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„Erteilte Zusagen werden eingehalten“Diese Folgen hat die Kölner Haushaltssperre

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Ein Blick auf den Haushalt im Jahr 2019.

Ein Blick auf den Haushalt im Jahr 2019. 

Kämmerin Dörte Diemert erklärt gegenüber dieser Zeitung die Folgen der Haushaltssperre – und gibt einen Ausblick auf das kommende Jahr. 

Seit Dienstag gilt die Haushaltssperre für die Stadt Köln, zunächst bis Ende des Jahres. Vereine und Verbände sind verunsichert, was das für sie heißt. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wie viel Geld fehlt Köln?

Die Finanzlücke für den Haushalt 2025 beträgt nach der neuen Prognose 582 Millionen Euro, 182,5 Millionen mehr als angenommen. Insgesamt geht es im Kölner Haushalt um 6,44 Milliarden Euro.

Wieso ist das so?

Laut Begründung der Kämmerei liegt das hauptsächlich an stark gestiegenen Ausgaben im Sozialen und der Jugendhilfe. Konkret heißt das, mehr Menschen in Köln beziehen nur eine geringe oder keine Rente und bekommen deshalb die Grundsicherung im Alter. Tarifsteigerungen für Pflegepersonal sind als Kostentreiber erwähnt sowie gestiegene Fallkosten der Hilfen für Familien zur Erziehung und zur Eingliederungshilfe, obwohl die Fallzahlen hier auf gleichem Niveau bleiben. Dazu kommt, dass Einnahmen über die Gewerbesteuer stagnieren, und damit geringer ausfallen, als gedacht. „Grund hierfür sind der bislang ausbleibende wirtschaftliche Aufschwung und die anhaltende wirtschaftliche Stagnation“, heißt es in der Mitteilung an den Rat.

Wen betrifft die Haushaltssperre?

Das ist schwierig zu beantworten. Laut Kämmerin Dörte Diemert komme es auf die Einzelfallprüfung an. „Die Haushaltssperre in Köln ist etwas anderes als ein Shutdown nach amerikanischem Beispiel. Wir schließen nicht die Einrichtungen, sondern wir arbeiten weiter.“ Allerdings seien neue Zusagen von freiwilligen Aufgaben nur möglich, wenn sie „zwingend notwendig und unabweisbar“ sind. Müssen Vereine wieder wie vor einem Jahr bei der Haushaltsaufstellung zittern? Da die Förderungen in der Regel schon zu einem früheren Zeitpunkt im Jahr bewilligt wurden: nein. Diemert sagt: „Rechtliche Verpflichtungen und erteilte Zusagen sowie Förderbescheide werden selbstverständlich eingehalten.“ Die Haushaltssperre gilt aktuell nur bis Ende 2025. Anders sieht es aber für Anträge aus, über die noch nicht entschieden ist. Laut Diemert müssen „die Dienststellen prüfen, ob Themen, die noch nicht entschieden sind, nun noch zwingend gemacht werden müssen.“

Verzögert sich dadurch die beispielsweise die Operneröffnung doch wieder?

Nein, zumindest nicht deswegen. „Im Moment geht es um das laufende Haushaltsjahr 2025“, sagt Diemert. „Was für 2026 gilt, werden wir im Dezember entscheiden. Die Finanzlage ist ernst und sie ist sehr schwierig, aber davon wird die Operneröffnung nicht betroffen sein.“

Ist nicht eigentlich schon klar, dass die Haushaltssperre auch 2026 bleibt?

Die Kämmerin sagt: „Die Lage ist im Moment sehr dynamisch. Deswegen haben wir bewusst erstmal nur eine Haushaltssperre für 2025 auf den Weg gebracht. Zur Ehrlichkeit gehört auch, dass die Situation insgesamt sehr angespannt ist, und wir können nicht ausschließen, dass wir auch für 2026 handeln müssen.“

Wie reagieren Vereine und Verbände?

Helmut Schaefer, Vorsitzender des Stadtsportbundes, schrieb am Dienstag erstmal eine Mail an das Sportamt, um zu erfahren, was die Haushaltssperre für den Sport bedeutet. Schaefer geht nach aktueller Lage davon aus, dass erstmal nichts Gravierendes passiert. Mit etwas Sorge blickt er auf die Zeit nach dem 31. Dezember. „Ich halte es als Szenario nicht für ausgeschlossen, dass die Haushaltssperre verlängert wird.“ Schaefer warnte davor, beim Sport hart zu sparen, nur weil es sich oft um eine freiwillige Leistung handelt. Es geht etwa um Kunstrasenplätze oder die Sanierung von Vereinsheimen.

Was sagt der Experte?

René Geißler, Professor für öffentliche Wirtschaft und Verwaltung an der Technischen Hochschule Wildau, sagte: „Eine Haushaltssperre so spät im Jahr zu verhängen, ist ungewöhnlich. In dieser kurzen Zeit wird die Stadt nicht mehr viel Geld sparen. Es macht mehr Sinn, eine Sperre früher im Jahr zu verhängen.“ Laut Geißler wäre es schon logisch, die Haushaltssperre über das Jahresende zu verlängern. Dann könne Köln ein „paar Prozent“ sparen.

Geißler betonte, dass die Stadt etwa für Tariferhöhungen nichts könne. Aber eine Opernsanierung sei schon der Extremfall einer freiwilligen Leistung, das ist laut Geißler ein „selbst gemachtes Problem“ der Stadt Köln. Dass Bauprojekte auch anderswo teurer würden, sei der Fall, aber dieses Risiko müssten Verwaltung und Stadtrat einpreisen.

Ist eine Haushaltssperre schon einmal passiert?

Ja. 2012 legte die damalige Stadtkämmerin Gabriele Klug ebenfalls wegen einer größer gewordenen Haushaltslücke alle Ausgaben auf Eis, zu denen die Stadt nicht rechtlich verpflichtet ist.