„Gold-Bärchen“ ersetzt die alten Bronzefiguren

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Uwe Caspari (v.l.), Beate Braun, Stephanie Uch, Thomas Schmidt und Caroline Michel präsentierten den Ersatzbären aus Pappmaschee – humorvoller Kommentar zu den verschwundenen Bronzebären.

Uwe Caspari (v.l.), Beate Braun, Stephanie Uch, Thomas Schmidt und Caroline Michel präsentierten den Ersatzbären aus Pappmaschee – humorvoller Kommentar zu den verschwundenen Bronzebären.

Nippes – Seinem historischen Vorbild kam der Pappmaschee-Bär kein bisschen gleich, und daran war Jacques Tilly schuld. „Ich hatte eine Skizze gemacht, ein Bär, der auf Pfoten läuft, aber Tilly sagte, das klappt nicht mit der Statik, er hat dann das Drahtgerüst gebaut“, erzählte Beate Braun, Mitglied in der Bürgerinitiative „Grüne Lunge“. Keine Kosten und Mühen hatte sie gescheut, war für einen Workshop bei dem bekannten Karnevalswagenbauer extra nach Düsseldorf gefahren, um die Großplastik herzustellen.

Die sah nun zwar eher wie ein überdimensionales Gummibärchen aus, sitzend, die Tatzen nach vorne ausgestreckt, verschmitztes Lachen im Gesicht, mit Goldfarbe angemalt. Doch schließlich ging es vor allem um den symbolischen Akt. Der Bär hatte nur eine sinnbildliche Funktion, er thronte auf einem Transportanhänger unter einem Zeltdach in der Parkanlage „Alhambra“. Die Bürgerinitiative „Grüne Lunge“ hatte zu dem Spaßevent eingeladen, wollte die Erinnerung an die zwei Bronzebären wachrufen, die einst im Westen der Grünanlage auf einem Mauersockel standen.

Es ging zu wie bei einer Vernissage, die Besucher unterhielten sich bei Sekt und Schnittchen, mehrere Infotafeln zur Geschichte des Anfang der 1920er Jahre angelegten Parks waren aufgestellt. Zu sehen gab es etwa ein historisches Foto aus dem Fundus des Nippeser Archivs für Stadtteilgeschichte, und das belegt: Überlebensgroß, auf vier Pfoten, so bewachten die Bären einst den Treppenaufgang zur Terrasse direkt an der Inneren Kanalstraße, gegenüber vom Fußballspielfeld. Seit vielen Jahren gelten sie als verschwunden. Die Terrasse mit der verwaisten Mauer ist nach wie vor erhalten, jedoch in verwahrlostem Zustand.

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Die Bürgerinitiative „Grüne Lunge“ besteht seit drei Jahren, damals veröffentlichte die Stadt den Plan, den Grünzug an der Inneren Kanalstraße zum Baugebiet zu erklären. Für die Schrebergärten des Vereins KGV Flora hätte es das Ende bedeutet, zahlreiche Schrebergärtner engagierten sich damals in der BI. Der Protest führte dazu, dass die Stadt den Plan zurücknahm. „Das Vorhaben ist zwar vom Tisch“, sagte Caroline Michel von der BI, „aber wir fürchten, es könnte nicht dabei bleiben, also haben wir uns gesagt, nö, wir bleiben mal lieber schön bestehen, aber in der Zwischenzeit, wenn Ruhe herrscht, nehmen wir uns was Schönes vor.“

Dazu gehört das Engagement für die Alhambra – die historische Parkanlage, geplant vom Gartenarchitekten Fritz Schumacher, hat deutlich glanzvollere Tage gesehen. Die letzte Sanierung geschah 1999, die Kosten betrugen 260 000 DM, es wurden sogar Wasserpumpe und Tank gelegt, doch der Brunnen ging nie in Betrieb. Und der Park verfiel in einen Dornröschenschlaf. Immerhin habe sich die Bezirksvertretung Nippes erneut des Themas angenommen, erzählte Beate Braun.

Das war im November 2018, die BV bat die Stadt zu prüfen, ob eine Inbetriebnahme des Brunnens nicht doch möglich sei. Eine Antwort steht aus. Um den Aufenthalt angenehmer zu gestalten, wünsche sie sich eine deutlich höhere Hecke, sagte Braun. „Das wäre ein Schallschutz, es gäbe mehr Ruhe.“ Dass die Alhambra lärmumtost liegt, ist eine Folge der Stadtplanung in den 70er Jahren. Damals wurde die Innere Kanalstraße zur Ausfallstraße ausgebaut, anfangs vierspurig, jetzt sechsspurig. Zeitzeugenberichte aus den 1920er Jahren sprächen noch von einer „himmlischen Ruhe“, berichtete Stadtteilhistoriker Reinhold Kruse, der beim Bären-Event vorbeischaute.

Seit 20 Jahren bemühe er sich herauszufinden, was mit den Bronzebären geschehen sei, bislang ohne Erfolg. „Es ist eine schöne Herausforderung, das spornt mich irgendwie an.“ In humorvollem Ton fügte er hinzu: „Ich bin überrascht, nun diesen Ersatzbären vorzufinden.“ Bekannt sei, dass die Bronzebären eingelagert wurden. Den Vorgang beschreibe Henriettte Meynen in ihrem Buch über die Kölner Grünanlagen, „in einem Depot stehend“ heiße es darin. Zum Lagergut habe auch eine Jungenfigur gehört, die auf dem Brunnensockel montiert war. Um welches Depot es sich handelte, das wisse er ebenfalls, so Kruse. „Das gibt es noch, ein Bauernhof in Bocklemünd, ich habe sogar schon mal den Bauern gefragt, ob ich Zugang haben kann, aber immer hieß es, keine Zeit oder weiß ich nicht, das finde ich mysteriös.“ Bei nächster Gelegenheit werde er noch einmal den Stadtkonservator ansprechen, nahm sich Kruse vor.

BÄREN GESUCHT

Die Bürgerinitiative „Grüne Lunge“ und der Stadtteilhistoriker Reinhold Kruse fahnden beide nach den Bronzebären aus der Alhambra und sind für Hinweise aus der Bevölkerung dankbar. Wer etwas beizutragen hat, kann sich telefonisch unter 0221/76 31 48 an Kruse wenden. Die Initiative ist über ihre Homepage zu erreichen. (kaw) https://www.gruene-lunge-koeln.de

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