Hitze in Köln„In den kommenden Monaten dürfte es überdurchschnittlich warm werden“

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Der Aachener Weiher und das Stadtpanorama. Im Hintergrund sind der Colonius, der Köln-Tower im Mediapark und der Kölner Dom zu erkennen.

Die Temperaturen in Köln dürften auch in den kommenden Wochen hoch bleiben, erklärt ein Experte vom Deutschen Wetterdienst.

Das große Schwitzen geht weiter. Eine interaktive Auswertung zeigt, wie stark die derzeitigen Temperaturen in Köln von der Referenzperiode abweichen. Ein Experte ordnet die Daten ein.

Wenn Sie an die Sommer Ihrer Kindheit zurückdenken, kommt es Ihnen dann auch so vor, als seien solch heiße Tage, wie wir sie seit einigen Jahren so gut wie jeden Sommer erleben, damals eine Seltenheit gewesen? Temperaturen über der 30-Grad-Marke, nahezu ausgetrocknete Seen und Flussbetten, erhöhte Ozonwerte – klar, das gab es auch in der Vergangenheit immer mal wieder. Aber nicht so früh im Jahr, so lange am Stück und so häufig. Und wenn doch, dann war gleich von einem „Jahrhundertsommer“ die Rede. Oder?

Aktuelle Temperaturen in Köln im langjährigen Vergleich

Wir haben uns die Daten für Köln genauer angeschaut und die durchschnittliche Tagestemperatur seit Jahresbeginn mit den durchschnittlichen Temperaturen in der Referenzperiode 1961 bis 1990 verglichen. Die Ergebnisse zeigen ganz eindeutig: Es ist wärmer als früher. Zu warm. Im Schnitt lagen die Temperaturen seit Jahresbeginn 2,2 Grad über den Werten aus dem Vergleichszeitraum. 

Zum Vergleich: Laut dem Pariser Klimaabkommen soll die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzt werden. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass das Klimaziel eigentlich schon jetzt nicht mehr einzuhalten ist? Nein, das kann man daraus nicht schließen, wie Guido Halbig vom Deutschen Wetterdienst erklärt: „Das Pariser Abkommen bezieht sich auf die globale Jahresmitteltemperatur. Diesen Wert können wir nicht mit dem Deutschlandmittel vergleichen. Denn auf den Landflächen in Europa steigen die Temperaturen deutlich schneller als der globale Wert, der auch die Ozeane einschließt.“

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Im aktuellen Bericht des Weltklimarats (IPCC) wird die bisherige globale Erwärmung mit 1,1 Grad verglichen zum vorindustriellen Zeitalter angegeben. Als vorindustrielles Niveau definiert der IPCC die Zeitspanne von 1850 bis 1900.

In Deutschland werden unterschiedliche Methoden zur Bestimmung der Erwärmung verwendet. Der Erwärmungstrend, die offizielle Methodik des Deutschen Wetterdiensts, gibt die bisherige Erwärmung hierzulande mit 1,7 Grad Celsius an. „Verwendet man ein Verfahren analog zum IPCC-Verfahren, ergibt sich als Erwärmung für Deutschland der Wert plus 2,0 Grad Celsius“, erklärt Halbig. „Das zeigt, dass es unerlässlich ist, die genaue Methodik und die Perioden zu benennen, wenn von einer globalen oder regionalen Erwärmung gesprochen wird.“

Klimaphänomen El Niño sorgt für hohe Temperaturen

So oder so – der Temperaturtrend zeigt deutlich nach oben. Dazu dürfte in diesem Jahr auch das Klimaphänomen El Niño beitragen. „El Niño ist weltweit mit höheren Temperaturen verbunden“, erklärt Halbig. „Die Weltorganisation für Meteorologie erwartet weltweit ein Jahr mit deutlich erhöhten Temperaturen. Auch in Deutschland dürfte es in den kommenden Monaten überdurchschnittlich warm werden.“

Ob das Jahr insgesamt zu warm ausfallen wird, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht sagen. Darüber gibt erst der Jahresmittelwert Aufschluss – der jedoch erst nach Jahresende ausgewertet werden kann. Bislang lagen die Temperaturen allerdings an den meisten Tagen deutlich über den Werten der Referenzperiode.

Zwar gab es auch Tage, die im Vergleich zur Referenzperiode kühler ausgefallen sind. So lag die Durchschnittstemperatur am 29. Januar, dem bislang kältesten Tag des Jahres, beispielsweise bei -1,9 Grad Celsius – und damit rund 4,5 Grad Celsius unter dem Vergleichswert der Jahre 1961 bis 1990. Abweichungen nach oben treten aber häufiger und vor allem stärker auf: Kälter als die durchschnittliche Tagestemperatur in der Referenzperiode war es in diesem Jahr an 50 Tagen, wärmer hingegen an 126 (Stand: 26. Juni 2023).

Das Jahr 2023 startete in Köln bereits viel zu warm

In den vergangenen sieben Tagen lagen die Temperaturen im Schnitt übrigens 5,3 Grad über der Referenzperiode. Die kindlichen Erinnerungen an niedrigere Temperaturen in der letzten Schulwoche täuschen also tatsächlich nicht.

Doch nicht nur der Sommer startet zu warm: Der Tag mit der höchsten Temperaturabweichung war der 1. Januar. Neujahr verbrachten die Kölnerinnen und Kölner bei frühlingshaften 13,5 Grad Celsius – die Durchschnittstemperatur in der Referenzperiode liegt bei gerade einmal 1,4 Grad.


Daten und Methodik: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) veröffentlicht seit dem Jahr 1958 die tägliche mittlere Lufttemperatur, die an der Messstation am Flughafen Köln/Bonn erfasst wird. Daraus haben wir für jeden Tag des Jahres die Durchschnittstemperatur für die Jahre von 1961 bis 1990 berechnet. In der Klimawissenschaft gilt dieser Zeitraum als geeigneter Vergleichswert, um die langfristige Erwärmung zu ermitteln. Diesem langjährigen Mittelwert haben wir die durchschnittliche Tagestemperatur seit Beginn des Jahres 2023 gegenübergestellt.

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