Rot-Weiße Fahnen im Dom: Zum 11. Mal findet am Freitag die Fan-Andacht des 1. FC Köln statt. Stadtdechant Robert Kleine spricht im Interview über die Verbindung von Glaube und Sport. Glaube und Sport.
FC-Andacht im Kölner Dom„Am Ende wird die FC-Hymne gespielt – da sind wir dann doch parteiisch“

Robert Kleine, Stadtdechant von Köln, sprach mit der KNA übe die FC-Andacht, die am Freitag zum 11. Mal im Kölner Dom stattfinden wird.
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„Nur zesamme simmer stark, FC Kölle!“, so klingt die Hymne des 1. FC Köln, die vor jedem Spiel im Stadion ertönt. Am Freitag wird sie auch wieder im Kölner Dom gespielt - bei der Fan-Andacht zum Saisonbeginn. Das sei jedoch der einzige Moment, in dem man parteiisch sei, sagt der Kölner Stadtdechant Robert Kleine, der den ökumenischen Gottesdienst mit leitet.
Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärt er, was Kirche und Fußball gemeinsam haben und warum die Andacht in diesem Jahr besonders ist.
Herr Kleine, bei der Andacht für die Fans des 1. FC Köln im Dom fallen in diesem Jahr das 77-jährige Bestehen des Fußballvereins sowie der 777. Jahrestag der Grundsteinlegung der Kathedrale zusammen. Zudem ist es insgesamt die 11. Andacht, die seit 2014 stattfindet. Kölscher geht es doch kaum, oder?
Antwort: In der Tat wird es in diesem Jahr ein besonders „jeckes“ Zusammenkommen. Deshalb haben wir uns auch in der Vorbereitung entschieden, die Andacht nicht wie sonst am Tag des ersten Saison-Heimspiels, sondern eben am Jahrestag der Grundsteinlegung stattfinden zu lassen. Dass es dann auch noch die elfte Andacht ist, ist uns erst später im Planungsverlauf klar geworden. Das wird sicher im Gottesdienst auch eine Rolle spielen, denn 11 ist ja für Köln wie für den Fußball eine ganz besondere Zahl.
Erstmals wurden in diesem Jahr im Vorfeld Tickets für den Eintritt vergeben. Die sind zwar kostenlos; dennoch ist dadurch der Zutritt limitiert. Warum?
Antwort: Mit den nun 4.000 angebotenen Tickets wollten wir den Einlass regulieren. Bei der Besucherzahl ist der Dom schon randvoll. Wir haben zuletzt beim Konzert der Organistin Anna Lapwood gemerkt, was passiert, wenn Tausende Menschen unkoordiniert in die Kirche strömen wollen. Daraus haben wir gelernt.
Die 4.000 Tickets waren nach gerade mal zwei Tagen vergriffen. Haben Sie mit dieser Nachfrage gerechnet?
Antwort: Ich bin davon sehr positiv überrascht. Als die Entscheidung getroffen wurde, den Termin zu verlegen, hatte ich zuerst die Sorge, dass deutlich weniger Menschen als sonst kommen, um eben nur der Andacht ohne Spiel zu folgen. Normalerweise erscheinen die Fans gewappnet mit Trikots, Schals und Fahnen im Dom, da sie danach direkt zum Spiel im Stadion weiterziehen; das fehlt diesmal. Und dennoch gibt es auf einmal deutlich mehr Interessenten als in den Vorjahren - da kamen zu Spitzenzeiten 3.500 Besucher. Aber der FC hat die Veranstaltung sehr groß bei den Fans beworben und auch eine Überraschung versprochen. Das hat sicher einige animiert. Und ich glaube, viele Fans freuen sich auch einfach, den Dom zu sehen, der ja auch Teil des Vereinswappens ist.
Mancher könnte sicher kritisch sehen, dass am „Geburtstag“ des Doms nun ausgerechnet eine Andacht für Fußballfans stattfindet.
