Für Stadtführer Arno Bös wird der VW-Bulli mit dem Alter immer sympathischer – erst recht, wenn er ganz in „Rut-Wiess“ daher kommt.
„Alte Liebe rostet nicht“Mit dem VW-Bulli „Mariele“ die Stadt Köln kennenlernen

Arno Bös mit Bulli „Mariele“ am Eigelstein.
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Die Strapazen des Kölner Verkehrs sind Arno Bös nicht anzumerken. Souverän und gut gelaunt manövriert er an diesem Nachmittag sieben Damen zu Kölner Sehenswürdigkeiten, die bei klassischen Stadtrundfahrten nicht unbedingt auf der Tagesordnung stehen. Im Laufe der zweieinhalbstündigen „Liebe Deine Stadt“-Tour gibt es Zwischenstopps an St. Gereon, der Ehrenfelder Moschee, aber auch auf der ehemaligen Rotlichtmeile am Eigelstein. Die thematische Bandbreite, die Guide Arno Bös (72) auf kölsch-lockere Art seinen Mitfahrerinnen vermittelt, ist also riesig. Nie dabei ist der Kölner Dom, den kennt schließlich jeder. Immer dabei: Mariele, ein 37 Jahre alter VW-Bulli ganz in „Rut-Wiess“.
- Typ: Bulli T3 Caravelle
- Baujahr: 1988
- Leistung: 95 PS
- Zylinder: 4
- Hubraum: 2095 ccm
- Max. km/h: 130
- Verbrauch: 12 Liter
- Gebaute Exemplare: 1,3 Mio. (T3 insgesamt)
- Neupreis: 20.000 - 25.000 D-Mark

Mechaniker Sven Müller, „Liebe Deine Stadt“-Geschäftsführer Kai Lucius, Stadtführer und Bulli-Chauffeur Arno Bös (v.l.n.r.).
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Deshalb habe ich ihn:
Ich bin nicht der Eigentümer des Bullis, sondern seit drei Jahren einer der Guides der „Liebe Deine Stadt“-Touren. Wir bringen die Gäste zu Orten, die selbst Kölner noch nicht so gut kennen. Vielleicht auch, weil sie sich nicht trauen, sie zu besuchen. Insofern findet bei uns ein gewisser Hemmschwellen-Abbau statt. Zum Beispiel, wenn wir gemeinsam die Ehrenfelder Moschee besuchen. Ich selbst bin Ur-Kölner und habe vor einigen Jahren selbst eine Tour in einem Bulli mitgemacht. Ich war auch hellauf begeistert davon, sah aber Verbesserungsbedarf bei der Streckenplanung. Eine entsprechende Bewertung habe ich an die Jungs im Büro geschrieben. Das Ende der Fahnenstange: Jetzt fahre ich selbst einen der alten Bullis und verbringe eine entspannte Zeit mit den Gästen.

Der Arbeitsplatz im Bulli T 3 ist eher nüchtern gestaltet, das Automatik-Getriebe ist für die Guides aber ein wichtiges Extra.
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Das kann er:
Bullis sind Kult. Das ist eben ein echter Volkswagen. Je älter sie werden, desto sympathischer werden sie. Ich habe unterwegs schon viele Ahs und Ohs geerntet. Der Bulli wird gern gesehen, vor allem in den kölschen Farben Rot-Weiß. Mir macht es Spaß, mit diesen Fahrzeugen unterwegs zu sein. Die erhöhte Sitzposition ist optimal für mich. Von Vorteil ist natürlich auch das Automatik-Getriebe. Sich auf den Kölner Straßenverkehr zu konzentrieren, mit den Leuten zu reden und dabei zu schalten wäre ein bisschen zu viel.
Das kann er nicht:
Natürlich hat der Bulli im Vergleich zu heutigen Autos so seine Schwächen. Es gibt keine Servolenkung und eine Klimaanlage auch nicht. Wir verteilen jetzt Handfächer, wenn es zu warm wird. Das Einzige, was demnächst modern nachgerüstet wird, ist eine Rückfahrkamera wegen der schlechten Rundumsicht. Es soll aber möglichst wenig an den Autos verändert werden. Die Leute erwarten schließlich einen echten Oldtimer. Deswegen haben sie auch jedes Verständnis dafür, wenn wir mal ein technisches Problem haben. Früher ist das ein paar Mal passiert, auch mir ist am Mülheimer Carlswerk mal ein Kühlwasserschlauch geplatzt. Seitdem wir unseren Techniker Sven haben, laufen die Bullis aber sehr solide.

Ein kühles Kölsch aus dem Kofferraum gehört bei den "Liebe Deine Stadt"-Touren dazu.
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Das habe ich für ihn getan:
Arno Bös: Der Fuhrpark von „Liebe Deine Stadt“ besteht aus zwei Bullis der T3-Generation aus den 1980-er Jahren für verschiedene Touren und sechs älteren T2-Bullis für Fotoaktionen. Ein regelmäßiger Service ist bei diesen alten Fahrzeugen wichtig. Sven kümmert sich auch darum, dass immer genug Ersatzteile vorhanden sind. Er sucht quasi ständig im Netz nach guten Teilen. Wenn dann mal ein Problem auftritt, kann er schnell reagieren. Zur Not fährt er für Reparatureinsätze auch raus. Die Guides wiederum müssen wegen der schwachen Bremsen vorausschauend fahren und ein bisschen aufpassen. Hart über den Bordstein brettern ist bei diesem alten Material keine gute Idee.

Zwischenstopp an der romanischen Kirche St. Gereon. Guide Arno Bös erklärt seinen Gästen die Stadt.
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Das haben wir erlebt:
Als Guide muss man sich immer wieder auf neue Leute einstellen und natürlich informiert sein über das, was sie zeigen. Viele Gäste sind am Anfang introvertiert, werden aber dann immer lockerer. Manche wollen ganz viel wissen, andere unterwegs nur kölsche Musik hören. In den drei Jahren hatte ich mal einen Gast, der mit allem unzufrieden war, offenbar auch mit sich und der Welt. Das sind aber die großen Ausnahmen. Genau richtig ist es, wenn die Gäste am Ende sagen, dieses und jenes müssen wir uns später nochmal genauer anschauen. Dann hat man den Nagel auf den Kopf getroffen, nämlich die Lust auf Köln zu wecken. Das gelingt zum Glück in 98 Prozent der Fälle.
Das haben wir vor:
Schauspielerin Mariele Millowitsch ist die Namensgeberin für einen T3-Bulli, der zweite Bulli heißt Pitter – nach ihrem Bruder Peter. Beide haben die Busse vor vier Jahren mit Kölsch getauft. Wie der dritte Bulli heißen soll, wissen wir noch nicht. Wir suchen noch einen passenden Namen und den Taufpaten dazu. Wichtig ist nur: Beide müssen kölsch sein.
Nähere Infos unter www.liebedeinestadt-touren.de
Aufgezeichnet von Tobias Christ