Müssen Punktepläne von Politikern wirklich sein? Fragt sich unsere Autorin in unserer neuen Kolumne zum Kommunalwahlkampf.
„Die Qual (vor) der Wahl“Hoch die Kissen gegen Punktepläne

Lieber mal ne Kissenschlacht, als ewig politische Punktepläne zu lesen. (Symbolbild)
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Am 14. September dürfen wir wählen: die neue Oberbürgermeisterin oder den neuen Oberbürgermeister für Köln, den neuen Stadtrat, die neuen Bezirksvertreter. Es ist ein wichtiger Job, wir entscheiden, wem wir zutrauen, unsere Zukunft gut zu gestalten. Allerdings machen die Kandidaten und Parteien uns, dem Wahlvolk, die Entscheidungsfindung nicht immer leicht. Über die kleinen und größeren Qualen, die sie uns im Wahlkampf aufbürden, schreiben wir an dieser Stelle.
Torsten Burmester, OB-Kandidat der Kölner SPD, hat einen Fünf-Punkte-Plan für mehr Sauberkeit und Sicherheit. Als er noch Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes war, hatte er auch schon einen Fünf-Punkte-Plan. Der galt der Rückkehr Deutschlands unter die Top 5 der Sportwelt. Immerhin, der Zahl Fünf bleibt er treu. Und er ist ja nicht allein mit dieser Punkteplaneritis.
Heiner Kockerbeck, OB-Kandidat der Kölner Linken, wirbt mit einem Sieben-Punkte-Plan für sich und seine Vorhaben. Berivan Aymaz, die für die Grünen das höchste Amt in der Stadt anstrebt, hat gerade einen Fünf-Punkte-Plan zur Badesicherheit vorgelegt. Schwimmverbot im Rhein und mehr sichere Schwimmflächen in der Stadt und so.
Bertholt Brecht hielt eher nicht so viel von Punkteplänen
Punktepläne sind beliebt bei Politikern. Sie sollen wohl für Durchblick und Tatkraft stehen. Wer seinen Plan für eine rosige Zukunft knackig in ein paar Punkte quetschen kann, weiß besser als andere, wo es lang geht. Glauben wir das? Oder halten wir es lieber wie Bertholt Brecht, der in seinem „Lied von der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens“ aus dem dritten Akt der Dreigroschenoper dieses schrieb: „Ja, mach nur einen Plan. Sei nur ein großes Licht. Und mach dann noch ’nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“
Na klar, in den Plänen der Politiker steckt immer ganz viel guter Wille. Manchmal auch weniger guter, wie bei Friedrich Merz, der vor der Bundestagswahl mit seinem Fünf-Punkte-Plan zur Migration ein politisches Beben auslöste, weil zum ersten Mal ein Beschluss des Bundestages an den Stimmen der AfD-Fraktion hing. Überhaupt ist das mit dem guten Willen in der Politik ja so eine Sache, er scheitert all zu oft an der Realität, womit sich Punktepläne dann als leere Versprechen entpuppen.
Punktepläne in der Kindererziehung arbeiten mit einem Belohnungssystem
Wer „Punkteplan“ im Internet in eine Suchmaschine eingibt, landet erstaunlicherweise nicht als erstes bei den großen Worten von Politikern. Sondern bei Tipps für den Umgang mit kleinen Menschen, deren Verhalten nicht unseren Vorstellungen entspricht. Da sollen wir einen Plan machen zu Dingen wie: Kind steht selbstständig auf, wenn der Wecker klingelt. Kind putzt sich selbstständig die Zähne. Kind zieht sich zügig und von selbst an. An den Tagen, an denen das klappt, gibt es einen Punkt. Und je nach Anzahl der Punkte gibt es am Ende der Woche eine Belohnung.
Bei drei Punkten darf das Kind 15 Minuten länger auf den Bolzplatz. Minecraft und Fortnite gab es wohl noch nicht, als jemand diesen Plan erdacht hat. Für sechs Punkte gibt es den Lieblingsnachtisch und für neun eine gemeinsame Kissenschlacht. Hier schließt sich der Kreis im Kopf. Eine Kissenschlacht mit den Kölner OB-Kandidaten? Lieber als Punktepläne lesen!