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Kommentar

„Die Woche“
Schreibtischhengst aus Unordnungsamt sucht verstaubte Paragrafen

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3 min
Das Bild zeigt einen Flohmarkt. (Symbolbild)

Bald sind die beliebten sonntäglichen Hofflohmärkte verboten. (Symbolbild)

Gesetz ist Gesetz, auch wenn es 40 Jahre lang in Archiven des Unordnungsamts verstaubte. Oder etwa nicht? 

Irgendwo in den Archiven des Amts für öffentliche Unordnung muss es einen Schreibtischhengst geben, der beständig nach Paragrafen sucht, auf denen er noch nicht herumgeritten ist und dabei plötzlich erstaunliche Entdeckungen macht. Zum Beispiel, dass Flöhe in der Lage sind, die äußere Ruhe zu stören, wenn sie privat gehalten werden und an Sonn- und Feiertagen in Innenhöfen husten.

Das hat bisher zwar keinen Flohmarktbesucher gejuckt, aber das kratzt den Amtsschimmel nicht. Gesetz ist Gesetz. Auch wenn es 40 Jahre alt ist. Das muss so sein. Sonst könnte man am Ende nicht einmal mehr den beliebten Abendmarkt am Rudolfplatz verbieten, obwohl es dort längst keine Markthändler mehr gibt, weil die Besucher halt lieber Schampus schlürfen, statt Kartoffeln zu kaufen.

Im Agnesviertel ist kein Platz für Pferde

Das nennt man Zweckentfremdung von Stadtraum. Und das geht gar nicht. Aber Vorsicht! Der Schreibtischhengst aus dem Unordnungsamt könnte schon bald gezwungen sein, gegen seine eigene Spezies vorzugehen. Auf der Galopprennbahn – in Weidenpesch. Mit Pferderennen wird da schon lange kein Geld mehr verdient, hat der Geschäftsführer des Kölner Renn-Vereins in dieser Woche freimütig eingeräumt. Höchstens mit Pferdemist. 4000 Tonnen pro Jahr, für die Champignonzucht in den Niederlanden.

Den Hauptumsatz bringen Events: Konzerte, Genuss- und Flohmärkte. Vor allem an Sonn- und Feiertagen. Vermutlich, weil man mit seinem Pferd aus Platzgründen sonntags nicht die Innenhöfe im Agnesviertel besuchen darf. Weil dann sämtliche Rettungswege blockiert wären.

Aber es gibt Hoffnung. Besagt das Feiertagsgesetz doch, dass an Sonn- und Feiertagen nur öffentlich bemerkbare Arbeiten verboten sind, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören. In einer Millionenstadt wie Köln gibt es durchaus Orte, an denen so gearbeitet wird, dass es kein Mensch merkt. Also keinerlei Unruhe oder gar Hektik aufkommt. Und das nicht nur an den Wochenenden.

Ein Hofflohmarkt im Deutzer Stadthaus

Das Stadthaus in Deutz zum Beispiel. Im Schatten der Kölnarena. Stellen Sie sich das einfach für einen kleinen Moment vor. Ein Hofflohmarkt in dem riesigen Innenhof des Stadthauses, der sich Magistrale nennt. In dem alles verkauft wird, was im digitalen Zeitalter in der Verwaltung eigentlich nicht mehr gebraucht werden dürfte: veraltete Sportgeräte wie Locher, Hefter und Ableger aus den Zeiten des Beamten-Dreikampfs, durchgesessene Sitzmöbel von lange pensionierten Drehstuhl-Piloten, verstaubte Hängeregistraturen, an denen sich so mancher Rücken vergeblich gereckt und gestreckt hat. Und Ärmelschoner, die Vorfahren der Yogamatte.

Natürlich auch uralte Gesetze des Landes Nordrhein-Westfalen, beraten und beschlossen in Düsseldorf. Die man in Köln bisher immer so ausgelegt hat, wie es der kölschen Lebensart entspricht. Bis ein Schreibtischhengst glaubte, eigenen Pferdemist produzieren zu müssen.