Wiesn 2015 in MünchenSo zapfen Sie Ihr eigenes Bier zu Hause

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Selbst gebrautes Bier ist gleich zweimal ein Genuss: beim Brauen und beim Trinken.

Selbst gebrautes Bier ist gleich zweimal ein Genuss: beim Brauen und beim Trinken.

Köln – Die Craft-Beer-Szene hat es vorgemacht, wir eifern ihr nach: Fünf Magazin-Mitarbeiterinnen statten sich mit Bierbrau-Sets für brau-technisch Unbedarfte aus. Zugegeben entspricht das in vier von fünf Fällen kaum dem Craft-Gedanken, das Gebräu handwerklich und individuell zu fertigen. Einfach nur Wasser und ein fertiges Malzextrakt zusammenkippen – so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Eher urtümlich: Kochen, brodeln, dampfen, stinken. Aber es stinkt nicht und Arbeit macht es auch fast keine.

Ob Pils, Helles oder Landbier – funktioniert das überhaupt? Und schmeckt das nach einer Zeit des Gärens und Reifens? Bangen Herzens sehen wir der Verkostung mit unseren Experten Fritz Wülfing und Ben Palmer entgegen. Fritz Wülfing, der für seine Craftbeer-Serie „Ale-Mania“ charaktervolle Biere in Bonn braut, meint: „Zu Hause zu brauen ist eine gute Art, den eigenen Geschmackshorizont zu erweitern.“

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Brauen mit Anspruch und Sinn für Ästhetik

Von Jasmin Krsteski

Nach fünf Stunden des Temperaturmessens, Rührens und Durchsiebens klebt die Herdplatte von Malzsuppe, und mein Mann fragt mich, warum wir uns nicht einfach Bier gekauft haben.

Für den „Besserbrauer“ braucht man einen großen Topf à acht bis zehn Liter. Die Malzkörner werden in 69 Grad heißem Wasser „eingemaischt“, die Temperatur muss konstant zwischen 65 und 69 Grad gehalten werden. Der aufsteigende Dampf riecht angenehm nach Heu.

Nach einer Stunde wird „abgemaischt“, also das Wasser auf 78 Grad erhitzt. Es folgt das „Läutern“. Dabei wird das Malz von der Flüssigkeit getrennt. Dafür hängt man ein Sieb über einen zweiten Topf. Das Malz wird abgeschöpft und in das Sieb gegeben, die Flüssigkeit darüber gegossen, um den Restzucker auszuwaschen. Das Malz bildet einen natürlichen Filter und heißt jetzt „Treber“.

Drei Liter heißes Wasser werden nachgeschüttet, dann wird alles noch einmal durch das Sieb zurück in den Topf gegeben. Nun wird der „Würze“, so heißt die Suppe jetzt, der Hopfen zugegeben. Nach gemächlichem Köcheln soll die Würze so schnell wie möglich auf unter 25 Grad heruntergekühlt werden, damit unser Bier nicht bitter wird. Bei 25 Grad füllen wir die Würze durch Sieb und Trichter, in die zuvor mit dem beigelegten Reinigungsmittel sterilisierte Gärflasche. Nun kommt die Hefe zum Einsatz. Sie soll eine Woche lang arbeiten.

Die leeren Flaschen müssen vor dem Abfüllen sterilisiert werden. Dann setzt man einen Topf mit Wasser und Zucker auf, um dem Bier Kohlensäure zuzusetzen. Mit einer Bierpumpe wird das Bier nun in den Topf mit Zuckerwasser gesaugt – und in 13 Flaschen abgefüllt. Die sollen nun bei Zimmertemperatur rund drei Wochen reifen. Wir können so lange nicht warten. Eine Kostprobe ergibt: Noch etwas hefig – die restliche Hefe soll während der Flaschengärung vergoren werden – und noch nicht perlig – aber wir können uns vorstellen, dass daraus mal ein leckeres Bier werden kann. Hergeben will mein Mann jetzt keine Flasche mehr.

Fazit: Für einen unerfahrenen Brauer ist das ein sauberes Ergebnis. Zwar hat sich tatsächlich nicht viel Kohlensäure gebildet, aber das Bier riecht angenehm und animierend, der Farbton ist hell bernsteinfarben. Fritz Wülfing und Ben Palmer loben den schön herben und trockenen Abgang. „Wenn ein Bier etwas Herbes hat, reizt das zum Mehrtrinken“, sagt der Craft-Beer-Brauer.

Erhältlich bei: Die Braubox „Helles“ gibt es für 75 Euro bei www.besserbrauer.de

Hinweis: Auch Hausbrauer müssen beim Hauptzollamt eine Meldung machen. Bei Mengen unter zwei Hektolitern pro Jahr reicht eine formlose Mitteilung an poststelle.hza-koeln@zoll.bunt.de. Unter dieser Freigrenze bleibt das Bier steuerfrei.

