Jetzt rege ich mich aufMuss man für Geld wirklich alles tun, AC/DC und Europe?

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Ist es okay, dass AC/DC für sehr viel Geld auf einer Hochzeit auftritt?

  • In seiner neuen Kolumne „Jetzt rege ich mich auf” bewertet Frank Nägele die aktuelle Nachrichtenlage. Diesmal geht es um den Auftritt von Musikern bei der Hochzeit von Real-Star Sergio Ramos und die Frage: Ist das noch Rock'n'Roll?
  • Oder einfach nur schäbig? Und apropos Rock'n'Roll: Auch zur „Viva-Colonia”-Einlage von Metallica neulich im Kölner Rhein-Energie-Stadion hat Nägele eine ziemlich klare Meinung.

Ich würde gern einmal wissen, wem das Recht an der Musik gehört. Ob man es sich einfach kaufen kann. Die große Musik unserer Zeitgeschichte, die gehört doch uns allen? Oder etwa nicht? Sergio Ramos, Kapitän des Fußball-Superklubs Real Madrid und vermutlich härtester Spieler der Welt, wollte zu seiner Hochzeit am Sonntag in Sevilla die Rock’n’Roll-Band AC/DC auftreten lassen. Hinter verschlossenen Türen, nur für sich und seine Gäste.  Angeblich wollte er sich den Spaß, den er seine Frau Pilar Rubio als Geschenk zugedacht hatte, eine Million Euro kosten lassen. Weil alles so geheim war, sickerte erst mit Verspätung durch, dass am Ende dann doch die schwedische Band "Europe" auftrat und ihren Ohrwurm "The Final Countdown" abnudelte .

Kann schon sein, dass man so etwas im Zeitalter des totalen Konsums normal finden muss. Aber mich regt das wahnsinnig auf. Ich habe AC/DC 1977 in Stuttgart als 16-Jähriger an einem Ort namens Gustav-Siegle-Haus gesehen, als die noch kein Schwein kannte. Fünf verrückte Australier mit beinharten Riffs, der junge Angus Young mit einem Schulranzen auf dem Rücken. Für 10 Mark.

Frank Nägele ist Redakteur im Sport-Ressort. In seiner Kolumne schreibt er über alles, was (ihm) im Leben wirklich wichtig ist.

Frank Nägele ist Redakteur im Sport-Ressort. In seiner Kolumne schreibt er über alles, was (ihm) im Leben wirklich wichtig ist.

Nach Jahren des schwülstigen Bombast-Rocks war das wie eine Ohrenspülung mit Nitroglyzerin. Ich habe AC/DC geliebt und verehre heute noch alles, was mit dem tragisch verstorbenen Sänger Bon Scott entstand. Und vieles von dem danach verzeihe ich ihnen. Und alleine die Vorstellung, dass die Australier kurz davor waren, sich für einen Privatauftritt kaufen zu lassen, ist schwer erträglich.

Es ist mir schon klar, dass AC/DC seit Jahrzehnten etwas für Jedermann ist und vom musikalischen Anspruch gar nicht so weit entfernt vom One-Hit-Wonder Europe. Drei Akkorde, die jedes Stadion der Welt füllen, etwa so wie Metallica, die letzte Woche im Rhein-Energie-Stadion auf die Schnapsidee kamen, zur Volksbelustigung „Viva Colonia“ vom Blatt zu spielen. Igitt! Wie dem auch sei: AC/DC sind für mich ein Stück Kulturgeschichte. Und es ist unglaublich, dass ein dahergelaufener Fußballer, auch wenn er im Geld schwimmt, Musik, die allen gehören sollte, einfach so für sich und seine Braut kaufen kann. Der Vorwurf richtet sich aber nicht an ihn, sondern an die Herren, die einmal Rock’n’Roller waren. Welchen Grund haben sie, da aufzutreten und eine Million zu kassieren? Jeder von ihnen besitzt doch schon acht Lamborghinis und Häuser auf mindestens drei Kontinenten. Sie haben mehr Geld als Blut in ihren Adern. Und wenn sie Fans des Fußballers Sergio Ramos wären, hätten sie umsonst für ihn gespielt.

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Es ist auch keine Entschuldigung, dass die halbe Pop-Welt schon Geburtstagsständchen für eine Heerschar von Diktatoren gegeben hat. Es ist Rock’n’Roll. Es ist das Gute. Und jetzt muss ich zur Beruhigung Bob Dylan hören. Der tut so etwas nicht. Nicht für alles Geld der Welt. Vorher dreht er ihr den Rücken zu.

Frank Nägele, Redakteur im Sport-Ressort, schreibt an dieser Stelle über alles, was (ihm) im Leben wirklich wichtig ist. 

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