Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kölner OldtimerWas den Mercedes-Kombi von Wilfried Giesen so besonders macht

Lesezeit 5 Minuten
Wilfried Giesen steht neben seinem Mercedes auf einer Landstraße.

Der Job und schöne Kindheitserinnerungen führten Wilfried Giesen zum sogenannten T-Modell von Mercedes, dem ersten Serienkombi des Stuttgarter Herstellers.

„Alte Liebe rostet nicht“: Der Kölner Wilfried Giesen stellt seinen Mercedes-Benz der Baureihe W 123 für unsere Serie über Oldtimer vor.

Der erste Serien-Kombi von Mercedes ist eigentlich ein grundsolides Fahrzeug. Doch als Wilfried Giesen seinen Benz der Baureihe W 123 kaufte, hatten die Jahre deutliche Spuren hinterlassen. Die erste Fahrt von Köln nach Stuttgart überstand der Nobel-Transporter noch problemlos, dann ließen sich Rost und technische Probleme nicht länger verdrängen. Der Weg zum guten Zustand stand unter keinem guten Stern. Um es mit den Worten von Wilfried Giesen auszudrücken: „Es war ein Drama.“

  1. Typ: Mercedes-Benz W 123 280 TE
  2. Baujahr: 1984
  3. PS: 185
  4. Hubraum: 2746 ccm
  5. Zylinder: 6
  6. Km/h max: 190
  7. Verbrauch: 12,5 Liter
  8. Gebaute Exemplare: 199 500
  9. Neupreis: 63 976,80 D-Mark

Deshalb habe ich ihn:

Das hat berufliche und nostalgische Gründe. Mein Vater hat immer Mercedes gefahren und er hatte früher auch einen Mercedes W 123 in Olivgrün. Als Kind holte ich mir oft den Schlüssel, um mich auf den Fahrersitz zu setzen, Autofahren zu spielen und Radio zu hören. Das hat mich geprägt. Das ist der letzte Mercedes mit viel Chrom, der hat mir schon damals gut gefallen. Dass ich diesen Wagen kaufte, hatte aber mit meinem damaligen Job zu tun. 2007 arbeitete ich mit meiner IT-Firma für den Daimler-Chrysler-Konzern, der durch die Fusion von Mercedes-Benz und Chrysler entstanden war.

Der Mercedes fährt über eine Landstraße.

Es dauerte Jahre, bis der Mercedes in dem Zustand war, der ihn heute glänzen lässt.

Als sich die Möglichkeit ergab, auch für den Classic-Bereich von Mercedes tätig zu werden, wollte ich bei einem Treffen in Stuttgart mit den Entscheidungsträgern ins Gespräch kommen. Um meine Verbundenheit mit dem Unternehmen zu demonstrieren, wollte ich aber unbedingt mit einem alten Benz vorfahren. Zufällig fand ich auch einen, der sich als Türöffner eignete.

Der W 123 stand vor einer Werkstatt in Ossendorf, an der ich vorbeifuhr. Beim Anblick des Autos habe ich spontan eine Vollbremsung hingelegt. Das ist er, dachte ich mir. Mit dem Besitzer kam ich schnell ins Geschäft: Für 5000 Euro kaufte ich ihm nicht nur den Kombi ab, sondern auch einen Mercedes 190 und eine alte Mercedes-S-Klasse. Das mit dem Job hat auch noch geklappt.

Das kann er:

Die erste Fahrt von Köln nach Stuttgart war schon etwas Besonderes. Das ist ein rollendes Wohnzimmer, der Wagen ist wie eine Sänfte, der schwingt so vor sich hin. Lange Strecken sind überhaupt kein Thema. Der Mercedes-Vorstand hat sich lange gegen einen Kombi gewehrt, sowas war denen wohl zu profan. Aber dann ist ein echtes Prestigemodell daraus geworden. Die gute Verarbeitung merkt man allen Stellen. Dazu kommen in meinem Fall diverse Sonderausstattungen.

Die Vordersitze mit Lenkrad und Steuerknüppel im Innenraum des Wagens.

