Ganz unten angelangtDer Drogenstrich im Kölner Niemandsland

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Sogenannte Verrichtungsboxen am Straßenstrich im Niehler Norden

  • Für unsere Serie „Köln im Rotlicht“ sind unsere Reporter in die Rotlicht-Szene eingetaucht, haben mit Prostituierten, Freiern, Zuhältern und Bordellchefs gesprochen.
  • Folge 14: Auf der Geestemünder Straße im Niehler Industriegebiet prostituieren sich vor allem Frauen, die drogensüchtig sind.
  • Sex findet dort in sogenannten Verrichtungsboxen statt. Wir haben mit Frauen und Sozialarbeitern vom Straßenstrich gesprochen.

Köln – Der Drogenstrich an der Geestemünder Straße liegt im Niemandsland des Niehler Industriegebiets. Kein Hinweisschild, nichts, nur ein mickriger Straßenarm, der in einen Einbahnkreisel führt. Dort warten Frauen. Vor dem Eingang parkt ein Mercedes, unter einer Bank liegen rote Glitzer-Pumps. Sieben Frauen sitzen in der Mittagssonne am Straßenrand, vor dem Café Mäc up steht eine Sozialarbeiterin und unterhält sich mit jungen Prostituierten. Ein Handwerkerauto parkt in einer der sechs „Verrichtungsboxen“. -> Hier: Alle 20 Folgen der Serie „Köln im Rotlicht“ im Überblick!

Seit 18 Jahren gibt es den zentralen Straßenstrich an der Geestemünder Straße. Die Stadt wollte die Drogenprostitution seinerzeit vom Reichenspergerplatz verbannen – und verhindern, dass weiterhin fast wöchentlich eine Prostituierte vergewaltigt wird. Polizei und Ordnungsamt sind auf der „Geeste“ täglich vor Ort, die Sexarbeiterinnen werden vom Sozialdienst katholischer Frauen betreut. Das Kölner Pilotprojekt hat längst in ganz Deutschland Schule gemacht.

Lesen Sie hier alle bereits erschienenen Folgen von „Köln im Rotlicht – Das Geschäft mit der Prostitution“ ->

Am Kühlschrank des Cafés prangt ein Schild mit dem Spruch „Wir wollen mehr Sex!“, in einem Regal lagern Strapsen und Stöckelschuhe. Die Wände sind rosa gestrichen, der PVC-Boden grau. „Die meisten der Frauen, die hier arbeiten, sind drogenabhängig. Wir bieten ihnen einen geschützten Raum und Beratungsgespräche, unterstützen sie im Alltag und beim Ausstieg. Die Frauen können sich bei uns etwas erholen, Kaffee trinken. Die Kolleginnen vom Gesundheitsamt informieren die Frauen zu allen gesundheitlichen Themen und wir verteilen auch Spritzen und Kondome“, sagt René Pieper, Leiter der Prostituiertenhilfe beim SkF.

Die Mehrzahl der Frauen, glaubt Pieper, „kommt freiwillig hierhin – sofern man bei Drogensüchtigen von freiwillig sprechen kann“. Natürlich sehe er auch Frauen, die von Männern vor dem Eingang abgesetzt und wieder abgeholt werden. „Es ist schwer nachzuvollziehen für uns, ob da Druck ausgeübt wird, solange die Frauen uns sagen, sie kämen freiwillig und würden von ihrem Partner gebracht, ist das ihre Wahrheit, die wir akzeptieren.“

Angie aus Ungarn sagt, es sei „von den Arbeitsbedingungen her super auf der Geeste. Ich fühle mich sicher. Wenn ein Freier Stress macht, drücke ich den Alarmknopf und es kommt sofort jemand.“ Die Verrichtungsboxen sind schmucklose Autostellplätze. Hinter den Boxen befinden sich Toiletten, Dusche, ein Spritzen- und Getränkeautomat, ein schwarzes Brett mit Notrufnummern. Es gibt auch eine Box für Radfahrer und Fußgänger – ein dunkler Raum mit Metallbank und Mülleimer. Um Komfort geht es hier nicht. Angie sitzt im Neonlicht eines Büros beim SkF im Mauritiussteinweg.

