„Ich werde meine Produktion verdoppeln“Was ein Kölner Cannabisdealer von der Legalisierung hält

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Ein Mann steht mit dem Rücken zur Kamera, im Hintergrund sind Cannabis-Pflanzen zu sehen.

Der Kölner Cannabis-Dealer Kim (Name geändert) in seinem Anbauzimmer.

Die Legalisierung von Cannabis soll dafür sorgen, dass Dealer wie Kim arbeitslos werden. Doch von Sorgen um seinen Job ist er weit entfernt.

Die unscheinbare Zweizimmerwohnung von Kim (Name geändert), irgendwo in Köln, sieht auf den ersten Blick aus wie eine ganz normale Studenten-WG. Doch die Tür zum zweiten Zimmer führt nicht zu Kims Mitbewohner, sondern in seinen illegalen Cannabis-Zuchtraum. Rund 250 Pflanzen gedeihen hier im grellen Licht von LED-Lampen. „Etwa vier Kilo werden sie abwerfen, wenn alles gut läuft“, sagt Kim bei einem Rundgang. Und bisher läuft alles gut – aber wie lange noch?

Seit dem 1. April ist Kiffen in Deutschland erlaubt – zumindest teilweise. Erwachsene dürfen künftig bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit mit sich führen, zu Hause ist der Besitz von bis zu 50 Gramm und drei Pflanzen erlaubt. Kaufen kann man Cannabis vorerst nur über Cannabis-Clubs, die nicht gewinnorientiert arbeiten dürfen. Pro Mitglied dürfen die Clubs maximal 50 Gramm Cannabis im Monat abgeben. „Die Politik der letzten Jahre ist gescheitert“, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu dem neuen Gesetz. Mit der Teil-Legalisierung will die Bundesregierung den Jugendschutz verbessern und die organisierte Kriminalität eindämmen – also Menschen wie Kim arbeitslos machen.

Cannabis-Dealer: Nachfrage stieg allein durch Diskussion über Legalisierung

Von Existenzängsten ist der Dealer jedoch weit entfernt. „Ich halte das Gesetz in seiner jetzigen Form für Schwachsinn“, sagt er. Seit über 15 Jahren ist Kim im Geschäft. Erste Versuche mit dem Anbau von Cannabis unternahm er bereits als Jugendlicher, in der Wohnung der Eltern. Mittlerweile verkauft er rund zwei Kilo im Monat, außerdem bietet er mit Cannabis versetzte Kekse, Öle und Brownies an.

Hasch, Marmelade, Cookies, Öle und Brownies liegen auf einem Teller.

Auch Haschisch, Marmelade, Kekse, Öle und Brownies aus Cannabis bietet der Kölner Dealer Kim (Name geändert) an.

Seine Kundschaft sei handverlesen und bestehe vor allem aus Bekannten und Freunden, denen er vertraue, etwa 70 Personen zählen dazu. Bis zu 20.000 Euro verdiene er damit monatlich. Dass dieses Einkommen durch die Legalisierung sinken wird, glaubt er nicht: „Das Gegenteil ist der Fall. Ich merke jetzt schon, wie die Nachfrage steigt. Ich werde meine Produktion eher verdoppeln müssen, um die Nachfrage bedienen zu können.“ Schon jetzt komme er kaum noch hinterher. „Und das liegt auch an der Legalisierung“, ist Kim überzeugt.

Allein die Diskussion über die Legalisierung habe für eine größere Nachfrage gesorgt. „Cannabis wird normalisiert, dadurch steigt schon jetzt das Interesse, die Droge mal auszuprobieren“, sagt er. Die Interessenten würden auf Leute wie ihn zukommen – und sich nicht, wie von der Bundesregierung angedacht, in Cannabis-Clubs anmelden. „Ich kenne niemanden in meinem Umfeld, der sich bei so einem Club angemeldet hat“, sagt er. „Das ist eher was für die ältere Generation, die Jungen gehen eher zum Dealer“, glaubt er. Das sei unkomplizierter.

„Cannabis wird unter Jugendlichen normalisiert“

Die große Nachfrage gepaart mit den hohen bürokratischen Hürden, um an Cannabis über einen Club zu kommen, führe dazu, dass er sich keine Sorgen um seinen Job machen muss, glaubt Kim. „Der Staat wird die Nachfrage schlicht nicht decken können. Dafür sind die Auflagen, was die Anzahl der Mitglieder und die Anzahl der Clubs in einer Stadt angeht, zu groß“, sagt er. Tatsächlich dürfen die Clubs nur 500 Mitglieder aufnehmen, außerdem ist die Anzahl der Clubs pro Stadt auf einen pro 6000 Einwohner begrenzt. In einer Stadt wie Köln sind also maximal rund 80.000 Club-Mitglieder möglich – wenn sich überhaupt genügend Freiwillige finden, die Cannabis-Clubs gründen. Aus Kims Sicht wird das nicht ausreichen.

Aufnahme von Cannabis-Pflanzen.

Blick in den Anbauraum des Kölner Cannabis-Dealers Kim (Name geändert)

Dazu komme der Preis: „Ich kann auf bis zu zwei Euro pro Gramm heruntergehen und immer noch gut verdienen.“ Aktuell kostet ein Gramm bei ihm zwischen vier und acht Euro, sagt er. Dass die Cannabis-Clubs bei solchen Preisen mithalten können, daran hat Kim Zweifel.

Und auch daran, dass die Teil-Legalisierung für besseren Jugendschutz sorgen wird, glaubt Kim nicht. „Die Droge wird normalisiert. Ich glaube, dass dadurch die Hemmschwelle bei vielen Jugendlichen sinken wird.“ Er selbst, beteuert Kim, verkaufe nicht an Jugendliche. Das sei aber nicht die Regel.

Immerhin eine gute Sache habe die Teil-Legalisierung: „Diejenigen, die schlechtes Gras verkaufen, werden es bei dem großen Angebot schwer haben.“ Die Qualität werde auch auf dem Schwarzmarkt steigen, gestrecktes Gras dürfte seltener werden. Für Konsumenten eine gute Nachricht. 

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