Linda Rennings ist Streetworkerin und hat selbst auf der Straße gelebt. Um die Wohnungsnot zu bekämpfen, brauche es einen überparteilichen politischen Willen.
100 Ideen für KölnStreetworkerin Linda Rennings wünscht sich einen Masterplan gegen Obdachlosigkeit

Nirgendwo in NRW gibt es mehr wohnungslose Menschen als in Köln.
Copyright: Arton Krasniqi
Linda Rennings (61) ist alternative Ehrenbürgerin, Streetworkerin und setzt sich mit ihrem Verein „Heimatlos in Köln“ für obdachlose Frauen ein. Wir haben mit ihr im Rahmen unserer Serie „100 Ideen für Köln“ gesprochen.
Was ist meine Idee für Köln?
Wir brauchen einen Masterplan, um die Wohnungsnot zu bekämpfen. Wir brauchen für Köln in Anlehnung an die schon verifizierte hohe Zahl von Obdach- und Wohnungslosen einen Masterplan, um in genau der Größenordnung die nächsten Jahre in einer großen Kraftanstrengung genug bezahlbaren Wohnraum zu bauen. Zudem auch dazu Räume für alternative Wohnformen, wie zum Beispiel Campingplätze. Zehn bis 20 Prozent des sozialen Wohnungsbaus müssen dabei für ein sozialarbeiterisch betreutes Wohnen sowie barrierefrei für behinderte und ältere Menschen, aber auch alleinstehende Frauen mit Kind eingeplant werden. Der staatlich geschaffene soziale Wohnraum muss dabei einer dauerhaften Mietpreisbindung unterliegen.

Linda Rennings auf dem Wiener Platz.
Copyright: Arton Krasniqi
Warum wäre das gut für die Stadt?
Immer mehr Menschen können sich sogar trotz Arbeit und Doppelverdienst die teuren Mieten nicht mehr leisten und fallen hinein in die staatliche Alimentierung, aufgestockt aufs Existenzminimum. Daran ändert auch der Mindestlohn nichts. Viele Studenten, aber auch weitere Armuts- und Fluchtzuwanderung drücken dabei zusätzlich auf den freien Wohnungsmarkt. Es droht damit eine soziale Eskalation und weiter zunehmende Armut, wodurch noch mehr Menschen auf ehrenamtliche Suppenküchen und karitative Hilfe angewiesen sind.
Gleichzeitig führt es zu vielen weiteren Wohnungs- und Obdachlosen, die sich sichtbar als Straßen-Kultur-Milieu bis den öffentlichen Raum bemerkbar machen. Zusätzlich spiegelt sich die Armut dabei auch in der Kriminalitätsstatistik wider. Zudem droht durch die Obdachlosigkeit ein Abrutschen ins Drogenmilieu und führt zu immer mehr psychischen Erkrankungen mangels sozialer Sicherheit. Das Totschlagargument der Klimapolitiker, die Stadt nicht weiter zu verdichten und keine weiteren Flächen zu versiegeln, wird dabei von der Not der Menschen in der Priorisierung übertrumpft.
Wie könnte die Umsetzung gelingen?
Für einen Masterplan brauchen wir einen überparteilichen politischen Willen und eine Verwaltung, die, angefangen vom Bauamt bis hin zu den Genehmigungsverfahren, dafür ertüchtigt wird.
Was braucht es dafür?
Wir brauchen dafür auch Unterstützung von den Bauherren und Investoren am freien Wohnungsmarkt mit dem Appell, in ihren Bauvorhaben auch immer ein Kontingent von günstigen Wohnungen mit einzuplanen. Also ein wirtschaftliches Mischkalkül, auf das die Ämter Belegungsrechte hat. Dies kann zum Beispiel mit den Baugenehmigungsverfahren von Seiten der Stadt als Auflage für Neubauten oder bei Grundsanierungen mit implementiert werden.
Auch das Land und der Bund müssen sich finanziell an einem Masterplan beteiligen, da die Kommune, die kurz vor dem Nothaushalt steht, dazu alleine nicht in der Lage ist. Also auch nicht mehr kreditwürdig genug, um so ein großes Bauvorhaben als Masterplan umzusetzen. Dabei bleibt auch eine Entschuldung der Kommune mithilfe von Land und Bund unerlässlich, denn auch weitere Einsparungen in den freiwilligen sozialen Leistungen sind nicht mehr möglich und gehen wie meistens auf Kosten der ärmeren und hilfsbedürftigen Mitbürger und Mitbürgerinnen.