Sie ist 23. Mit 14 habe sie angefangen, als Prostituierte zu arbeiten, sagt sie: „Meine Mutter war Alkoholikerin, ich bin früh zu Hause weg, bei den Großeltern aufgewachsen. Mein Großvater hat mich sexuell belästigt – irgendwann bin ich abgehauen und musste weiter Geld verdienen. Bei einem Ehepaar, das ich kannte, konnte ich schlafen – der Mann war Zuhälter.“ Sie habe in Frankreich, der Schweiz und in Deutschland gearbeitet, in Bordellen und auf der Straße, „immer mit Zuhälter“. Drogen? „Früher viel, heute weniger“, sagt sie, und, nach einer Pause: „Ganz nüchtern ist es schwer auszuhalten.“

Immer wieder geht ihr Blick zum Tisch, auf dem das Portemonnaie des Reporters liegt. „Beim Sex verlange ich immer Vorkasse“, sagt sie. Wir haben 50 Euro als Infohonorar vereinbart. Sie war davon ausgegangen, das Geld vorab zu bekommen.

Manchmal denke sie an Ausstieg, sagt Angie, aber nicht ernsthaft. „Ich habe mal als Altenpflegerin gearbeitet, 1200 Euro hatte ich da netto im Monat. Das ist in Köln zu wenig, um davon zu leben.“

An sechs Tagen in der Woche arbeite sie auf der Geeste, immer von 11 bis 18 oder 19 Uhr. „Ich bin eine der jüngsten da und kann mir die Freier aussuchen“, sagt sie. „An schlechten Tagen verdiene ich 100 Euro, an guten 300 oder mehr.“ Unter 40 Euro mache sie nichts. „Aber es gibt auch Drogensüchtige, die bieten sich für 20 Euro ohne Kondom an. Und Freier, die merken, dass eine Frau dringend Stoff braucht – und noch ein paar Runden fahren, um sie runterzuhandeln. Das sind Schweine. Ich fände eine Preisbindung gut: Kein Sex unter 50 Euro. Aber wie will man das machen, bei Junkies?“

Gut an der Geeste findet Angie, dass sie nichts mehr abgeben müsse: „Ich gehe zur Arbeit, mache meinen Job, gehe nach Hause und werde nicht mehr von einem Typen belästigt, der mich abkassiert.“ Aber, klar, es gebe auch auf dem hier Frauen mit Luden, man erkenne sie sofort: „Sie telefonieren dauernd, weinen viel, wirken ängstlich.“ Wie viele das seien? „Ich schätze, jede dritte. Einige Frauen müssen auch zu Hause abliefern – ihrem Bruder oder Freund.“

Wenn man an Straßenstrich denkt, denkt man an Elend. Gewalt. Zwang. Mit der Kontrolle durch den SkF und das Ordnungsamt hat die Stadt Köln ein Modell geschaffen, um die Not einzudämmen. Vergewaltigungen sind auf dem kontrollierten Strich sehr selten. Angst habe sie trotzdem, sagt Angie. „Aber weniger als in einem Bordell in der Innenstadt, wo ich für 30 Euro alles machen musste, und die Geschäftsführer wollten, dass ich ohne Gummi anbiete. Man gewöhnt sich an die Angst. Und man wird achtsam. Ich sehe sofort, wie ein Typ drauf ist. Wenn ich mir nicht sicher bin, steige ich nicht ein.“

Vom neuen Prostituiertenschutzgesetz hält Angie wenig. „Ich würde Prostitution erst mit 21 erlauben, das wäre sinnvoll – mit 18 ist man doch noch ein Kind“, sagt die Frau, die mit 14 zur Prostitution gezwungen wurde. „Und die Steuern, die sollte man direkt hier zahlen – und nicht ans Finanzamt.“ Yvonne treffen wir auf der Venloer Straße kurz vor dem Militärring. Als ihr Dealer kommt, fällt sie ihm um den Hals. „Ich brauche zehn Gramm, sofort“, krächzt sie dem bulligen Mann zu. Den Reporter begrüßt sie mit einem unangekündigten Kuss auf den Mund. „Für’n Fuffi würde die jetzt alles mit dir machen“, sagt der Dealer. Yvonne sagt, sie sei fünf oder sechs Jahre auf der Geestemünder anschaffen gegangen. „Aber da verdient man zu wenig. Die Rumäninnen und Bulgarinnen haben die Preise verdorben. Ich mache nur noch Hausbesuche.“