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Auch ohne Blubbern zum Erfolg

Von Doreen Reeck

Schön sieht der gelbe Zehn-Liter-Eimer, der als Gärbehälter dienen soll, nicht gerade aus. Aus der 20-Seiten-starken „Brau-Broschüre“ erfahre ich, wie eine Brauerei braut – und dass mir mit dem mitgelieferten Bierwürze-Konzentrat die aufwendigsten Schritte, nämlich das Mälzen, Maischen, Läutern und Würze kochen, abgenommen wurden.

Als Erstes alles schön sterilisieren. Dann den Zapfhahn und das Abfüllröhrchen montieren und testen. Ich entscheide mich für ein klassisches Helles, messe 400 g des im Wasserbad erwärmten Bierwürze-Konzentrats ab – das lecker malzig schmeckt – sowie 600 g Zucker, koche drei Liter Wasser ab. Dann kippe ich alles in den Garbehälter, rühre gut um und fülle auf zehn Liter mit kaltem Wasser auf. Wieder rühren, Bitterhopfen mit der Pipette abmessen und ab ins Gebräu. Als Letztes werden zwei bis drei Gramm Trockenhefe eingestreut. Deckel und Gärröhrchen drauf und abwarten.

Der Hauptgärprozess kann zwischen vier und acht Tagen dauern. Als das Fässchen nach 48 Stunden immer noch ohne Muckser in meiner Küche steht, werde ich misstrauisch. Laut Broschüre sollte das Gärröhrchen nämlich blubbern, sich im Fässchen Schaum bilden. Bei mir blubbert nichts. Bei der Bierhotline des Herstellers weiß man, mich zu beruhigen: „Manchmal geht das voll ab, manchmal brodelt es im Stillen. Testen Sie mal, wenn es nicht mehr zu süß schmeckt, können Sie abfüllen“.

Da ich direkt in Bügelflaschen abfüllen möchte, muss ich für die Nachgärung pro Halbliterflasche noch rund 5 mg Zucker hinzufügen, was für Party in der Flasche sorgt. Anfangs sieht das Bier noch trüb aus, nimmt im Laufe der nächsten Tage aber bald einen klaren dunklen Bernsteinton an. Das „Jungbier“ ist nach zwei bis zu drei Monaten gut ausgereift.

Fazit: „Ein Bild von einem Bier“, sagen die Experten. Als Jungbier optisch super, dass sich kaum Schaum bildet, liegt an den Gläsern. Noch ist Restsüße zu schmecken sowie ein trocken-getreidiger Ton. Das Bier ist spritzig, wenn auch dem typisch Hellen nicht ähnlich, eher einem englischen Ale. Allgemeine Begeisterung.

Erhältlich bei: Das Bier-Kwik® -Brauset „Klassiker“ kostet 39,90 Euro bei www.bier-kwik.de

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Biermischen für Dummies

Von Sabrina Birkenbach

Ich stehe noch keine zwei Sekunden mit meinem Karton von „Braufässchen – Just brew it“ in der Küche, da hat es sich mein Mann schon geschnappt. Ich höre irgendwas mit „Bierbrauen“ und „Männersache“ und schon packt er das Zubehör feinsäuberlich aus und studiert die Anleitung. Schnell stellt sich heraus: Es ist echt einfach ein Pils zu brauen.

Zum Brau-Set gehören eine Plastikflasche Gersten-Malzextrakt, eine mit Hopfen-Aromaextrakt, eine Packung Hefe, eine leeres Blech-Fässchen und ein Druckventil. Wirklich sexy ist das Design des Braufässchens nicht – das „Brauen“ auch nicht. Das Einzige, das wir kochen müssen, ist Wasser! Wir rühren nicht, wir schütteln nur ein wenig.

Aber der Reihe nach: Zuerst füllen wir den Malzextrakt in das Fässchen – und vermissen dabei einen Trichter. Das klebrige Zeug läuft dunkel und zäh in die große Dose. Dann füllen wir die leere Malzflasche mit heißem Wasser auf und geben es zum Extrakt dazu. Nun schütteln wir das Fass für 30 Sekunden, füllen die Flasche noch fünfmal mit kaltem Wasser auf und geben es ins Fässchen, dann folgen Hopfen und Hefe. Am Schluss setzten wir das Druckventil in die Öffnung. Das ist etwas kniffelig, denn der Behälter sollte dicht sein. Aber die Anleitung ist gut, es kann nichts schiefgehen. Nach ein paar Minuten Fummelei klappt es. Nach 20 Minuten sind wir fertig. Unsere Mischung ruht für einen Tag bei Raumtemperatur, damit die Hefe den Zucker zu Alkohol und Kohlensäure verwandeln kann. Dann schütteln wir es und lassen es wieder vier Tage stehen. Nun kommt das Fässchen für zwei Tage in den Kühlschrank. Die Hersteller machen widersprüchliche Aussagen zur Anzahl der Ruhetage. Dafür erklären sie sehr übersichtlich, was dabei mit unserer Mischung passiert.