„Das ist ein rollendes Wohnzimmer“, sagt Wilfried Giesen über seinen Edel-Kombi.

Als Vorführwagen für eine Mercedes-Niederlassung in Köln hatte der Wagen fast alles an Bord, was man zusätzlich bestellen konnte. Allein die Extras haben etwa 20 000 D-Mark Aufpreis gekostet. Elektrische Fensterheber, Klimaanlage, Alufelgen – alles dabei. Der Clou ist eine zweite Sitzbank für Kinder im Kofferraum. Das Auto bietet damit Platz für sieben Personen. Und wenn man die Sitze umklappt, entsteht eine zwei Meter lange, ebene Fläche. Da kann man sich ohne Probleme hineinlegen.

Das kann er nicht:

Trotz des großen Motors ist das Auto kein Sprinter. Man sollte ohnehin nicht zu sportlich in die Kurve gehen, denn die Sitze bieten kaum Seitenhalt. Dann kann man sich eigentlich nur noch am Lenkrad festhalten. Eine Schwäche ist auch seine Größe. Mit Anhängerkupplung ist der Benz fast fünf Meter lang. Damit ist es nicht leicht, einen Parkplatz zu finden.

Das habe ich für ihn getan:

Ich bin heute nur noch der Kümmerer des W 123. Nachdem der Job für Mercedes unter Dach und Fach war, ist meine Partnerin die offizielle Besitzerin geworden. Ihr ist es zu verdanken, dass der W123 nun mit Note 2 dasteht. Sie hat viel investiert. Es musste viel gemacht werden, dafür hatte ich weder die Zeit noch die Lust. Der Vorbesitzer hatte zum Beispiel Löcher in die Kotflügel gebohrt, um die Radläufe mit Chrom zu verzieren. Da er nicht an Rostschutz gedacht hatte, sind die regelrecht vergammelt. Also musste viel geschweißt werden. Außerdem fing der Motor an zu rasseln.

Blick auf den Motor.

Der Mercedes ist gut motorisiert, ein Sprinter ist er trotzdem nicht.

Der Meister der Werkstatt, die den Ersatzmotor einbauen sollte, kannte sich sehr gut mit dem Mercedes aus, doch leider ist er im Restaurationsprojekt gestorben. Sein Nachfolger kannte sich weniger gut aus. Wäre ich nicht zufällig in die Werkstatt gekommen, hätte er ein Stück vom Schlossträger heraus geflext, um den Motor einsetzen zu können. Anschließend lief der Wagen wie ein Sack Muscheln, denn zu allem Überdruss waren auch diverse Unterdruckschläuche falsch angeschlossen worden.

Wir haben den Wagen dann erstmal halbfertig ins Parkhaus gestellt, weil wir niemanden gefunden haben, der das Projekt beenden konnte. Erst nach drei, vier Jahren stießen wir auf die Rheinlandgarage, die in wenigen Wochen alles in Ordnung brachte. Seit 2018 ist der Wagen nun fertig.

Das haben wir erlebt:

Nach der Restaurierung waren wir beim Oldtimerfestival Rheinbach Classics. Da ist uns ständig einer hinterhergelaufen, der das Auto sofort kaufen wollte. Nach kurzer Beratschlagung haben wir das aber abgelehnt. Der Wagen war ja gerade erst fertig geworden, nach fast zehn Jahren Hin und Her. Jedes Mal, wenn wir mit dem Auto fahren, denken wir uns: Verkaufen? Nein, danke. Bei mir schwingt da auch immer noch die Nostalgie mit.

Blick in den Kofferraum. Zu sehen ist dort eine zweite Sitzbank für Kinder.

Als Vorführwagen für eine Kölner Mercedes-Niederlassung hat der Benz viele Extras, darunter eine zweite Sitzbank für Kinder im Kofferraum.

Das haben wir vor:

Wir wollen einmal mit dem Benz nach Italien in die Toskana und die Schweizer und italienischen Seen besuchen. Das soll nächstes Jahr passieren. Das wäre die erste größere Urlaubstour mit dem Mercedes.

Aufgezeichnet von Tobias Christ