Besondere, unerwünschte, triste KostümeDie sexy Krankenschwester hat am 11.11. in Köln ausgedient

Lesezeit 3 Minuten
Nina Garcia im Mainzer Hof geht als grüner Papagei von Köln.

Nina Garcia in der Südstadt-Kneipe Mainzer Hof geht als grüner Papagei von Köln.

Wie kostümierten sich die Jecken am 11.11.? Nicht repräsentative Beobachtungen auf einem Streifzug in der Innenstadt und in der Südstadt.

Die sexy Krankenschwester hat weitestgehend ausgedient. Mit ihr zusammen die Teufelin und die aufreizende Polizistin. Wer am 11.11. in Köln unterwegs war, sah stattdessen Raumfahrerinnen, Pilotinnen, Rennfahrerinnen, Einhörner, Früchte, Schmetterlinge oder Weihnachtsbäume. Die Damen griffen auffallend häufig dabei zu bequemen Ganzkörperanzügen – „Zum Glück kann ich einfach eine Leggings darunter anziehen“, heißt es von einer silbernen Astronautin –, waren wahlweise Superwoman, Häftling oder flauschige Tiere.

Ein Mittel der Wahl bei den männlichen Jecken war die Perücke. So manch ein langweilig gewordener Trend wie die trashigen Trainingsanzüge hält sich hartnäckig: Der Clique um Marcel Weißinger aus Karlsruhe sei es als Touristengruppe verziehen. „Wir sind der Faschingsverein ‚Bernbacher Dorfhexen‘, bei uns gehört es dazu, Leute zu erschrecken und Süßigkeiten und Konfetti zu werfen“, so der 31-Jährige. Doch nicht nur bei den Touristen sind Gruppenkostüme der Renner: Sich gemeinsam mit Freunden zu verkleiden scheint besonders motivierend zu sein.

Rennfahrerinnen vor dem Peters am Hahnentor

Rennfahrerinnen vor dem Peters am Hahnentor

Kostüme in Köln: Tochter des verstorbenen Wirts ist grüner Papagei

Da sticht Nina Garcia mit ihrem grün geschminkten Gesicht und ihrem grünen Federschmuck auf dem Kopf besonders hervor. Die grünen Sittiche, die seit Jahren ganz Köln bevölkern, haben es damit nicht nur ins Liederrepertoire von Kasalla („Jröne Papajeje“) geschafft. Garcia wollte etwas ganz Besonderes dieses Jahr. „Mein Papa, der Tom Volkerath, der den Mainzer Hof lange geführt hat, ist dieses Jahr an Krebs gestorben. Er war ein totaler Jeck und deswegen sollte es so besonders sein.“ Garcia ist guter Dinge: Sie werde am Samstag so lange machen „bis es nicht mehr geht. Bis ich umfalle.“

Auch Karin Hartewich ist ein besonderes Outfit gelungen. Ihr pompöses, venezianisches Kleid, das von der Damenmode des 19. Jahrhunderts inspiriert ist, hat sie selbst genäht. Einen Monat hat sie daran gearbeitet. 2019 war sie damit in Venedig beim traditionellen Masken-Karneval. „Wir haben da zehn Tage im Kostüm gelebt, es war fantastisch.“ Beim Feiern in der Kneipe habe der meterbreite Rock so seine Vorteile: „Wenn ich komme, tut sich eine Gasse auf. Es hat seine Wirkung.“

Karin Hartewich von der Lüneburger Heide hat ihr venezianisches Kleid selbst genäht.

Karin Hartewich von der Lüneburger Heide hat ihr venezianisches Kleid selbst genäht.

„Karnevalsleugner“ vom Bodensee mit Aluhut am 11.11. in Köln unterwegs

Zwar weniger schillernd, aber dennoch kreativ ist das Kostüm der selbst ernannten „Karnevalsleugner“ mit Aluhut einer Herrengruppe vom Bodensee. Alu wurde hier buchstäblich genommen und um einen Hut gewickelt. „Karneval gibt es nicht“ prangt auf den gedruckten Shirts. Auf der Severinstraße Richtung U-Bahn-Haltestelle ist es in der Tat deutlich ruhiger als auf dem prall gefüllten Kirchplatz oder Chlodwigplatz.

Nicht schillernd, aber dennoch kreativ: Die Karnevalsleugner mit Aluhut vom Bodensee.

Nicht schillernd, aber dennoch kreativ: Die Karnevalsleugner mit Aluhut vom Bodensee.

Militärkostüme bei Kölner Wirten unerwünscht

Kriegs- oder militärverherrlichende Kostüme waren beim Streifzug durch Innenstadt und Südstadt nicht zu sehen. Die Polizei hatte im Vorfeld des Sessionsauftakts bereits sensibilisiert und darauf hingewiesen, dass Kontrollen auch der Kostümwahl gelten: Einsatzleiter Frank Wißbaum sagte: „Bei der Kostümwahl kann man sich über Geschmack streiten, aber bei Verkleidungen, beispielsweise als Terrorist mit echt aussehenden Waffen, hört der Spaß auf. Das werden wir im Einsatz schnell deutlich machen.“

Auch einige Bars und Clubs, darunter die Kölschbar an der Lindenstraße, das Bumann & Sohn sowie das Artheater in Ehrenfeld, hatten explizit bestimmte Kostüme als unerwünscht deklariert. „Aufgrund der politischen Lage und der wütenden Kriege in unseren Nachbarländern und weltweit, möchten wir darauf hinweisen, dass wir keine militärischen Verkleidungen erlauben, insbesondere Kostüme in Tarnfarben, Soldaten, Kampfpiloten, etc.“ schrieben die Betreiber des Artheater am Morgen des 11.11. in den sozialen Netzwerken.

KStA abonnieren