Rheinland für EntdeckerMondän und magisch ist das Casino in Bad Neuenahr

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Spielbank Bad  dpa

Die Spielbank Bad Neuenahr wird in diesem Jahr 70 Jahre alt

„Geld ist nichts.  Aber viel Geld ist etwas anderes“, meinte Dramatiker George Bernhard Shaw. Um Geld, oft um viel Geld geht es auch in der Spielbank Bad Neuenahr.  70 Jahre wird das Casino im Sommer alt. Damit ist es eine der  ältesten staatlich konzessionierten Spielbanken der Republik. Smoking und Fliege sind zwar auch im etwas plüschigen und dennoch  stilvollem Ambiente  der Casinos längst passé, nicht aber der Nervenkitzel am Roulette- oder Pokertisch.

Spielbank Neuenahr Gausmann

Das Glücksspiel an Automaten hat an Popularität gewonnen

Spieler aus allen Teilen des Landes kommen nach Bad Neuenahr. Wer einen Personalausweis vorzeigt und älter als 18 Jahre ist, darf hinein. Helmut Meinke ist Saalchef im Bad Neuenahrer Casino. Als Page hat der heute 51-Jährige angefangen, dann wurde er Croupier. Heute hat  er die Aufsicht und Kontrolle über den gesamten Spielbetrieb. Von morgens bis abends in einem Büro hocken, das war nicht sein Ding, „zumal der Beruf des Croupiers mit hohem Ansehen verbunden war“.

Schlips geht, Magie bleibt

Vieles habe sich verändert. Schlips und Kragen werden bei den Casinobesuchern seltener. „Das Mondäne und das Magische aber sind geblieben“, so Meinke, der den alten Zeiten jedoch nicht nachtrauert. „Jeder ist bei uns willkommen“, sagt er. Kehren tagsüber vor allem ältere Herrschaften in  das Casino  ein, um ihr Glück an den 120 Spielautomaten mit Namen wie „Cat 4 Cash“, „Lady of Fortune“, „Lucky Cats“ oder „Ultimate Hot“ zu versuchen, so wird es am Abend „bunter“, wie Meinke erklärt.

Anfahrt zum Casino Bad Neuenahr

Mit dem Auto: A 61, Abfahrt Bad Neuenahr,  über die B 266 bis zur östlichen Stadtausfahrt. An der Ampel rechts ins Kurviertel.  Die Spielbank ist gut ausgeschildert.  Parkhaus nebenan. Von Remagen oder Sinzig  über die B 266 bis zur östlichen Stadteinfahrt, dann Schildern  folgen. Mit der Bahn: Bis Remagen, dort in die RB 30 umsteigen.

Auffallend viele Singles seien dabei. Alle Altersklassen und Nationalitäten sind dann rund um die Tische verteilt – Roulette, Black-Jack,  Poker.  Konzentriert verfolgen die Spieler das Geschehen, einige machen sich Notizen, andere beobachten auf einem über dem Roulettekessel angebrachten Monitor die Zahlen der vergangenen Spiele, um vielleicht eine Regelmäßigkeit aus den Nummernkolonnen entwickeln zu können. „Das war früher schon so“, erinnert sich Oskar Hauger. Er ist 84 Jahre alt. Bis zum Jahre 2000 war der gebürtige Kölner  Tischchef  in der Spielbank Bad Neuenahr, hat die Spielbank in Magdeburg mit aufgebaut, hat in Dänemark Besucher aufgefordert „Faites votre jeux“, bis es hieß: „Rien ne va plus“.

Boomendes Glücksspiel

In Haugers aktiver Zeit gab es  13 Spielbanken in Deutschland, heute sind es 80. Unzählige Croupiers hat er in seiner Laufbahn ausgebildet, Höhen und Tiefen, Pech und Glück bei den Gästen erlebt. Als er Anfang der 1960er Jahre im Bad Neuenahrer Kurviertel anfing,  gab es statt der Monitore über den Roulettetischen noch „Permanent-Schreiber“, Männer mit Smoking und Fliege, die alle Zahlen festhielten. So konnte sich jeder Spieler schnell informieren, wann die Kugel zuletzt auf die  6  oder die 17 – oder welche Glückszahl  der Gast auch immer favorisierte  – gefallen war.

Mit Reisebussen aus Düsseldorf, Krefeld, dem Ruhrgebiet und Köln seien die Casinobesucher nach Bad Neuenahr gekommen, 2500 Gäste an einem Tag. „Das gibt es heute nicht mehr“, sagt Hauger, der über die Jetons von Telly Savalas („Kojak“), dem Fünfziger-Jahre-Filmstar Sonja Ziemann oder  Schauspieler und Quizmaster Hans-Joachim Kulenkampff wachte, von dem er übrigens keinen Pfennig Trinkgeld bekam, wie sich Hauger auch heute noch mit leichter Verärgerung erinnert.  Vorbei sind die Zeiten, als der Scheich von Oman anreiste, einen eigenen Roulettetisch für sich und seine Gefolgschaft beanspruchte, weil er in seinem direkten Umfeld keine weiblichen Gäste dulden wollte. Beim   Trinkgeld ging  Hauger auch hier leer aus: Die arabische Kundschaft kenne nämlich keine „Tips“.

Einsatz als Trinkgeld

Dennoch hatten und haben die Croupiers ihr Auskommen. In erster Linie befolgen   Gewinner das ungeschriebene Gesetz, den ursprünglichen  Einsatz dem Personal zu  überlassen. Ansonsten gibt es ein Grundeinkommen, das aber kräftig angereichert wird, wenn Fortuna am Tisch zugeschlagen hat. „Eine Dreiviertel Million hat bei mir mal jemand gewonnen“, so Hauger. Bei Meinke waren es gar eine Million Euro, die ein Holländer mit nach Hause nahm.

