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Henns GeschmackssacheEine Weinkarte, die begeistert und Kalbsleber als Gradmesser

Lesezeit 3 Minuten
19.06.2025
Pulheim:
Henns Geschmackssache: 
Weinhaus „Die Fledermaus“ in Pulheim. 
Foto: Martina Goyert
mgoyert@web.de

19.06.2025 Pulheim: Henns Geschmackssache: Weinhaus âÄžDie FledermausâÄœ in Pulheim. Foto: Martina Goyert mgoyert@web.de

Die „Fledermaus“ in Pulheim nennt sich zurecht Weinhaus. Die Auswahl an Weinen ist großartig, beim Essen gibt es einige Treffer, aber auch Fehlschläge

Die nette Bedienung musste dreimal kommen, bis ich endlich so weit war zu bestellen. Und das lag an der Weinkarte, denn ich kam aus dem Staunen einfach nicht mehr raus. So ein Ding habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Die hat jemand zusammengestellt, ja über Jahre zusammengetragen, der Wein wirklich liebt. Ein 1982er Gruaud Larose (Bordeaux), ein Foradori Granato (Trentino) von 2008, ein 2005er Torre Muga (Rioja) in der Magnumflasche, ja sogar ein transsilvanischer Eiswein, den eine österreichische Süßweinlegende gekeltert hat. Insgesamt gut 500 Flaschenweine, dazu 30 offene die auch nicht von schlechten Eltern sind. Noch dazu alles fair kalkuliert. Schon für sechs Euro bekommt man hier ein schönes 0,15-Liter-Glas Wein. So etwas sieht man in der heutigen Zeit sehr selten.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Zudem sitzt man sehr gut, ob auf der großen Terrasse oder drinnen in der unter Denkmalschutz stehenden Scheune mit Holzfässern an den Wänden - und im Winter gibt es sogar offenes Kaminfeuer. Die B-Note ist hier also schonmal herausragend.

Deutsche Landküche wird durch Italienisches und Französisches ergänzt

Die Speisekarte ist allerdings ein wenig eigenwillig. Man kann sich ein Drei-, Vier- oder Fünf-Gang-Menü zusammenstellen, aus acht Vorspeisen, einem guten Dutzend Hauptspeisen und entweder einer Dessert- oder Käsevariation wählen. Dazu gibt es ein á la carte Angebot auf dem sich auch die Speisen der Menüs sowie einige weitere finden, vor allem in den Sparten Pasta und Salat. Insgesamt wird oft deutsche Landküche angeboten, viel Italienisches, auch mal Französisches, selten Asiatisches.

Ravioli mit Sauce

Die Parmesansauce zu den Ravioli besitzt aromatische Wucht - nur das Trüffelöl stört etwas.

Los geht es mit Trüffelravioli, die leider stark nach Trüffelöl schmecken, was überhaupt nicht nötig wäre, denn die intensive Parmesansauce (kein Schaum wie auf dem Menü steht) besitzt aromatische Wucht, frittierter Rucola sorgt für feinen Knusper und die Pasta ist noch leicht al dente. Intensiv auch die Safransauce zu zwei kleinen, glasig angebratenen Jakobsmuscheln auf sautiertem Blattspinat. Die Spargelcremesuppe ist leider nicht, was ihr Name verspricht: cremig.

Jakobsmuscheln auf Blattspinat

Zwei kleine angebratene Jakobsmuscheln auf sautiertem Blattspinat bieten ein intensives Geschmackserlebnis.

Bei den Hauptspeisen weiß dann die saftige Kikok-Hühnchenbrust zu überzeugen, mit Frühlingsgemüse und Parmesannudeln. Enttäuschend dagegen das Risotto mit weißem und grünem Spargel zu den Fischvariationen, denn es weist absolut keinen Biss auf, genau wie die Spargelstücke. Auch der Parmesangeschmack schwächelt diesmal. Heilbutt und Loup de Mer sind okay, aber der Lachs schmeckt zu fischig.

Herr Dittrich stützt sich an einen Pfeiler und lächelt in die Kamera.

Sven Dittrich ist im Weinhaus der Restaurantleiter.

Kalbsleber ist immer ein guter Gradmesser für die Qualität einer Küche, hier ist sie von guter Qualität und routiniert zubereitet. Leider schwächeln die Beilagen: die Sauce zu stark gebunden und aromaschwach, das Püree zu fest, die geschmorten Zwiebeln zu wenig geschmort.

Licht und Schatten auf dem Dessertteller

Licht und Schatten auch bei den Desserts: das klassische Tiramisu weist eine angenehm präsente Kaffeenote auf, die Erdbeervariante dagegen ist unbalanciert süß, die Frucht eindimensional, die Creme wenig luftig. Überzeugend dagegen das dunkle Schokomousse und die cremige Panna cotta.

Dessertteller

Dunkles Schokomousse und Panna cotta überzeugen, das Erdbeer-Tiramisu dagegen ist unserem Kritiker zu wenig luftig.

Zeit sollte man für ein Essen hier mitbringen, denn die Gänge dauern und der Service hat so viel zu tun, dass er manchmal den Überblick verliert. Solange das Weinglas voll ist, erträgt man das in der „Fledermaus“ allerdings gut.


Henns Auswahl:

Jakobsmuscheln auf Blattspinat 18,50 Euro

Trüffelravioli 14,50 Euro

Kalbsleber 30 Euro

Gemischte Fischvariation / Spargelrisotto 36 Euro

Hühnchenbrustfilet 28,50 Euro

Tiramisu 8 Euro

Kleine Dessertvariation 10 Euro

Menü 46 / 52 / 58 Euro (3 / 4 /5 Gänge), 18 / 24/ 30 Euro für  3 / 4 / 5 passende Weine à 0,1l

Bewertung 3 von 6

Fazit: Großartige Weinauswahl zu fairen Preisen. Beim Essen einige Treffer, einige Fehlschläge. Das alles in schönem, urigen Ambiente.

Weinhaus Fledermaus, Brauweiler Straße 39a, 50259 Pulheim-Sinthern, Tel. 02238 – 5 96 00, Mo, Di, Do, Fr ab 17, Sa & So ab 16 Uhr