Werbe-ReformRewe entfernt Comic-Affe von Cornflakes und erntet viel Kritik

Lesezeit 4 Minuten
Eigenmarken-Produkte der Rewe Group, die vor allem bei Kindern beliebt sind, könnten künftig anders aussehen. (Symbolbild)

Eigenmarken-Produkte der Rewe Group, die vor allem bei Kindern beliebt sind, könnten künftig anders aussehen. (Symbolbild)

Lebensmittelwerbung für Kinder preist häufig Produkte an, die viel Zucker, Fett oder Salz enthalten. Rewe entfernt nun die Comicfiguren bei einigen Frühstückscerealien. 

Cornflakes sind bei Kindern beliebt, sie schmecken süß und locken die jungen Konsumenten mit niedlichen Tier-Designs auf der Verpackung - doch der Inhalt der Packung ist alles andere als gesund. Der Kölner Lebensmittelhändler Rewe hat deshalb den Affen von der Verpackung seiner Eigenmarken-Schoko-Cornflakes „Choco Chips“ verbannt. 

Die Rewe Group prüft nun sukzessive die Eigenmarkenlebensmittel mit Kinderoptik bei Penny und Rewe. „Unser Ziel ist es, die Nährwerte und das Verpackungsdesign anhand der WHO-Kriterien zu prüfen und das Verpackungsdesign und/oder die Rezepturen bis Ende 2025 sukzessive anzupassen“, sagt eine Sprecherin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

„Das Produkt ist Schrott“

Rewe-Group-Einkaufschef Hans-Jürgen Moog hatte die Entscheidung gegen den Affen auf der Verpackung im sozialen Netzwerk LinkedIn geteilt. „Wer schon einmal mit Kindern einkaufen war, weiß, wie positiv sie auf Comicfiguren und Zeichnungen reagieren. Deshalb verabschieden wir uns bei Rewe von Cartoon-Figuren wie dem Bären auf der Luftmatratze oder dem surfenden Affen und werden in Zukunft in dieser Produktgruppe bewusst auf neutralere Verpackungen setzen“, schreibt er. 

„Choco Chips“ der Rewe-Eigenmarke Ja! in neuem und alten Design.

So sehen die „Choco Chips“ der Rewe-Eigenmarke Ja! jetzt aus (rechts im Bild). Der Comic-Affe auf der bisherigen Verpackung (links im Bild) ist verschwunden.

Dafür erntete Moog viel Kritik im Netz. „Der konsequentere Schritt wäre wohl gewesen, das Produkt ganz aus dem Regal zu nehmen“, kommentiert ein Nutzer. „Das Produkt ist nun mal ernährungsphysiologisch Schrott. Ob mit oder ohne Affe“, schreibt ein anderer. Moog erklärt den Kritikern, warum der Affe auf der Verpackung keinen Platz mehr hat: „Unser Ziel ist es, Transparenz herzustellen – nicht ein Sortiment, das komplett aus zuckerfreien Produkten besteht.“

Die Rewe-Sprecherin gibt sich gelassen: „Wir sehen die Reaktionen auf den Post durchaus positiv – denn wir posten ja nicht, um nur Zustimmung zu bekommen, sondern um Dialog und Auseinandersetzung zu Themen anzustoßen. Offensichtlich hat dieses Thema einen Nerv getroffen.“

99 Prozent der Kinder-Müslis entsprechen nicht den WHO-Kriterien

Dass Schoko-Cornflakes viel Zucker enthalten, überrascht kaum. Doch wie ungesund das süße Frühstück für Kinder wirklich ist, zeigt eine Studie der Krankenkasse AOK und den Marktforschern der GfK: Fast Dreiviertel der 1400 getesteten Müslis, Cornflakes und Co. überschreiten beim Zuckergehalt die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation. Die liegt bei 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Bei den speziell an Kinder gerichteten Cerealien liegen sogar 99 Prozent der gekauften Produkte über diesem Richtwert.

Hinzu kommt, dass Lebensmittelwerbung, die speziell an Kinder gerichtet ist, sehr häufig hochverarbeitete Lebensmittel anpreist, die zu viel Zucker, Fett oder Salz enthalten. Deshalb arbeitet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) an klaren Werbe-Regeln. Das BMEL illustriert die Dringlichkeit des Kinder-Werbegesetzes mit Zahlen: Im Schnitt sehen Kinder jeden Tag 15 Werbespots und -einblendungen im TV und Internet, die Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt anpreisen. Durchschnittlich 92 Prozent der Lebensmittelwerbung, die Kinder in Internet und TV wahrnehmen, ist für Produkte wie Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten. Und: Rund 15 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen in Deutschland, das sind knapp zwei Millionen Kinder und Jugendliche, sind übergewichtig, darunter knapp sechs Prozent adipös.

Bisherige Selbstverpflichtungen greifen nicht

Dass es nun ein Gesetz braucht, liegt daran, dass bisherige freiwillige Selbstverpflichtungen der Branchen nicht dazu geführt hätten, dass „Kinder effektiv vor Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt geschützt werden“, heißt es beim BMEL. „Wenn es um den Schutz der Gesundheit von Kindern geht, erwartet die Bevölkerung zurecht, dass der Staat seiner besonderen Verantwortung gerecht wird.“

Rewe-Einkaufschef Moog will mit dem veränderten Produktdesign einen Schritt in die richtige Richtung gehen. „Ich sehe uns ebenso wie die Hersteller mit in der Verantwortung, uns mit diesem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen. Auch – oder gerade – weil aktuell noch an einem Gesetzesentwurf gearbeitet wird, bin ich grundsätzlich ein Freund von Eigeninitiative und weniger von starren Vorgaben“, schreibt er.

Deshalb setze sich die Rewe Group auch ohne gesetzliche Regelungen „kontinuierlich mit den Rezepturen unserer Eigenmarkenprodukte auseinander“ und prüfe regelmäßig, „ob sich Salz, Zucker oder Fett einsparen lassen, ohne dass der Geschmack darunter leidet“. Ende vergangenen Jahres sei das Verpackungsdesign der Frühstückscerealien auf den Prüfstand gekommen und habe nun ein Update erhalten, so Moog: „Sicherlich ist das ein vermeintlich kleiner erster Schritt – aber wir bleiben dran.“

Im Jahr 2018 hat die Rewe Group ein Programm auf den Weg gebracht, mit dem das Unternehmen Zucker und Salz in seinen Eigenmarkenprodukten reduzieren will. Mittlerweile wurden laut dem Konzern bereits bei mehr als 1300 der Eigenmarken-Produkte der Zucker- oder Salzgehalt reduziert.

KStA abonnieren