Poker Spielbank Neuenahr Gausmann

Poker gehört zu den beliebtesten Spielen im Casino.

Mit unbewegter Miene habe er seine Jetons zusammengepackt und sei zur Kasse gegangen. Verluste werden – so die Erfahrung der Croupiers – in aller Regel mit Stil und Anstand hingenommen. „Jeder weiß, dass man das Glück nicht erzwingen kann“,  sagt Hauger. Zwar habe er Verzweifelte erlebt, die Haus und Hof verspielt hatten. Die seien aber die absolute Ausnahme gewesen. Die Gewinner bleiben eher in Erinnerung: Ein Gast  kam mit einer Discounter-Plastiktüte voller Geld ins Casino, wechselte die Scheine in Jetons und ging nach erfolgreichem Pokerspiel mit seiner noch  praller gefüllten Plastiktüte wieder weg.

Casino statt Zocker-Bude

Ab und zu geht der Ex-Direktor noch in „seine“ Bad Neuenahrer Spielbank. Dann zieht er sich allerdings Schlips und Anzug an. „Leger ist ja in Ordnung. Ein gewisses Niveau muss aber bleiben“, sagt er. Sonst verkomme ein solches Casino zur „Zocker-Bude“. Hauger-Schüler Meinke sieht das genauso, wenngleich er bei der Kleidung der Gäste auch etwas großzügiger ist. Hauptsache: die Kugel rollt.

Und das werde  sie in Bad Neuenahr noch lange, ist sich der  Saalchef sicher. Galt früher das Glücksspiel als Kind der Habsucht, als Bruder der Sittenlosigkeit und Vater des Unheils, so umfasst der riesig gewordene Markt heute längst alle Gesellschaftsschichten. Dies vor allem im Internet, in den Spielhöllen in den Innenstädten, in Sportwetten-Läden – zum Leidwesen der alteingesessenen Spielbanken. Als Hauger als Croupier anfing, gab es in Deutschland Lotto, vielleicht im Fernsehen noch die „Glücksspirale“, ein bisschen Fußballtoto und Pferdewetten. In Meinkes Berufswelt sieht das anders aus. Die Konkurrenz ist groß geworden. Dennoch: Die Faszination, die das 1903 erbaute prächtige Haus mit seinem bemerkenswerten Innenleben ausstrahlt, wird auch in Zukunft ausstrahlen und Menschen, die das Außergewöhnliche lieben, anlocken.

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Tipps rund um den Ausflug

Einkehr: Das Casino Bad Neuenahr liegt in der Innenstadt direkt an der Ahr.  Restaurants und Cafés in allen Preiskategorien sind  zu Fuß zu erreichen.

Die Ahr-Thermen liegen direkt gegenüber. Die Schwimm- und Wellness-Oase (nicht für Kleinkinder geeignet) ist unter einem blauen Kuppelzeltdach untergebracht. Zu Fuß erreichbar ist  auch das Frei- und Hallenbad „Twin“, das  – wie  die Ahr-Thermen – über einen Gastrobereich verfügt. Bad Neuenahr ist wegen seiner Quellen bekannt, man das Wasser auch trinken. Im Kurpark zum Beispiel,  ungefiltertes Heilwasser aus der Quelle „Großer Sprudel“, das aber – vorsichtig ausgedrückt – wesentlich markanter schmeckt als Mineralwasser aus der Flasche.

Bei schlechtem Wetter:  Der Regierungsbunker in Ahrweiler hat sich zu einem Publikumsmagneten entwickelt. Im März 2008 wurde das bundesweit einmalige Zeitzeugnis zur Besichtigung freigegeben. Der ehemalige Regierungsbunker im Ahrtal öffnete seine atombombensicheren Tore als Museum.

Teile der Anlage stehen den Besuchern offen. Mitarbeiter begleiten auf ihrer rund eineinhalb-stündigen Bunker-Führung durch eine unterirdische Welt, die noch bis vor kurzem strenger Geheimhaltung unterlag. Öffnungszeiten vom 24. März bis 11. November mittwochs, samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr, letzter Einlass um 16.30 Uhr. www.regbu.de

Der Extra-Tipp: Ein Besuch in der Römervilla, sie liegt  auf dem Weg zum Regierungsbunker. Zu sehen ist dort, dass das ländliche Leben in der römischen Provinz nicht weniger luxuriös war, als in den urbanen Zentren des Römischen Reiches. Geöffnet: vom 23. März bis zum 11. November täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr, auch an Feiertagen. Führungen mittwochs um 15 Uhr, samstags um 14 Uhr und sonntags um 14.30. Eintritt: Erwachsene: 6 Euro, Schüler: 3 Euro. Es gibt ein Kombiticket für die Römervilla und den Regierungsbunker – für 12 Euro.

Kontrastprogramm: Die Weinprobe. Zahlreiche Winzer im Ahrtal laden in ihre gemütlichen Stuben und Weinkeller ein. Übernachtung: Von der Jugendherberge bis zum Luxus-Hotel ist in Bad Neuenahr und Umgebung alles vorhanden. Die Kur- und Badestadt zählt im Jahr 800 000 Gästeübernachtungen. Ahrtal-Tourismus e.V. (       02641/91710). www.bad-neuenahr-Ahrweiler.de

Für Wanderer: Das Ahrtal bietet beste Bedingungen. Ob Rotweinwanderweg oder Ahrsteig: Überall auf den Höhen der Weinberge ist eine tolle  Aussicht garantiert; die Beschilderung ist gut. Die Ahrtalbahn fährt in dichter Taktung und bringt müde Wanderer  zurück.

Für Radfahrer: Der Ahr-Radweg lässt sich bequem bewältigen. www.eifel.info/a-ahr-radweg

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