Wirecard, Lehman Brothers und CoDie größten Bilanzskandale vergangener Jahre

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markus braun_wirecard_dpa

Der inzwischen abgelöste und zeitweilig verhaftete Wirecard-Chef Markus Braun war mit sieben Prozent auch Großaktionär.

  • In der Bilanz von Wirecard fehlen 1,9 Milliarden Euro.
  • Das Unternehmen ist kein Einzelfall. Von Lehman Brothers bis zur Düsseldorfer IKB - sie alle hatten sich verzockt, geschummelt und geschoben.
  • Ein Überblick der spektakulärsten Fälle vergangener Jahre.

Köln – Bei Wirecard schlagen die Wellen hoch. 1,9 Milliarden Euro fehlen in der Bilanz. Fehlen ist lakonisch, sie waren wahrscheinlich nicht da. Das Satireportal „Der Postillon“  gibt zwar Entwarnung, Ex-Wirecard-Chef  habe die Milliarden wiedergefunden in einer Hosentasche. Aber das ist leider Satire. Neu sind solche Luftbuchungen und Bilanzskandale keineswegs. Hier ein Überblick über die spektakulärsten der vergangenen Jahre. Enron Vor dem 2. Dezember 2001 war der US-Konzern Amerikas größter Energiehändler.  Und der konnte über Jahre offenbar Gewinne  erzaubern. Tatsächlich diente dazu ein Geflecht von 2000 Tochterfirmen. Darüber machte Enron Geschäfte mit sich selbst. In der Enron-Bilanz landeten die Gewinne, die Schulden aber bei den Töchtern. Nach dem Auffliegen verloren Banken und Aktionäre 60 Milliarden Euro und 20 000 Mitarbeiter ihre gut bezahlten Jobs.

Lehman Brothers Der wohl bekannteste  Fall der vergangenen Jahrzehnte. Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young wurden der Bilanzfälschung und des Wertpapierbetrugs angeklagt. Die Bankrotterklärung der Bank führte in die Weltfinanzkrise. Lehman hatte sich mit umstrittenen Geldgeschäften namens „Repo 105“ schöngerechnet und dadurch Investoren über den wirklichen Verschuldungsgrad im Unklaren gelassen. Durch den Bilanztrick konnten kurz vor dem Zusammenbruch 50 Milliarden Dollar an Vermögenswerten außerhalb der Bilanz geparkt werden. Nur Tage nach der Bilanzvorlage nahm Lehman die Vermögenswerte wieder zurück und musste dafür natürlich zahlen. Die Anleger erfuhren nichts. Ernst & Young bescheinigte den Amerikanern stets eine saubere Buchführung. IKB Man muss nicht bis nach Amerika, auch in Düsseldorf findet man einen historischen Bilanzskandal. Die biedere  Mittelstandsbank IKB erlebte im Juli 2007, zehn Tage nach der Präsentation eines „problemfreien“ Quartalsberichts, einen krassen Absturz. Man hatte sich am US-Hypothekenmarkt verzockt. Der Staat rettete mit Milliarden. Ex-Bankchef Stefan Ortseifen erhielt zehn Monate auf Bewährung und 100 000 Euro Geldstrafe wegen Kursmanipulation.

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Flowtex Die Geschichte klingt nicht nur filmreif, sie wurde 2018 als „Big Manni“ auch verfilmt – eine Anspielung auf Flowtex-Chef Manfred Schmider. Der gilt in den 90er-Jahren als Musterunternehmer. Seine Firma Flowtex produziert Horizontalbohrmaschinen, die Kabel unter die Erde bringen, ohne die Straßen aufzureißen. Doch die Bohrer sind  nicht so gefragt. Trotzdem lässt sich Schmider Millionenkredite auszahlen, um angeblich 3142 Maschinen zu bauen. Die verkauft er an Investoren und least sie anschließend zurück. Tatsächlich baut Flowtex aber bloß 270 Geräte, an die sie einfach immer neue Seriennummern schraubt. Um die Leasingraten zahlen zu können, müssen immer mehr fiktive Maschinen verkauft werden – ein Schneeballsystem. „Baulöwe“ Schneider Bauunternehmer Jürgen Schneider schafft sich in wenigen Jahren ein Immobilienimperium. Er kauft Gebäude in bester Lage, lässt sie aufwendig sanieren und vermietet oder verkauft sie dann mit satten Gewinnen. Doch er beginnt zu betrügen. Grundsätzlich lässt der „Baulöwe“ seine Immobilienobjekte immer weit höher ansetzen, als sie wert sind. So bekommt er höhere Kredite, deren Zinsen jedoch durch Mieten nicht gedeckt werden können. Der ständig wachsende Schuldenberg wird von den Banken ignoriert. Schneider fälscht bei seinen Objektangaben nach Herzenslust und ungeniert – und die Banken prüfen nicht. Er hinterlässt mehr als fünf Milliarden D-Mark Schulden.

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