Der Dealer zieht Yvonne zum Auto, sie keift, er solle sie weiter reden lassen, er herrscht sie an: „Steig ein!“ Sie steigt ein. Ayla trägt weder aufreizende Kleidung noch auffälliges Make up, sie redet geschliffen, sieht fast makellos aus. Sie komme aus einem bürgerlichen Elternhaus, sagt die 31-Jährige. Früh habe sie angefangen, Drogen zu nehmen: Marihuana mit 14, Kokain mit 14, mit 15 dann Heroin. Immer wieder sei sie auch clean gewesen, habe eine kaufmännische Lehre gemacht, arbeite als Bürokauffrau, sei im Moment aber in Elternzeit. „Mein Chef“, sagt sie, „kennt mich nur als gute Buchhalterin. Mein Mann weiß auch noch, dass ich gut kochen kann.“ Sie lacht. Ihr Doppelleben kenne niemand.

Seit Jahren im Methadon-Programm

Ayla sagt, dass ihr Mann oft auf Geschäftsreise sei – und sie seit Jahren im Methadonprogramm. „Dadurch ist man total sediert. Ich rieche, schmecke, fühle nicht viel.“ Drogen und Sexarbeit, sagt Leila, gehörten zusammen. „Drogen sind teuer, mit Sex kann man leicht Geld verdienen.“ Ihr Leben als bürgerliche Frau und Sexarbeiterin führe sie seit acht Jahren. „Ich lege Wert darauf, nie auszusehen wie eine Nutte.“ Was sie ihrem heute einjährigen Sohn in ein paar Jahren sage, wenn sie zur Geestemünder Straße fahre? „Ich will aufhören, bevor er ahnen könnte, was ich auf der Arbeit mache. Ich muss.“

Glossar

Agisra

Die „Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung“ in Köln ist seit 1993 eine Beratungs- und Informationsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen. Agisra unterstützt zum Beispiel Frauen, die von Gewalt, Sexismus oder Rassismus betroffen sind, die Sozialarbeiterinnen reden mit Frauen auf dem Straßenstrich, am Eigelstein und in Bordellen. Der Verein sitzt in der Bolzengasse in der Altstadt, Telefon 0221/124019.

Escort

Begleit-Agenturen oder Escort-Agenturen vermitteln Frauen, seltener auch Männer, gegen Honorar für eine vereinbarte Zeit. Die Agenturen dienen als Dienstleister und kassieren eine Provision von den Frauen, die oft zwischen 25 und 35 Prozent liegt. Die Preise für die meistens auch sexuellen Dienstleistungen schwanken, liegen aber nur selten unter 200 Euro pro Stunde und 1500 Euro pro Tag. Viele ihrer Mitarbeiterinnen seien Studentinnen, berichtet eine Kölner Agentur-Chefin. Eine vom Studienkolleg zu Berlin veröffentlichte Umfrage ergab, dass 3,7 Prozent aller Berliner Studierenden als Sexarbeiter im weiteren Sinne tätig sei. Verbände und Behörden gehen davon aus, dass der Großteil der im Escort-Bereich tätigen Frauen freiwillig dort arbeitet.

Hurenpass

Im Juli 2017 ist bundesweit das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft getreten. Seitdem müssen Prostituierte einen speziellen Ausweis bei sich tragen, den so genannten Hurenpass. Diese Anmeldebescheinigung, die regelmäßig verlängert werden muss, ist mit Namen, Meldeadresse und einem Foto versehen. Viele Sexarbeiterinnen weigern sich, ihre Anonymität aufzugeben und den Pass zu beantragen – sie fürchten unter anderem Repressionen in ihren Heimatstaaten, in denen Prostitution unter Strafe steht. 

Laufhaus

In einem meist mehrstöckigen Laufhaus mieten Prostituierte Zimmer an. Wenn sie auf Freier warten, stehen ihre Türen offen. Der Kunde streift durch die Flure und kommt mit den Frauen ins Gespräch, die vor oder in ihren Zimmern sitzen. Welche Leistungen sie anbieten und welche Preise sie dafür verlangen, bestimmen die Frauen selbst, nicht der Laufhaus-Betreiber. Er kassiert von ihnen nur die tägliche oder monatliche Miete. Der Eintritt in ein Laufhaus ist meistens frei. Wie viele der Frauen tatsächlich selbstbestimmt arbeiten und wie viele ihre Einnahmen an einen Zuhälter abtreten müssen, ist unklar.

