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Lachen, Staunen, GänsehautBeim 10. Kölner Weihnachtscircus trägt das Publikum die Welt auf Händen

3 min
Das Duo Butterfly aus China tritt zum ersten Mal außerhalb seiner Heimat auf.

Das Duo Butterfly aus China tritt zum ersten Mal außerhalb seiner Heimat auf. 

Das Jubiläums-Ensemble gastiert noch bis zum 4. Januar im blau-weißen Zelt auf dem Messeparkplatz in Köln-Deutz.

Es ist einer der ruhigeren Momente dieser Premiere, der besonders unter die Haut geht: Zu den Klängen von „What a Wonderful World“ von Louis Armstrong trägt das Publikum die Welt gemeinsam auf Händen, zunächst etwas unbeholfen, dann immer sicherer. Wäre das doch nur auch außerhalb dieser fantastischen Welt im blau-weißen Zelt auf dem Messeparkplatz in Köln-Deutz möglich.

Hier drinnen spielt der neuseeländische Clown Fraser Hooper mit einem riesigen Weltkugel-Ballon und den Gästen, seine Interaktion mit dem Publikum ist nicht nur bei dieser Nummer vermeintlich unspektakulär, und doch magisch. Vor allem willkürlich ausgewählte Kinder aus den Logen (Aufgepasst beim Kartenkauf!) setzt Hooper liebevoll, aber so gekonnt spontan und urkomisch in Szene, dass so manche Lachträne fließt zum Auftakt dieser Jubiläumsspielzeit des Kölner Weihnachtscircus'.

Der Clown Fraser Hooper mit seiner riesigen Weltkugel.

Der Clown Fraser Hooper mit seiner riesigen Weltkugel.

„Ich bin stolz auf das Ensemble und sehr zufrieden mit dem Abend“, sagt am Ende Ilja Smitt, der den Weihnachtscircus zusammen mit seiner Frau Katja seit zehn Jahren nach Köln bringt. Der Produzent offenbart auch seine ganz persönliche Lieblingsdarbietung – die des chinesischen Duos „Butterfly“. Das Paar tritt zum ersten Mal außerhalb seiner Heimat auf und präsentiert eine Liebesgeschichte in Form von Akrobatik kombiniert mit Beweglichkeit. Dabei übernimmt die Frau in schier unmöglich scheinenden Positionen durchaus auch mal den tragenden Part. Wer sagt denn, dass in einem Schlangenkörper nicht auch unglaubliche Kraft steckt?

Das abgesagte Todesrad: Sicherheit geht vor

Sehr gern hätte Smitt dem Publikum als Höhepunkt das im Programmheft groß angekündigte „Double Wheel of Death“ präsentiert. Er hat die marokkanisch-spanische Truppe beim Circusfestival in Monte Carlo gesehen, wo sie 2023 mit dem silbernen Clown ausgezeichnet wurde. „Ich war total begeistert“, erzählt Smitt. Als er dann die riesige Stahlkonstruktion, mit der das Team in Köln auftreten wollte, näher beäugte, war Smitt allerdings nicht begeistert von deutlich sichtbaren Bruchstellen.

Die Zirkus-Produzenten Katja und Ilja Smitt.

Die Zirkus-Produzenten Katja und Ilja Smitt.

Da sich kein Handwerker finden ließ, der die Verantwortung für eine Reparatur des Todesrades übernehmen wollte, musste Smitt den Auftritt aus Sicherheitsgründen absagen – stattdessen rückte die Trampolin-Truppe Yakubovskii ins Ensemble. Deren Akrobaten sind zwar spektakulär beleuchtet, stechen mit ihrer Kunst auf zwei Trampolinen aber nicht unbedingt als Höhepunkt hervor.

Das Duo Day Light hoch oben unter der Zirkuszeltkuppel.

Das Duo „Day Light“ hoch oben unter der Zirkuszeltkuppel.

Es ist eine zu verschmerzende Schwäche im ansonsten mitreißenden Programm, das auch Generation-Alpha-Kinder vom uralten Unterhaltungs-Konzept Zirkus überzeugen kann. Diese ab 2010 geborenen Menschen gelten als erste Generation, die vollständig in eine hochtechnisierte, digitale Welt hineingeboren wurde. Sie streamen Filme, zocken am Handy und Tablet, haben kurzweilige Ablenkung und Information immer griffbereit und können ständig in perfekt designte Fantasie-Welten abtauchen.

Generation Alpha staunt und lacht beim Weihnachtscircus

Und doch leuchten ihre Augen, als sie das Zirkuszelt betreten, das designt ist, wie Zirkuszelte es nun mal seit eh und je sind. Als die Crystal-Sisters Tücher mit Händen und Füßen jonglieren und perfekt harmonieren, sagt die Siebenjährige ehrfurchtsvoll: „Das muss man aber schon lange üben.“ Leonid Beljakov mit seinem Hund, einem Boxer namens „Klitschko“, lässt den Zwölfjährigen schon vor dem Ende des Programms beschließen: „Das war das Beste, egal, was noch kommt.“

„The Fat Man“ Konstantin Muraviev in seinem Rhönrad.

„The Fat Man“ Konstantin Muraviev in seinem Rhönrad.

Der Siebenjährige will werden wie Clown Fraser Hooper, ist aber auch von der chinesischen „Truppe Zunay“ und ihrer Katapult-Akrobatik begeistert. Die Siebenjährige findet alles toll, besonders aber die Luft-Akrobatik von Genia Tykhonkov an einer Stange und von Anna und Evgenii, dem ukrainisch-russischen Duo „Day Light“ an den Aerial Straps. Dabei ist nicht nur Evgeniis Oberteil, das noch oberhalb seiner Brustmuskeln endet, ein unerwarteter Blickfang.

Konstantin Muraviev als „The Fat Man“ sorgt mit seinem Rhönrad für Lacher, und die Siebenjährige teilt ihre Erkenntnis: „Sein Bauch ist nur vorgetäuscht, der ist in echt richtig fit und stark.“ So überzeugt Zirkus, als ein Erlebnis, das staunen lässt und lachen, das Gänsehaut erzeugt, das die Kleinen begeistert und den Großen warm ums Herz werden lässt. Dem 10. Kölner Weihnachtscircus gelingt das.