Zum Tod von Joachim SchürmannMit diesen Bauwerken hat er Köln geprägt

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Eine Nahaufnahme von Joachim Schürmann in schwarz-weiß.

Der bekannte Kölner Architekt Joachim Schürmann ist im Alter von 96 Jahren gestorben.

Der Kölner Architekt Joachim Schürmann ist am 8. Dezember im Alter von 96 Jahren verstorben, teilte seine Familie am Dienstag (13. Dezember) mit. Sein architektonisches Wirken in Köln ist von weitreichender Bedeutung.

Kaum ein Architektenname dürfte in Deutschland so bekannt sein wie der von Joachim Schürmann. Das liegt natürlich maßgeblich daran, dass der Kölner Architekt untrennbar mit dem als Abgeordnetenhaus geplanten Schürmann-Bau in der Bonner Rheinaue verbunden ist. Und damit leider auch mit dessen unseliger Geschichte samt Hochwasserschaden, jahrelangem Baustillstand und anschließendem Wegfall der Nutzung durch Regierungsumzug.

Heute ist der Schürmann-Bau, seit 2002 Sitz der deutschen Welle, einer der Glanzpunkte des einstigen Bonner Regierungsviertels. Gelegen zwischen Helmut Jahns Posttower und Egon Eiermanns heute von den UN genutztem „Langen Eugen“, behauptet sich Schürmanns Architektur in ihrer klaren, zeitlosen Moderne ganz selbstverständlich gegen die Hochhäuser der Kollegen. Es hat, wie er einst sagte, jedenfalls gefreut, dass er die Renaissance des Baus nach jahrelanger Hängepartie, selbst ein Abriss des Rohbaus wurde erwogen, überhaupt noch erlebt hat.

Joachim Schürmann – Wichtige Eckpfeiler seines Lebens in Köln

Am 8. Dezember ist Joachim Schürmann gestorben, das teilte seine Familie am Dienstag mit. Er wurde 96 Jahre alt, den größten Teil seines Lebens verbrachte er in Köln, wo er 1956 nach dem Studium an der TH Darmstadt zusammen mit seiner Frau Margot sein erstes eigenes Büro gründete.

1957 baute er an der Enckestraße im Stadtteil Lindenthal sein eigenes Haus, in dem Schürmann bis ins hohe Alter residierte, arbeitete und Besucher empfing. Der inspirierende Flachbau, dessen weite Fensterflächen den umgebenden Garten in das Haus hinein holten, war gerade in den letzten Jahrzehnten der Fixpunkt des Architekten, der noch jenseits der 90 regen Anteil an der Arbeit seines Büros nahm.

Schürmanns architektonische Werke in Köln: Kirchensanierung und -Neubau

Bundesweit war seine Bekanntheit, bundesweit baute er auch, dennoch ist ein großer Teil seiner Werke in Köln zu bewundern. Er hat die Stadt mitgestaltet, auch wenn manch wesentliche Arbeit heute gar nicht mehr sofort auf ihn zurückgeführt wird. Etwa der Wiederaufbau von Groß Sankt Martin, bis zur weitgehenden Zerstörung im Zweiten Weltkrieg zentraler Fixpunkt der Kölner Stadtansicht.

Mehr als 20 Jahre widmeten Schürmann und seine Frau der Wiederherstellung des romanischen Kirchenbaus und setzten mit ihrer zurückgenommenen Gestaltung Maßstäbe für den Umgang mit dem zerstörten Kulturerbe. Als Glücksfall auch für den Kirchenbau selbst stellte sich die parallel zur Sanierung begonnene Bebauung ihres Umfeldes durch Margot und Joachim Schürmann heraus. Mit einer maßstabsgerechten Wohnbebauung schirmten sie die Kirche ab und schufen mitten in der quirligen Altstadt eine Zone von überraschender Ruhe, die 1981 gar mit dem Deutschen Architekturpreis ausgezeichnet wurde.

Der Intendant der Deutschen Welle, Erik Bettermann, Architekt Joachim Schürmann, der Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, Georg-Wilhelm Adamowitsch und Staatsminister für Kultur, Julian Nida-Rümelin (v.l.), stehen am Donnerstag (27.06.2002) bei der Schlüsselübergabe im Schürmann-Bau in Bonn.

