Das Neumann in EhrenfeldDie alte Schule des Kölschtrinkens

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Micha Neelen in seinem Neumann

Während sich Cafés und Bars in Ehrenfeld fast an jeder Straßenecke finden lassen, sind die rustikalen Kölschkneipen im Veedel rar geworden. Dabei war Ehrenfeld einst gespickt mit Wirtschaften, in denen sich die Nachbarschaft auf ein – meistens aber mehrere – Kölsch traf.

Allein in der Körnerstraße gab es früher einmal über ein Dutzend von ihnen. Heute muss man etwas länger suchen, wenn man ein Bier in handfestem Ambiente trinken will – vereinzelt aber existieren sie noch heute, jene „Kaschämmen“, in denen die Lichter dämmrig, die Gläser kurz und die Nächte lang sind. Eine von ihnen ist das „Neumann“ auf der Subbelrather Straße: Ein Raum, eine lange Theke, ein Tischkicker und fertig ist die „Klitsche“, wie Wirt Micha Neelen seine Kneipe nennt, die er vor 13 Jahren eröffnet hat.

Rückzugsort für rauchende Stammkundschaft

Micha ist auch Inhaber des Hemmers auf der anderen Straßenseite, das er zu Beginn der 90er-Jahre zu Rang und Namen brachte, inzwischen aber verpachtet. Als dann im Hemmer nicht mehr geraucht werden konnte, eröffnete er gegenüber das Neumann als „Raucher-Dependance“, wie Micha erklärt, der selbst seit dem Studium keine Zigarette mehr gequalmt hat. Was als Rückzugsort für die rauchende Stammkundschaft des Hemmers gedacht war, entwickelte sich aber bald auch bei den anderen Ehrenfeldern zum beliebten Treffpunkt: „Die Leute kamen tatsächlich gerne her“, sagt Neelen so, als wäre er darüber selbst etwas verblüfft.

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Das Neumann von außen

Als 2013 dann das Nichtraucherschutzgesetz in NRW in Kraft trat, blieben im Neumann zwar die Kippen aus, die Stammgäste aber nicht. Nur müssen diese mittlerweile vor der Türe rauchen: „Viele Gäste kommen jeden Abend zu uns. Im Neumann wird mehr getrunken als im Hemmer/sitzen zwar die härteren Trinker als im Hemmer, aber alle Gäste sind freundlich und höflich“, erzählt Micha, der die Getränkekarte bewusst schlicht gehalten hat.

Rock-Musik die bevorzugte Musikrichtung

Am häufigsten geht das Sion-Kölsch für 1,60 Euro über die Theke, so erzählt er, dicht gefolgt wird es von Schnaps. Hier allen voran Sambuca, Wodka und Jack Daniels. Cocktails gibt es keine, Longdrinks nur einige wenige: „Wir machen natürlich auch schonmal einen Gin Tonic, aber ansonsten ist es hier eher bier- und schnapslastig“, so der 69-Jährige.

Und auch die Musik, die im Neumann läuft, passt zu der Getränkewahl – zwar laufe ab und an tanzbare Musik aus den 80ern, die meiste Zeit aber wird Rock gespielt. Schließlich sind viele der Stammgäste selbst Musiker aus der entsprechenden Szene. Unter ihnen finden sich jedoch auch bildende Künstler, erklärt Micha, der selbst gerne zum Pinsel greift und manche seiner Gemälde im Schankraum des Neumanns aushängt.

Vom Kunst Studenten zum Gastro-Besitzer

Das Neumann

Ein Sion-Kölsch kostet 1,60 Euro, eine Flasche Astra, Becks oder Veltins geht im Neumann für 2,50 Euro über die Theke. Das Pittermännchen gibt’s für  65 Euro. Ein Glas Grauburgunder oder Weinschorle kostet 4,60 Euro beziehungsweise 3,40 Euro. Die Schnäpse, etwa Sambuca, Wodka und Flimm (2 cl), beginnen bei 2 Euro, einen Gin Tonic gibt es für 4 Euro.

Das Neumann an der Subbelrather Straße 159 in Ehrenfeld ist dienstags bis samstags ab 19 Uhr geöffnet, wenn der FC spielt auch früher. Sonntags und montags ist das Lokal geschlossen – es sei denn, es läuft Fußball. Für private Feierlichkeiten kann das Neumann auch gemietet werden. (flo)  

www.facebook.com/Neumann-394041019656/

Bevor der gebürtige Niederrheiner nämlich in die Gastronomie einstieg, studierte er Kunst in Köln, arbeitete im Anschluss als Lehrer für Sonderpädagogik und als Sozialarbeiter. Dann eröffnete er ein Café in Brühl, auf das eine Kneipe in Sülz folgte. Dann das Hemmer und schließlich das Neumann: „Ich bin nicht nur – aber auch – in die Gastro eingestiegen, weil es damals hip war“, erklärt Micha heute, der Inzwischen auf ein langes Leben in der Gastronomie zurückblickt.

In dessen Verlauf hat er auch den Wandel der Kölner und Ehrenfelder Kneipenszene hautnah mitbekommen: „Früher waren die Kneipen alle etwas rustikaler und sie waren die Treffpunkte im Veedel“, erzählt der 69-Jährige, „heute gehen die jungen Leute vermehrt in Cafés.“

Das Neumann bezeichnet Micha daher als „eine der letzten Bastionen“, als Teil einer aussterbenden Spezies. Und tatsächlich ist seine Kneipe eine Art Refugium für jene, die auf eine Physalis oder Cocktailkirsche im Glas und Playlisten der aktuellen Charts verzichten können. Schließlich gibt es im Neumann ansonsten alles, was den Kneipengänger glücklich macht: Die Fußballspiele werden auf einer Leinwand übertragen, das Kölsch ist günstig und der Schnaps ebenfalls.

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