Loverboys

Zuhälter, die vor allem Minderjährige und junge Frauen in Clubs und im Internet ansprechen. Sie täuschen ihnen die große Liebe vor, entfremden sie aber tatsächlich von Freunden und Familie und zwingen sie in die Prostitution. Laut Polizeierkenntnissen sind Loverboys in aller Regel Einzeltäter, die oft mehrere Frauen parallel haben, ohne dass die Opfer voneinander wissen. 

Menschenhandel

Eine Straftat, auf die zwischen sechs Monate und zehn Jahre Gefängnis steht. Unter Menschenhandel versteht das Gesetz jede Form des Anwerbens, Transports oder Beherbergens von Menschen, um sie auszubeuten – zum Beispiel in der Prostitution, durch Bettelei oder Zwangsarbeit. 

Poppers

Slang für eine flüssige, nicht verbotene Droge, die in kleinen Ampullen vertrieben wird und beim Öffnen ploppt. Poppers sollen stark gefäßerweiternd, aphrodisierend, muskelentspannend und schmerzhemmend wirken – und damit helfen, den Geschlechtsverkehr zu verlängern. Werden in fast allen Bordellen verkauft. Können zu Herzrasen, Übelkeit, Erbrechen und Sehstörungen führen, blutdrucksenkende Potenzmittel verstärken die Wirkung.

Prostituiertenschutzgesetz

Seit 1. Juli 2017 ist ein neues Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Es beinhaltet unter anderem die Verpflichtung eines so genannten „Hurenausweises“. Betreiber von Bordellen benötigen eine Erlaubnis und dürfen sich zuvor nicht im Bereich Menschenhandel/Prostitution strafbar gemacht haben. Das Gesetz sieht auch eine Kondompflicht für Freier und eine Gesundheits- und Ausstiegsberatung für Sexarbeiter/innen vor.  Sexarbeiterinnen dürfen seit Inkrafttreten des P. nicht mehr in dem Raum schlafen, in dem sie ihre Dienstleistungen anbieten – Bordellbetreiber müssen getrennte Schlaf- und Waschräume anbieten. Das Gesetz soll Sexarbeiter/innen vor Zwangsprostitution, ungeschütztem und gewalttätigem Sex schützen. Interessenverbände und Beratungsstellen kritisieren das Gesetz: Die meisten Prostituierten, die nicht freiwillig arbeiten, würden weiterhin nicht erreicht. Die Sorge, mit einem Hurenausweis identifiziert werden zu können, treibe viele Frauen in die Illegalität.

Das Gesetz hat für Prostituierte in NRW auch positive Effekte, resümiert die Prostituierten-Beratungseinrichtung Kober.  So habe sich die Hygiene in vielen Häusern verbessert, auch die Rückzugsmöglichkeiten, Aufenthaltsräume und Beratungen wurden von vielen Frauen als hilfreich beschrieben. Die in vielen Sprachen abrufbare Lola-App unterstützt demnach viele  Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, um sich besser über ihre Rechte, Krankenversicherung, Prävention und Beratungsangebote zu informieren. 

Saunaclub/FKK-Club

Die Gäste bewegen sich im Handtuch oder Bademantel durch den Club. Im Eintrittspreis enthalten sind oft Getränke und Speisen. Neben Sauna und Dampfbad gibt es meist eine Bar und separate Bereiche, in denen männliche Besucher mit Prostituierten ins Gespräch kommen. Die Einnahmen werden zwischen der Frau und dem Clubbetreiber aufgeteilt. Die Frauen sind entweder festangestellt, oder sie arbeiten auf eigene Rechnung beziehungsweise für einen Zuhälter, der sie häufig zum Club bringt und wieder abholt. Insider gehen davon aus, dass ein Großteil der Frauen in den Clubs nicht unabhängig von Zuhältern arbeitet.

