Mehr Geflüchtete vom WestbalkanStadt Köln warnt vor neuer Krise – Flüchtlingsrat kontert

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Betten und Flur in der Erstunterkunft für Geflüchtete am Südstadion.

Die Erstunterkunft am Südstadion in Köln.

Aktuell kommen pro Woche 100 Menschen aus den Westbalkan-Staaten in Köln an. Die Zahl der untergebrachten Geflüchteten steigt.

Der Kölner Sozialdezernent Harald Rau warnt vor einem „nicht kalkulierbaren Anstieg der Zuwanderung von unerlaubt eingereisten Personen aus den Westbalkanstaaten“. Aktuell registriere die Stadt „rund 100 unerlaubte Einreisen“ aus diesen Staaten pro Woche.

Anders als in den vergangenen Jahren seien viele Menschen aus Albanien, dem Kosovo, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien sowie Bosnien und Herzegowina in diesem Jahr nach den kalten Monaten nicht in ihre Heimatländer zurückgekehrt. „Die Stadt Köln kommt bei den Unterbringungsressourcen für Geflüchtete an ihre Kapazitätsgrenze“, so Rau.

Mehr als 11.000 Geflüchtete werden von der Stadt Köln untergebracht

Die Zahl der Geflüchteten, die von der Stadt Köln untergebracht werden, ist jüngst auf 11009 gestiegen (Stand 31. August). Es sei „zunehmend herausfordernd“, geeignete Aufstellflächen für Wohncontainer und andere zur Unterbringung geeignete Gebäude zu finden, sagte Rau dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Schon jetzt müsse in bestehenden Gemeinschaftsunterkünften „verdichtet belegt werden“.

In einer Sitzung des Sozialausschusses des Deutschen Städtetags hatte Rau jüngst dem Vernehmen nach gesagt: „Die Not steigt und die Stimmung in der Bürgerschaft droht zu kippen.“ An anderer Stelle hatte er von einer neuen „Flüchtlingskrise“ gesprochen. Die Stadt Köln verfüge momentan nicht über die vom Stadtrat beschlossenen 15.000 Reserveplätze für Geflüchtete.

Wegen hoher Zuwanderungszahlen hat die Landesregierung NRW angekündigt, schon bald mehr Geflüchtete aus den Landesunterkünften auf die Kommunen zu verteilen. Es sei derzeit unklar, weitere Geflüchtete nach Köln zugewiesen würden. Aktuell erhält Köln werden Köln keine Menschen aus Landesunterkünften zugewiesen, weil viele Menschen auf der Flucht Köln direkt ansteuern und die Stadt in der Verteilungsstatistik über der Zuweisungsquote liegt.

Dezernent Rau fordert, dass die Stadt eine „vollständige Erstattung der Kosten der Unterbringung und Integration von Geflüchteten durch Bund und Land sowie Vorhaltekosten für vorsorglich aufgebaute Unterkünfte“ benötige. Sonst sei die Akzeptanz in der Gesellschaft auf Dauer nicht gewährleistet.

Fakt ist indes auch, dass deutlich mehr ukrainische Geflüchtete als erwartet die Stadt Köln in diesem Jahr wieder verlassen haben. Die Zahl der Eingereisten aus den Westbalkanstaaten liegt dagegen höher als prognostiziert.

Mit seinen Aussagen fördert der Dezernent Ängste und Sorgen. Von einer Flüchtlingskrise kann keine Rede sein
Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats

Dass die Stadt Köln mit mehr Geflüchteten rechnet, ist lange bekannt. Von bis zu 15.000 sprach das Wohnungsamt schon vor einem Jahr.  „Wichtiger als die tagesaktuelle Unterbringung der Menschen ist die mittel- und langfristige Planung, um Wohnraum sicherzustellen“, sagt Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat.

Mit Aussagen wie „die Stimmung in der Bürgerschaft könnte kippen“ und Schlagworten wie „Flüchtlingskrise“ fördere Dezernent Rau „Ängste und Sorgen. Von einer Flüchtlingskrise kann momentan keine Rede sein“. Die Stadt habe genug Grundstücke und Immobilien, um Gemeinschaftsunterkünfte - wie politisch gewollt - mittelfristig abzuschaffen, so Prölß. „Innerhalb von zwei Jahren wäre das möglich.“ Statt von „Krise“ und „Kapazitätsgrenze“ zu reden, sollte „ein Klima der Solidarität“ geschaffen werden.

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