Weltkarten für alle: Hendrik und Natalie Pfäfflin haben sich zum Ziel gesetzt, viele Orte mit ihren Wandkunstwerken zu verschönern, auch den Lidl-Parkplatz.
Weltkarte Nr. 21Kölner Paar verziert Mauer am Lidl in Ossendorf

Hendrik und Natalie Pfäfflin malen Südamerika aus.
Copyright: Hans-Willi Hermans
Pause zu Ende, Hendrik Pfäfflin hat den Plan für die nächste Arbeitsphase: „Oman, Indonesien und Singapur haben den gleichen Farbton, die kannst du gleich zusammen machen“, weist er seinen Kumpel Thibault Chermette an, bevor der mit Pinsel und Farbtopf auf das Gerüst klettert. Auch Yul und Maxine, die ihren Vätern unbedingt helfen möchten und für das Meerblau zuständig sind, gibt er noch eine Bitte mit auf den Weg: „In den Fugen zwischen den Steinen müsst ihr aufpassen. Gestern habe ich noch nachgemalt, weil die Farbe nicht richtig gedeckt hat.“
An einer Wand des Lidl-Parkplatzes in der Rochusstraße ist in den vergangenen drei Wochen eine komplette Weltkarte in Balu-, Gelb-, Orange- und Ockertönen entstanden. Für Pfäfflin und seine Frau Natalie ist es bereits die 21. „World Wall“. Begonnen hat alles 2009 auf einer Urlaubsreise in Indien, erzählt er: „Dort fehlte in einer Schule so eine Karte, da haben wir sie einfach auf die Wand eines Klassenzimmers gemalt.“ Seither hat das Paar auf seinen Reisen ähnliche Karten unter anderem in Kolumbien, Mexiko, Marokko, Kambodscha und der Schweiz erstellt. Vorwiegend in Schulen oder Hostels, an Orten also, wo sich Menschen treffen: „Es ist ein guter Weg, Menschen kennen zu lernen und sie zusammen zu bringen“, sagt Natalie Pfäfflin, die in ihrer Mittagspause vorbeigekommen ist.
Per Crowdfunding 2500 Euro eingeworben
Die Einheimischen stellen das Material, sorgen auch mal für Kost und Logis, da werde man sich schnell einig. Ansonsten lassen sich die Pfäfflins, die mittlerweile von ihren drei Kindern unterstützt werden, nicht für ihre Arbeit bezahlen. Seit einiger Zeit lebt die Familie in Ossendorf, beim Supermarkt-Einkauf war ihnen die rund 60 Quadratmeter große leere Wand aufgefallen, die zu einer Lagerhalle gehört. Der Eigentümer der Halle war mit dem Projekt einverstanden, die Lidl-Leute blockierten für die Arbeiten sogar mehrere Parkplätze. Und Hendrik Pfäfflin startete online eine Crowdfunding-Kampagne, bei der knapp 2500 Euro zusammenkamen. „Auch in den Läden an der Rochusstraße und der Frohnhofstraße wurde dafür geworben“, berichtet er.
In der Rochusstraße ist unter Mithilfe von sechs Freunden und acht Kindern die bislang größte „World Wall“ entstanden, die Kontinente und die Länder mit ihren Grenzen sind maßstabgetreu abgebildet. Dafür hat Hendrik Pfäfflin wie immer die Kästchen einer gerasterten Weltkarte zunächst mit dem Bleistift auf die Wand aufgemalt. Nur einige winzige Staaten wie der Vatikan oder Inselstaaten in Mikronesien fehlen. Weil die Wand die nötige Breite hat, ist diesmal aber Hawaii mit dabei, das mitten im Pazifik liegt und sonst meist unterschlagen werden muss.

Weltmaler bei der Arbeit: Hendrik Pfäfflin (stehen Mitte) mit seinen Helfern Thibault Chermette und Felix Schmid (stehend v.l.), Yul und Maxine (knieend v. l.) auf dem Gerüst.
Copyright: Hans-Willi Hermans
„Es geht nicht um Inspiration, ich bin kein Künstler und habe mit Street Art oder Graffiti nichts zu tun“, erklärt der Sozialarbeiter, der momentan eine mehrmonatige Auszeit genießt. Benutzt werden auch keine Spraydosen, sondern ausschließlich mit dem Pinsel aufgetragene Fassadenfarben. Welche Farben jeweils zum Einsatz kommen, richtet sich nach der konkreten Umgebung. „Die Reaktionen hier in Ossendorf, von den Lidl-Kunden zum Beispiel, waren alle positiv.“
Grenze zwischen Russland und Ukraine derzeit nicht klar
Allerdings sorgten die Unsicherheiten der aktuellen Weltlage zuweilen für Gesprächsbedarf: „Einige Marokkaner haben uns darauf hingewiesen, dass es in ihrer Heimat einen Konflikt um die Unabhängigkeit der Westsahara gibt.“ Und wo soll man derzeit die Grenzen zwischen der Ukraine und Russland ziehen, Kaschmir Indien oder Pakistan zurechnen? Als es um Israel ging, entschieden sich die Pfäfflins, nur die Umrisse des Landes aufzuzeichnen, das Westjordanland und den Gaza-Streifen nicht eigens zu markieren. „Jeder Betrachter kann sich entscheiden, wie er das interpretieren möchte.“
In den Sommerferien macht sich die Familie Pfäfflin dann wieder mit dem Auto auf den Weg. Ein Teil des Crowdfundfing-Geldes ist nämlich für eine weitere Weltkarte gedacht. Vermutlich wird die in Albanien entstehen. „Aber vielleicht bleiben wir ja auch in Montenegro hängen“, sagt Hendrik Pfäfflin. Etwa, wenn sich dort eine passende Wand findet.