi Nord zählt nach eigenen Angaben zur Kundschaft. Ziel ist es, teure Lastspitzen zu reduzieren, den Eigenverbrauch zu senken oder die Ladeinfrastruktur zu erweitern. Mit Batteriegroßspeichern von Voltfang mit einer Kapazität bis zu fünf Kilowattstunden sollen nach Unternehmensangaben gar Quartierspeicher oder eigene Ladeparks für E-Autos betrieben werden können.

Bis Ende 2024, so lautet ein neues Ziel, will Voltfang nun mehr als 40.000 Kilowattstunden Speicherkapazität mit seinen Produkten ausliefern. Markige Worte des Co-Chefs Roman Alberti unterstreichen den Glauben an das eigene Unternehmen: „In zehn Jahren wird es keine Neubatterie mehr im gewerblichen Bereich geben“, glaubt der Gründer.

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