Streaming-Tipps für KinderDiese Abenteuerfilme erzählen von mutigen Welterforschern

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herfurth_hexe_Film dpa

Karoline Herfurth als die kleine Hexe mit Rabe Abraxas in einer Szene des Films „Die Kleine Hexe“.

  • Rausgehen, toben, die Welt entdecken: das ist für Kinder gerade nur eingeschränkt möglich.
  • Durch spannende Kinderfilme kann man sich das Abenteuer allerdings nach Hause holen.
  • Wir haben fünf Filmtipps für Kinder zusammengestellt, von „Hilda“ bis zur „Kleinen Hexe“.

Die Sache mit Emil kam angeblich auch für Erich Kästner unerwartet. Ende der 1920er-Jahre war er ein viel beschäftigter Kulturjournalist, der gleich unter mehreren Pseudonymen schrieb, unter anderem verfasste er als „Klaus“ oder „Kläre“ zahlreiche Geschichten, Gedichte und Rätsel für Kinder. Für sie wollte er die Abenteuer eines schwarz-weiß karierten Kannibalenmädchens schreiben, in der „vor lauter Angst die Tiger mit den Zähnen und die Dattelpalmen mit den Kokosnüssen klappern“.

Dann aber gab ihm Oberkellner Nietenführ den Rat, von Sachen zu schreiben, die er kenne: „Also von der Untergrundbahn und Hotels und solchem Zeug. Und von Kindern, wie sie einem täglich an der Nase vorbeilaufen.“ So erinnerte sich Kästner an die Berlin-Reise von Emil Tischbein, an den Herrn im steifen Hut und an die Detektive, er schrieb alles auf und schuf einen zeitlosen Klassiker.

So wenig wie man dem fabulierfreudig flunkernden Erzähler, der genial Fantasie und Alltagswirklichkeit miteinander verschränkte, diese Anekdote glauben darf, eines ist sicher: Mit „Emil und die Detektive“ traf Kästner den richtigen Nerv, weil er nie aufgeregt über Kinder schrieb, vielmehr respekt- und verständnisvoll für Kinder. Hier sind fünf abenteuerliche Filme ganz in diesem Sinne, bei denen es sich lohnt, einmal die Perspektive zu wechseln und die Welt aus Kindersicht zu sehen.

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1) Königin von Nierndorf

Nichts kann abenteuerlicher sein als ein Dorf in der brandenburgischen Provinz. Es ist Sommer, viele sind in den Ferien. Für Daheimgebliebene gibt es nur wenig – Freibad, Fahrradfahren, viel Müßiggang. Der zehnjährigen Leia ist das gerade recht, im letzten Jahr sind die anderen irgendwie komisch geworden. Jetzt streunt sie herum und will in die Bande von fünf Jungen, die in ihrer eigenen Welt voller Entdeckungen und Geheimnisse, mitunter aber auch recht heikler Bewährungsproben leben.

Von Astrid Lindgrens Bullerbü könnte diese ungeschönte und doch idyllisch schöne Alltagswelt kaum weiter entfernt sein, der man das Abenteuer abtrotzen muss, manchmal gegen die Regeln und mit Risiko. Joya Thome, geboren 1990, beobachtet aufmerksam, präzise und vorurteilsfrei, immer auf Augenhöhe mit „ihren“ Kindern. Maxim Gorki wurde einmal gefragt, wie man schreiben müsse, wenn man für Kinder schreibt. „Wie für Erwachsene“, antwortete er, „nur besser!“ Joya Thome tut genau dies mit filmischen Mitteln, poetisch, unaufgeregt und selbstsicher.

2) Hilda

Tja, meint Hilda, ihr Erlebnis mit einem wenig zutraulichen Troll sei zwar ein wenig unheimlich, „aber was wäre das Leben ohne Abenteuer“? Die herrliche Lakonie, mit der das blauhaarige Mädchen dies auf den Punkt bringt, entfaltet sich zur Gänze nur im englischen Original der hinreißenden Kult-Zeichentrickserie. Andererseits sind die Folgen nach den Comics von Luke Pearson so vollgepackt mit magischen Gestalten, Elfen, Woffels, Katzenläusen, melancholischen Monstern und anderen unverstandenen Fabelwesen, dass man die flachere Synchronisation gerne verschmerzt.

Hilda zieht mit ihrer alleinerziehenden Mutter aus der geliebten Natur in die Stadt Trolberg, begleitet von Hirschhund Hörnchen und Elfling Alfur. Schnell erweist sich Trolberg ebenfalls als Ort des Fantastischen, den Hilda mit ihrer unbekümmerten Entdeckerfreude, aber auch mit viel Einfühlungsvermögen und Toleranz erforscht. Ein lustiges, moderat spannendes, herzerwärmendes Meisterwerk mit Suchtpotenzial!

3) Tom und Hacke

Mark Twains berühmtes Buch „Tom Sawyer“, verlegt in eine bayerische Kleinstadt in der Nachkriegszeit des Jahres 1948, und siehe da: Das spannende Abenteuer funktioniert auch hier. Die beiden 13-jährigen Jungen heißen jetzt Thomas Sojer und Bartel Hacker, sie leben in entbehrungsreichen Zeiten, in denen alles im Übergang ist. Noch gibt es keine festen Regeln, noch ist alles wie auf einem Abenteuerspielplatz.

Neugierig und staunend beobachten die Freunde das tägliche Treiben, auch das an den düsteren Grenzen zur Illegalität. Eines nachts werden sie auf dem Friedhof Zeugen eines Mordes, den ein einarmiger Schwarzhändler und Schmuggler begeht. Dicht und stimmungsvoll entfaltet sich Twains Geschichte um Freundschaft und Loyalität in neuer Umgebung

4) Kletter Ida

Normalerweise ist ein Abenteuer eine risikoreiche Erkundung, bei der man das Ungewisse in fantastischen Welten erlebt. „Kletter-Ida“ geht den entgegengesetzten Weg: Die 12-jährige Ida will die Operation ihres kranken Vaters finanzieren und knackt so klettergewandt wie selbstbewusst einen Banktresor. Ein auch nach knapp 20 Jahren immer noch großartiger Kinderfilm, etwas Lara Croft, etwas „Mission: Impossible“, vor allem eine anrührende Hymne auf all das, was Kinder erreichen können.

5) Die Kleine Hexe

Ohne populäre Literaturvorlagen geht es im deutschen Kinderfilm fast nie. Aber wenn eine Verfilmung so charmant, liebenswert und grundehrlich daherkommt wie die von Otfried Preußlers selbst ernanntem Lieblingsbuch, dann ist ausnahmsweise einmal alles gut. „Die kleine Hexe“ hat sich als Film ihre hübsche Fabulierfreude bewahrt, punktet mit üppiger Ausstattung und herrlich gruseligen Hexenmasken – vor allem aber mit Karoline Herfurth als naiv-freundliche, gerade mal 127 Jahre junge Hexe, die ihr Herz  auf dem rechten Fleck trägt. Die regelversessenen Oberhexen wollen sie nicht auf den Blocksberg lassen und brummen ihr schwere Aufgaben auf, aber am Ende erkennt die kleine Hexe, dass man nicht alles mitmachen muss und bricht beherzt die Regeln.

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