Fazit: Das Bier kommt mit ordentlich Druck aus dem Fässchen und läuft schön und mit Schaum ins Glas. In der Testrunde das neutralste Bier mit wenig Pils-Charakter: vorne stark, im Abgang dünn. Keine bittere, eher eine zarte Süße. „Der Geschmack ist ausgewogen und gefällig“, sagt Fritz Wülfing.

Erhältlich bei: Die Box „Braufaesschen“ gibt es für 29 Euro online bei www.braufaesschen.com

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Pils für Anfänger

von Maria Dohmen

So eine richtige Gaudi wird’s beim Abfüllen. Endlich riechen wir mal ordentlich Malz und Hopfen. Und beim Nachwürzen mit Trockenmalz gemäß des Reinheitsgebots geht’s richtig ab. Bier lebt! Kaum haben wir eine Minimenge Malz in die Flasche gespritzt, fängt das Gebraute an zu schäumen wie wild. Das Nachwürzen soll später für eine schöne Schaumkrone sorgen. Jetzt schnell den Deckel drauf und hoffen, dass bis zur Verkostung ein knackiges Jungbier entsteht.

Der Start war simpel: Ein Set kommt mit Reinigungsmittel und Plastik-Gäreimer, Gerätschaften und „Bierkit“ – quasi die Bierseele in der Dose. Darin ist eine sirupartige Masse, die riecht nach Pumpernickel und macht das Pils. Aha. Das erwärmt man, mischt es im Eimer mit heißem Wasser, lässt alles abkühlen und rührt dann Trockenhefe ein. Fertig ist der Lack. Nach rund zehn Tagen füllen wir ab, dann folgt die Reifezeit: Vier bis acht Wochen werden empfohlen, wir verkosten nach zehn Tagen.

Erhältlich bei: Das „Bierbrauset für Anfänger mit mehr Zubehör bis 23 Liter“ gibt es für 32,90 Euro bei www.brauen.de

Fazit: Wer in Saftflaschen abfüllt, kann kaum mit sauberer Karbonisierung rechnen. Sprich: Der Blubber fehlt. Dafür schlägt die Bittere bei den Brauern voll ein. Im Herzen ist das ein Pils mit Charakter. Palmer findet sogar noch einen süßen Toffee-Körper.

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Landbier für Lesefaule

Von Gaby Warren

Wer wie ich seine Zeit nicht gerne mit dem Intensivstudium von Gebrauchsanweisungen verbringt, ist mit dem „pfiffigen Bierbrau-Fass für Einsteiger“ gut beraten. Wir möchten naturtrübes Landbier brauen. Zum Set mit Sechs-Liter-Fässchen, Konzentrat, Hefe sowie Anleitung braucht man noch Zucker, einen großen Topf, Schneebesen und ein Thermometer.

Grundvoraussetzung beim Bierbrauen ist Sauberkeit, alles wird also erstmal gereinigt. Dann koche ich drei Liter Wasser, das muss abkühlen. Die Bier-Hefe löse ich auf, mische Brau-Konzentrat mit Zucker.

Ist das Wasser auf 80 Grad abgekühlt, rühre ich den Mix mit dem Schneebesen kräftig ein, bis die Flüssigkeit klar ist – alles ab ins Fässchen, auf 30 Grad herunter kühlen, dann gebe ich die Hefe dazu und schließe das Fass. Innerhalb von 48 Stunden startet der Gärvorgang, nach einigen Tagen können wir in Flaschen füllen, dann kommt noch etwas Zucker dazu, damit sich Kohlensäure bildet und das Bier spritzig wird.

Erhältlich bei: Das „Braukönig Bier Braufass für Einsteiger“ gibt es für 27,50 Euro bei www.dein-bier.com

Fazit: Dickes Hefedepot unter apfelsaftigem Goldton – sieht gut aus. Aber: Hier hat sich ein Lactobacillus eingenistet, das Bier ist sauer. Pech? Nein, Trend! Saure Bierstile sind Avantgarde, weiß Wülfing. In der Flasche zeigt sich ein Cider-Ton, etwas Walnuss und eine spitze Säure.

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