Antwort: Den eigentlichen Geburtstag des Domes begehen wir jedes Jahr zur Weihe am 27. September. Die Grundsteinlegung hingegen wurde zum letzten Mal 1998, zum 750. Jahrestag, größer gefeiert; ansonsten spielt sie eher eine untergeordnete Rolle. Insofern werten wir sie durch das gemeinsame jecke Jubiläum mit dem FC in diesem Jahr sogar eher auf.
Nun ist der FC nicht die einzige traditionsreiche Fußballmannschaft und auch nicht das einzig erfolgreiche Sportteam der Stadt. Ist es da nicht unfair, dass die FC-Fans eine Andacht im Dom bekommen, die anderen Fans aber nicht?
Antwort: Als ich 2012 als Stadtdechant in Köln angefangen habe, gab es den Gottesdienst für Karnevalisten schon einige Jahre. Damals hab ich mir gedacht, der Karneval ist ja nicht das Einzige, was in Köln prägt und verbindet. Der FC ist eine Marke für die Stadt und steht damit als pars pro toto für alle hiesigen Vereine. Bislang hat sich auch noch niemand bei mir beschwert. Ich denke, alle finden es erst mal gut, dass wir überhaupt etwas für den Sport in dieser Größenordnung anbieten.
Was haben Kirche und Fußball gemeinsam?
Antwort: Jesus hat gesagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen.“ Wenn ich diesen Satz aus dem Matthäus-Evangelium deute, kann ich zu dem Schluss kommen, dass auch Kirche im übertragenden Sinne ein Mannschaftssport ist. Das machen wir in der Andacht auch deutlich: Wir beten zusammen für Fairness und stellen uns gegen alles, was wir in Sport und Kirche nicht haben wollen: Ausschluss, Diskriminierung und Gewalt.
Und um den Sieg wird auch gebetet?
Antwort: Nein, in der Andacht besinnen wir uns auf Rücksichtnahme und Teamgeist; unter Spielern, Vereinen und Trainern ebenso wie unter den Fans. In früheren Jahren hatten wir auch oft kleine Gruppen von gegnerischen Fans im Dom dabeisitzen. Die wurden freundlich empfangen und konnten sich an allen Gebeten beteiligen. Klar ist nur: Am Ende der Andacht wird die FC-Hymne gespielt - da sind wir dann doch parteiisch.
Gibt es Ereignisse aus den vergangenen elf Jahren, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?
Antwort: Einmal ist vor der Andacht ein Fan zu mir gekommen und hat gefragt, ob wir für die Verstorbenen aus der Fankurve beten können, deren Platz im Stadion nun leer bleibt. Das hat mich sehr gerührt. Leider negativ im Gedächtnis geblieben ist mir, als ich in der Andacht gesagt habe, wer im Zuge eines Fußballspiels gewalttätig wird, der hat sein Fan-Sein verwirkt. Das hat im Dom viel Applaus bekommen; beim nächsten Spiel gab es dann aber von einigen Chaoten Ausschreitungen. Das hat mir sehr wehgetan. Ein Fußballspiel ist kein Grund für Randale - das dürfen wir nie akzeptieren.
Was verbinden Sie persönlich mit dem FC Köln?
Antwort: Ich war zeit meines Lebens nie der große Sportfan, auch bis zu meinem Beitritt zum FC nie Mitglied in einem Sportverein. Ich habe aber auf all meinen Stationen als Priester festgestellt, dass Sport Menschen überall zusammenführen kann. Als ich dann nach Köln kam, habe ich viele Menschen getroffen, die ständig vom FC erzählt haben. So bin ich dann ziemlich schnell mit ins Stadion gegangen. Die Emotionalität mancher Fans, die ihre Spieler anpeitschen oder teils auch anschreien, werde ich wohl nie erreichen. Aber dennoch schlägt mein Herz für den FC.
Und auf welchem Platz landet der FC Köln in dieser Saison?
Antwort: Natürlich träume ich von der Meisterschaft (lacht). Wenn man realistisch bleibt, denke ich, sollte der Klassenerhalt klar und eine Platzierung in der oberen Tabellenhälfte durchaus drin sein. Ich vertraue darauf, dass sich die Mannschaft richtig anstrengt und auch es mit dem neuen Trainer Lukas Kwasniok jetzt allen zeigen will.