Der Schürmann-Bau in Bonn war ursprünglich als Parlamentsgebäude geplant und dient nun als Funkhaus der Deutschen Welle.

Neben der Sanierung von Groß Sankt Martin stehen auch mehrere Kirchenneubauten auf Schürmanns Werkliste, so plante er Ende der 1950er Jahre für eine Bayer-Werksiedlung im rechtsrheinischen Flittard die Kirche St. Pius X., fast parallel dazu entstand der Neubau der ebenfalls im Krieg zerstörten Pfarrkirche St. Stephan in Lindenthal.

Projekte des Architekten in der Kölner Innenstadt

Doch Schürmanns eigentliches Wirkfeld war die Kölner Innenstadt. Hier allerdings gelangen ihm nicht alle Projekte so, wie er sich das gewünscht hätte. So beschäftigte er sich bereits seit 1971 intensiv mit dem (nach den Wiederaufbaujahren weitgehend als Parkplatz genutztem) Rathausvorplatz. Für diesen entwarf er gleich mehrere Varianten eines „Jüdischen Museums“ – ein Projekt, das der Stadtrat nach intensiver Lobbyarbeit eines Fördervereins zwar akzeptierte, aber einen Architektenwettbewerb vorschaltete. Das schmerzte Schürmann lange, dennoch beteiligte er sich auch am Wettbewerb noch mal, blieb aber letztlich erfolglos.

Gleich nebenan, nämlich unter dem Alter Markt, führte der Streit zwischen Architekt und Bauherr über die finale Gestaltung der neuen Haltestelle „Rathaus“ für die Nord-Süd-U-Bahn gar zum Rückzug Schürmanns aus dem Projekt.

Und auch sein gewaltiges Briefpostzentrum an der Stolkgasse, gebaut noch direkt angrenzend an die historische Hauptpost, löste zwar die Aufgabe, einen Zweckbau für fast industrielle Nutzung ohne größere Schäden mitten ins Stadtzentrum zu setzen, mit Bravour. Doch der (aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbare) Abriss der Hauptpost für ein architektonisch belangloses Altersheim, vielmehr aber der Abzug der gesamten Brieflogistik aus der Innenstadt und anschließend mehrere Besitzerwechsel sorgten dafür, dass auch dieser Schürmann-Bau seit Jahren mit ungeklärter Nutzung leer steht.

Menschliche Architektur mit besonderen Werten

Nicht nur das Schicksal seines Briefpostzentrums beschäftigte Schürmann noch im hohen Alter, auch von seinen anderen Bauten erzählte der Architekt seinen Besuchern in Lindenthal immer wieder mit ansteckender Leidenschaft. Joachim Schürmann, in Viersen geboren, in Dresden aufgewachsen, war den Menschen zugewandt. Und das spiegelt sich in seiner Architektur wider: Konsequent modern baute er, das schon. Allerdings war sein Maßstab immer ein menschlicher, er verband Funktionalität mit Blick für die Einfachheit, dabei aber stets mit großem Sinn für Schönheit.

Und er verstand es meisterlich, seine Projekte in das jeweilige städtebauliche Umfeld einzufügen. Das alles verschaffte ihm einen Platz in der ersten Liga der deutschen Architekten, auch wenn ihm der weltweite Erfolg der nachfolgenden Generationen versagt blieb. Doch vielleicht hat er ihn auch gar nicht vermisst, denn auch so war er hochdekoriert, neben dem Deutschen Architekturpreis etwa mit dem Großen BDA-Preis, mit dem der Bund Deutscher Architekten im Jahr 2008 Schürmanns Lebenswerk würdigte.

Schürmanns Wirken in Köln und ganz Deutschland

Joachim Schürmann hinterlässt zwei Söhne und zwei Töchter, die ebenfalls als Architekten und Architektinnen arbeiten. Nach Oswald Mathias Ungers, nach Gottfried Böhm, der erst 2021 im Alter von 101 Jahren starb, ist nun mit Joachim Schürmann der allerletzte Protagonist jener herausragenden Kölner Architektengeneration der frühen Bundesrepublik gegangen. Ihr Wirken, so unterschiedlich es auch war, es prägte nicht nur die Stadt, es prägte ein ganzes Land.

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