UN-Projekt an GymnasiumWie Kölnerinnen in Zukunft die Digital-Branche bereichern

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Sandra Wanja Wangui, Chiara Quade und Zohra Draouche.

Köln – Die Schulen laufen nicht erst seit der Pandemie am Limit. Und das Leben als Schülerin und Schüler war auch schon mal eine unbeschwertere Anglegenheit: Klimawandel, Pandemie und jetzt Krieg in Europa. „Da liegt manchmal die Versuchung nahe, einfach in Fatalismus zu verfallen“, sagt die Schulleiterin des Genoveva-Gymnasiums, Susanne Gehlen. Höchste Zeit für gute Nachrichten. Für den Blick auf das, was Schule neben all der Mangelverwaltung auch noch ist: Ein Ort, an dem sich viele ermutigende Geschichten, Neugier auf das Leben und ganz viel Zukunft finden. Hier mal ausdrücklich: weibliche Zukunft, „weil wir auf die zweite Hälfte der Menschheit dringend angewiesen sind zur Lösung der Probleme“, so Gehlen.

Interviews auf der ganzen Welt

Im Genoveva heißen die derzeit prominentesten Problemlöserinnen Zohra Draouche, Maryam Fraiji, Chiara Quade und Sandra Wanja Wangui, der jetzt sogar die UN ihre Aufwartung gemacht hat. Die Oberstufenschülerinnen wurden für ihre „Girls and Woman-Talking-Tech-Interviews“ der Vereinten Nationen ausgezeichnet, die sie mit prominenten weiblich CEOs internationaler Tech-Firmen geführt haben.

Das Ziel der weltweiten UN-Frauenförderinitiative, an der 163 Schülerinnen aus der ganzen Welt von Bhutan bis New York teilgenommen haben: Mädchen stark zu machen und für eine Karriere in Berufen der Informations- und Kommunikationstechnologie zu ermutigen.

IT-Task-Force in der Schule

Aufmerksam wurde die Kölnerin Beate Degen - selbst als Beraterin für die UN tätig - auf das Mädels-Quartett, weil es im Genoveva-Gymnasium mit Ausbruch der Pandemie gemeinsam mit vier Schülern die „IT-Task Force“ gegründet hat. In selbst aufgelegten Seminaren und in Einzelbetreuung schulten sie die 80 Lehrer und 700 Schülerinnen und Schüler im Umgang mit Microsoft Office und Teams, richteten sogar eine immer erreichbare Support-Hotline ein und sorgten so maßgeblich dafür, dass die Schule gut durch die Pandemie gekommen ist. Ein Engagement von unschätzbarem Wert, gerade weil das Genoveva eben keine Schule der Privilegierten ist und die Bildungsgerechtigkeit, mit der es ohnehin in Deutschland hapert, vielerorts in der Pandemie noch weiter gelitten hat.

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Zohra Draouche, Chiara Quade und Sandra Wanja Wangui.

Das UN-Projekt ist nun so etwas wie die Belohnung, in die die vier Oberstufenschülerinnen aber viel Energie gesteckt haben. Die Idee: quer über die ganze Welt interviewen junge Frauen erfolgreiche Frauen in technischen Berufen und schaffen so ein großes globales IT-Frauen-Netzwerk.

Jede von ihnen hat über einen längeren Zeitraum – neben dem Klausurstress- eine Interview-Serie auf Englisch mit jeweils einer erfolgreichen CEO eines internationalen Unternehmens geführt und diese in sehenswerten Youtube-Videos komprimiert. Das Ziel war, durch weibliche Vorbilder, junge Frauen und Mädchen zu ermutigen, in ihre Fußstapfen zu treten.

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Chiara (17) hat Diva Tommei interviewt, Gründerin und CEO des Unternehmens „Solencia“. „Sie ist eine sehr erfolgreiche Frau, die mir Kraft geschenkt hat“, sagt Chiara. „Besonders hat mich beeindruckt, dass sie liebt, was sie tut.“ Gleichzeitig hätten sie in ihren Gesprächen viele Gemeinsamkeiten entdeckt: „Etwa die Haltung, dass Mathe nicht nur Zahlen ist, sondern ein Blick auf die Welt – letztlich Philosophie. Auch ihre persönliche Motivation hat mich beeindruckt und mir gezeigt, was man erreichen kann, wenn man dran bleibt.“

Auch sie habe in den Gesprächen wertvolle Ratschläge bekommen, wie man das anstellt als Frau und Einsteigerin in einem männerdominierten Tech-Beruf, erzählt Sandra (18), die Sonam Peldem, DEO von QunatiFI, interviewt hat. „Die hat das ja alles schon durchgemacht. Und mir Lust gemacht, nach dem Abi rauszufinden, was die Welt mir so zu bieten hat.“

FSJ in Addis Abeba absolvieren

Überhaupt seien Selbstbewusstsein und Mut das Wichtigste, was sie mitgenommen habe, erzählt Zohra, die Michaela Stichler, Principal Consultant von SAP, interviewt hat. „Sich als Frau auch was zu trauen und eben nicht automatisch – so wie ich das eigentlich vorhatte – den für die Familiengründung sicheren Weg in eine Beamtenstelle zu suchen.“ Diva Tommei, die auch live für den kleinen Festakt nach Köln zugeschaltet war, gab den jungen Frauen denn auch eine eindringliche Botschaft mit: „Hört nie auf, Fragen zu stellen. Reflektiert das, was ihr tut. Hört nie auf zu lernen. Glaubt an euch und gebt nie auf.“

Wie ihre Wege nach der Schule weitergehen werden, wissen die vier Geehrten noch nicht. „Was ich aber auf jeden Fall weiß ist, dass ich dieses große Netzwerk nutzen werde. Das machen die Männer doch auch in ihren Clubs. Und wir Frauen müssen das lernen.“ Sandra ist schon mittendrin: Ihre Mentorin hat ihr angeboten, ihr ein freiwilliges Soziales Jahr in Addis Abeba in Äthiopien zu vermitteln. „Jetzt weiß ich, was ich nach dem Abi mache.“

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