„Archiv der Zukunft“Neues Projekt soll Schönheit von Bocklemünd-Mengenich zeigen

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Blick auf den nordwestlichen Teil der Siedlung Bocklemünd

Bocklemünd-Mengenich – Es sind kleine Geschichten, die Thordis Addelia darin bestärken, dass sie das Richtige macht: „Ein kleines Mädchen hat mir erzählt, dass der Baum vor ihrem Fenster die Form eines Herzens habe“, berichtet sie. Gefragt hatte sie danach, was denn schön sei an Bocklemünd-Mengenich. Die Modedesignerin engagiert sich im Verein „Mode Kollektiv Mengenich“, der seit einigen Jahren daran arbeitet, dass die Menschen im Stadtteil ein besseres Selbstverständnis entwickeln.

„Selbst kleine Kinder bekommen mit, dass das Image ihres Stadtteils nicht besonders gut ist“, so Thordis Addelia weiter. Sie macht sich gern mit ganz jungen Bewohnern des Stadtteils auf die Suche nach markanten Kennzeichen des Viertels, die sich als Druckmotiv für Kleidungsstücke eignen. Das kann ein Baum in Herzform, ein ungewöhnlich geformtes Gerät auf einem Spielplatz oder ein bizarr aussehendes Solarpaneel sein. Selbst optisch verfremdet, hat es immer noch Wiedererkennungswert. Made in Mengenich sozusagen.

Aktion „Nostalgie 829“ soll Blick auf die schönen Seiten des Doppel-Stadtteils lenken

Junge und Ältere waren jetzt zur Aktion „Nostalgie 829“ aufgerufen. Damit soll der Blick für die schönen Seiten des Doppel-Stadtteils lenken, der aus den alten, dörflichen Teilen Bocklemünd und Mengenichs sowie einer – mittlerweile auch schon mehr als 50 Jahre alten – Großsiedlung besteht. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt des Modekollektivs mit anderen Akteuren der sozio-kulturellen Arbeit, die unter dem Namen „Werkstadt 829“ zusammenarbeiten. Die Ziffernfolge ist der Postleitzahl 50829 für das Gebiet entlehnt.

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Fotograf Marcel Kamps bei der Arbeit am Foto-Archiv für Bocklemünd.

„Wir wollen ein Archiv der Zukunft aufbauen“, erklärt Dominik Siebel, Gründer und Geschäftsführer des Modekollektivs. Um ihn herum, in einem sonst leeren Ladenlokal im Görlinger-Zentrum hängen, Bilder an den Wänden, es riecht nach frisch gebackenen Waffeln, Stimmengewirr und ab und zu blitzt es in einem kleinen Fotostudio, das in einer Ecke aufgebaut ist.

Idee entstand aus historischen Fotos vom Bocklemünd der 1970er Jahre

Dass sich die Begriffe „Archiv“ und „Zukunft“ im Grunde widersprechen, ist auch ihm klar. Auslöser seien historische Fotos aus den 1970er Jahren gewesen, die ihm ein Bewohner des Stadtteils gezeigt habe. Schöne Szenen und Motive waren darunter, die die markante Kulisse der Hochhäuser in den Hintergrund rückten. Eines dieser Bilder zeigt einen Karnevalsjeck im Plüschkostüm. Es wurde auf Plakate und Stofftaschen gedruckt.

Oliver Brimmers zog mit seiner Familie vor ein paar Jahren aus Ehrenfeld nach Bocklemünd. In den alten Teil des Dorfes. Dennoch erstand er gern eine Stofftasche mit dem Hochhaus-Motiv. Denn die Vorzüge des Viertels hat er von Anfang an zu schätzen gewusst. „So viel Grün in der Umgebung, aber doch auch eine schnelle Verbindung in die Stadt.“ Inzwischen seien auch schon Freunde nachgezogen. Margot Gehrmann, die seit Jahrzehnten im „neuen“ Teil lebt, also der Siedlung um das Görlinger-Zentrum, muss eigentlich von der Schönheit ihrer Umgebung nicht mehr überzeugt werden.

Köln-Bocklemünd: „So viel Grün in der Umgebung, aber doch auch eine schnelle Verbindung in die Stadt.“

Trotzdem geht sie mit drei anderen Frauen begeistert auf Foto-Safari, die Fotograf Marcel Kamps professionell begleitet. Er schult dabei das Sehen der Teilnehmerinnen, also deren Blick für gute Motive. Und die gibt es massenhaft. „Bei vielen Bildern aus Bocklemünd ragt die Hochhausfront wie ein Schatten über allem“, sagt Marcel Kamps. Diese Sichtweise will er mit seiner Arbeit verändern. Bei der „Nostalgie 829“-Ausstellung sammelte er außerdem fleißig Porträtaufnahmen von Bocklemünderinnen und Bocklemündern. Auch diese werden zusammen mit den übrigen Motiven einmal Teil des „Archivs der Zukunft“.

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