„Die letzten Jahre waren so schwierig“Ärztlicher Direktor verlässt Kölner Kliniken

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Prof. Horst Kierdorf

Köln – In der Aufsichtsratssitzung am vergangenen Freitag war der Knall noch ausgeblieben – wohl auch, weil der „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorab über die Wechselpläne an der Spitze der städtischen Kliniken berichtete hatte. Jetzt ist es offiziell: Horst Kierdorf, Klinischer Direktor der Kliniken der Stadt Köln, scheidet zum 1. April aus.

Chefarzt der Radiologie übernimmt

„Einvernehmlich“, wie es in er Mitteilung der Kliniken zu der Personalie heißt, über die intern schon lange kontrovers diskutiert worden sein soll. Kierdorfs Aufgaben als ärztlicher Direktor der Kliniken übernimmt zum 1. April interimsmäßig Axel Goßmann, bislang Chefarzt der Radiologe.

„Die vergangenen zwei Jahre waren so schwierig wie keine andere Zeit, die ich in 40 Arbeitsjahren an Krankenhäusern erlebt habe“, sagte Horst Kierdorf dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am späten Mittwochnachmittag. „Alle Mitarbeitenden inklusive mir waren und sind in der Corona-Pandemie massiven Belastungen ausgesetzt, wir haben immer wieder hart an der Belastungsgrenze gearbeitet.“

Abschied „ein längerer Prozess“

Die fortdauernden, oft laut geführten Diskussionen um eine mögliche Schließung des Krankenhauses Holweide hätten „den Kliniken nicht gutgetan“, so Kierdorf. Sein Abschied sei „ein längerer Prozess“ gewesen. Er gehe nicht im Groll. Er habe ein Konzept zur Entwicklung der Kliniken mit auf den Weg gebracht, zu dem er weiterhin stehe. „Natürlich muss dieses Konzept weiter verbessert werden.“ Für eine erfolgreiche Zukunft des Gesundheitsstandorts Köln sei die von der Stadt gewollte Fusion mit der Uniklinik „enorm wichtig“.

Kierdorf ist nach Geschäftsführer Holger Baumann der zweite Mann an der Spitze, der die Kliniken verlässt. Baumann hatte seinen Vertrag ein Jahr vor Ablauf gekündigt und steigt Ende September aus. Offen ist noch die Zukunft von Finanzdirektor Daniel Brozowski, der die städtischen Kliniken ebenfalls verlassen soll und über seinen Anwalt verkünden ließ, sich „nicht zum Prügelknaben für eklatante politische Versäumnisse der vergangenen Jahre“ machen zu lassen. „Wir sind in sehr guten Gesprächen“, sagte Ralf Unna, Vorsitzender des Aufsichtsrats der städtischen Kliniken, zu der Personalie. Eine Entscheidung könnte auch hier kurz bevorstehen.

Belegschaft unzufrieden und überlastet

In den vergangenen Jahren hatte sich die Personalsituation der Kliniken (wie in vielen anderen Krankenhäusern auch) vor allem im Pflegebereich deutlich verschlechtert. Aktuell sind fast ein Drittel der Stationen in Holweide und Merheim nicht mehr in Betrieb. Große Teile der Belegschaft seien unzufrieden und überlastet, sagte Uschi Röhrig, Aufsichtsratsmitglied und Gesundheitsexpertin der Fraktion Die Linke, jüngst.

Dass der Druck auf die Verantwortlichen – auch jener der Öffentlichkeit – immer größer geworden sei, bestätigte  Noch-Geschäftsführer Baumann dieser Zeitung. Das steigende Defizit der städtischen Kliniken vergrößerte den Handlungsdruck  – im Jahr 2020 hatte es bei 48,6 Millionen Euro gelegen, für 2021 erwarten die Kliniken noch etwas mehr.

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Für seinen scheidenden ärztlichen Direktor Kierdorf findet Baumann zum Abschied Worte, die darauf hindeuten, dass er sich nicht von ihm getrennt hätte. „Als Klinischer Direktor liegt eine sehr erfolg- und segensreiche Zeit hinter ihm, die von einem sehr guten Management im medizinischen Bereich geprägt ist“, sagte er. „Dank seines umsichtigen Agierens hat er den medizinischen Bereich der Kliniken Köln erstklassig durch die Pandemie geführt.“ Als Geschäftsführer der Neurologischen RehaNova Rehabilitationsklinik habe Kierdorf „das Unternehmen erfolgreich neu aufgestellt. Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn Prof. Dr. Horst Kierdorf sehr.“

Künftig ein Trio in der Geschäftsführung?

Er freue sich, dass sich „Prof. Goßmann so kurzfristig bereit erklärt hat, die Aufgaben von Prof. Kierdorf interimistisch zu übernehmen“, sagte Ralf Unna. „Wir sind in einer schwierigen Situation und versuchen mit aller Kraft, die städtischen Kliniken schnellstmöglich in ruhigeres Fahrwasser zu bringen.“

Persönlich könne er sich gut vorstellen, dass an der Spitze der Geschäftsführung der städtischen Kliniken künftig womöglich sogar ein Trio stehe: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass neben der ärztlichen und der kaufmännischen Seite auch die Pflege als größter Arbeitsbereich die Geschäftsführungsebene der Kliniken mitgestaltet“, so Unna.  

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