Sexarbeit/Prostitution

Sexarbeit und Prostitution sind nicht dasselbe. Sexarbeit ist der neutralere Begriff, er beinhaltet keine negative Bewertung. Eine Sexarbeiterin ist eine Dienstleisterin, die einen sexuellen Service anbietet, um damit Geld zu verdienen. Das Wort Prostitution ist negativ belegt: Im Lateinischen bedeutet es, etwas „nach vorne zu stellen“ – sich preiszugeben oder auszustellen. Prostitution wird verbunden mit einem patriarchalen System –  Bordellen, Zuhältern und Freiern, die die Regeln diktieren. Bei einer Frau, die auf den Straßenstrich geht, um ihre Drogensucht zu finanzieren, würde man eher von einer Prostituierten sprechen, bei einer Frau, die sich mit Escort-Service ihren Lebensunterhalt verdient, eher von Sexarbeiterin. Bei einer jungen Frau aus Osteuropa, die im Bordell Sex anbietet, ist die Unterscheidung schwieriger – wenn sie dort arbeitet, um die Existenz ihrer Familie zu sichern, spräche man von Sexarbeit, würde sie von ihrem Vater oder Bruder unter Druck gesetzt, anschaffen zu gehen, von Prostitution. 

Sozialdienst katholischer Frauen (SkF)

Anlaufstelle im Caritasverband für Frauen und Familien in Not. Seit mehr als hundert Jahren engagiert sich der SkF in Köln für Prostituierte, informiert sie über Rechte und Pflichten, unterstützt sie bei Sorgen in Familie und Partnerschaft und hilft den Frauen beim Ausstieg, wenn sie das wünschen. Die  Geschäftsstelle ist am Mauritiussteinweg in der Innenstadt, Telefon 0221/12695-0.

Verrichtungsbox

Garagenähnliche Boxen auf dem Straßenstrich an der Geestemünder Straße in Niehl. Das fußballfeldgroße, eingezäunte Gelände eröffnete im Oktober 2001. Freier fahren dort zunächst durch eine Kontaktzone und dann mit den Frauen in eine der acht Boxen, die in einer alten Scheune untergebracht sind. Es gibt auch Container für Fußgänger oder Radfahrer. In jeder Verrichtungsbox ist ein Alarmknopf an der Wand. Während der Öffnungszeiten sind Sozialarbeiter auf dem Gelände anwesend, Ordnungsamt und Polizei kontrollieren das Gelände regelmäßig.

Weißer Ring

Hilfsorganisation für Menschen, die in Deutschland Opfer von Kriminalität geworden sind. Die ehrenamtlichen Betreuer beraten auch immer wieder Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, unterstützen sie bei der Suche nach spezialisierten Rechtsanwälten, bei der Beantragung einer lebenslangen Opferrente oder mit der Zahlung einmaliger Soforthilfen bis zu 300 Euro. Zentrale Anlaufstelle auch für Menschen in Köln ist das Landesbüro in Düren, Telefon 02421/16622.

Zwangsprostitution

Eine besondere Form der Ausbeutung und seit 2016 ein eigener Straftatbestand neben dem Menschenhandel. Vor 2016 war der Begriff rechtlich nicht definiert. Bei Verurteilung drohen dem Täter zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft. Die meisten Opfer stammen aus Deutschland sowie aus Ost- und Südosteuropa. Häufig werden die Frauen angeworben, indem der Täter ihnen eine legale Arbeit etwa in der Gastronomie oder Hotellerie verspricht.

Schnell taucht der klischeehafte Gedanke auf, dass Ayla erstaunlich intelligent ist – als seien Prostituierte normalerweise eher schlichte Geschöpfe. Dass sie normal aussieht. Und doch im Kopf des Reporters nicht normal ist: Dass es schwerfällt, zu glauben, dass ihr „die Arbeit manchmal Spaß macht, weil die Männer auch dankbar sind“.

Spaß, in der Verrichtungsbox? „Wenn ich rückfällig werde, brauche ich Geld für Stoff“, sagt Ayla. „Aber manchmal finde ich den Job wirklich okay. Gezwungen werden nur Frauen, die nicht wissen, wie sie hier klarkommen, die von irgendwelchen Verwandten genötigt werden. Die sind abhängig von Typen. Ich bin nur abhängig von Drogen.“  

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