Bestseller-Autor Frank Schätzing will spezielle Drachen steigen lassen und mit ihnen Energie gewinnen.
100 Ideen für KölnFrank Schätzing erklärt den Nutzen von Flugwindkraftwerken

Der Schirm einer Flugwindkraftanlage der Firma Skysails Power steht über den Äckern der nordeutschen Stadt Klixbüll.
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Was ist meine Idee für Köln?
Drachen steigen lassen. Genauer gesagt: Flugwindkraftwerke installieren, am Rande Kölns oder auf innenstädtischen Brachflächen. Kurz zur Erklärung: Herkömmliche Windräder zur Stromgewinnung haben bei ihren vielen Vorteilen auch Nachteile. Sie stehen ungefällig in der Gegend herum, können laut werden, sind teuer in der Herstellung und – entscheidender Punkt – bei Flaute dreht sich nichts: Bodennahe Winde sind noch unzuverlässiger als die Deutsche Bahn. In höheren Schichten hingegen bläst Aeolus zuverlässig.
Nur kann man Windräder-Masten nicht endlos in die Länge ziehen. Zwar kratzen manche an der 300-Meter-Grenze, dauerhaft weht der Wind jedoch erst in einer Höhe von 500 bis 1000 Metern. Wie man den Wind dort in Energie umsetzt, haben sich schon im vorigen Jahrhundert deutsche Ingenieure gefragt.
Frank Schätzing: Energie erzeugen mit Flugwindkraftwerken
Die Antwort liefern Flugwindkraftwerke wie die der Unternehmen Ener-Kite und Sky-Sails. Von einer Bodenstation, nicht größer als ein kleiner Lkw oder Schiffscontainer, ziehen sich dünne Seile bis in Höhen von 700, 800 Meter. An ihrem Ende ist ein Lenkdrachen befestigt, der den stetig blasenden Höhenwind abfischt. Das Ganze ist leise, fast unsichtbar und Ressourcen schonend – gegenüber Windmasten werden 90 Prozent Stahl und Beton eingespart. Dafür ist der Energieertrag doppelt so hoch.

Der Kölner Autor Frank Schätzing schlägt Flugwindkraftwerke vor.
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Warum wäre die Umsetzung gut für die Stadt?
Städte sind die Ballungszentren der Zivilisation. Mehr als die Hälfte der Menschheit lebt dort, Tendenz steigend. Die Energiewende steht und fällt damit, ob es Städten gelingt, klimaneutral zu werden. Solarkraft, Urban Gardening (städtische Begrünung) und Urban Farming (Obst- und Gemüseanbau in der Stadt, wodurch Lieferwege entfallen) sowie KI-gesteuertes Energiemanagement können erheblich zur Klimaneutralität beitragen. Windkraftanlagen eignen sich für Städte weniger. Wohl aber Flugwindkraftwerke, die – platzsparend und ohne Sichtbehinderung – praktisch überall hingebaut werden können.
Wie könnte die Umsetzung gelingen?
Schnell und unkompliziert. Während die Errichtung herkömmlicher Windräder jedes Mal mit einem Riesenaufwand einhergeht, parken Flugwindkraftwerkbetreiber ihre Bodenstationen umstandslos dort, wo gerade Platz ist, und lassen die Drachen steigen. Wir alle haben das als Kinder gemacht – bis heute mit den schönsten Erinnerungen daran. Jetzt lässt sich damit außerdem saubere Energie gewinnen.
Was braucht es dafür?
Flugwindkraftwerke klingen nach einer jecken Idee. Also genau das Richtige für eine Stadt, deren gesamte Lied- und Feierkultur ums Jecksein kreist. Für uns Kölner also auch eine 1-A-Gelegenheit, zu beweisen, dass wir nicht nur Maulhelden sind.
Die wichtigste Ressource ist die Bereitschaft, mutig und fortschrittlich zu denken – wofür es vielleicht einer Reform der Stadtverwaltung bedürfte. Dann braucht es Flächen, die die Stadt zur Verfügung stellt, statt sie brachliegen zu lassen oder etwas Piefiges darauf zu bauen. Und es braucht einen Vertrag mit einem Anbieter. Ener-Kite zum Beispiel nimmt ab 2026 auf dem Gelände der „Urban Tech Republic“ Berlin, dem ehemaligen Flughafen Tegel, Deutschlands erste Flugwindanlage in Dauerbetrieb. Träumen wir in Köln nicht vom Spitzenplatz in der Ersten Liga? Mit Zukunftstechnologien wie Flugwindkraftwerken wären wir schon dort – nach Berlin immerhin auf Platz zwei.
Zur Person
Frank Schätzing, 1957 in Köln geboren, ist einer der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller der Gegenwart. Sein internationaler Durchbruch gelang ihm 2004 mit dem Wissenschaftsthriller „Der Schwarm“, der in 27 Sprachen übersetzt wurde.
Zur Serie „100 Ideen für Köln“
„100 Ideen für Köln“ ist die Serie des „Kölner Stadt-Anzeiger“, die der Stadt neue Impulse verleihen soll: „100 Ideen für Köln“. Was muss passieren, damit die viertgrößte Stadt Deutschlands mit ihrer Strahlkraft in die Region zukunftsfähig bleibt? Was ist dringend zu verbessern? Was fehlt in dieser Stadt? Im Vorfeld der Kommunalwahl am 14. September sammeln wir besten Vorschläge, Lösungen und Visionen – auch als Inspiration für die künftige Stadtspitze. Dazu fragen wir nicht nur prominente Vertreter der Stadtgesellschaft, sondern auch Sie, liebe Leserinnen und Leser: Stimmen Sie ab über die ersten 50 Ideen für Köln.