Kölner TraditionsfirmaTrotz Billigkonkurrenz – Warum „Betten Sauer“ seit 200 Jahren besteht

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Inhaber Michael Gouram mit Fässern voller Daunen, im Hintergrund Daunendecken.

Inhaber Michael Gouram setzt bei seinen Daunen auf Nachhaltigkeit und gute Tierhaltung.

Die Firma Betten Sauer wird 200 Jahre alt, damit ist sie wahrscheinlich das älteste Bettenhaus in Deutschland. 

Mit der Postkutsche kam der Begründer der Betten-Dynastie vor 200 Jahren aus Böhmen nach Köln. Aus seiner Heimat brachte er Federn und Daunen mit und verkaufte die wertvolle Ware aus seinem Hotelzimmer im „Zum Roten Elefanten“ heraus. Schon bald ging das aber den herkömmlichen Weg: Das erste Geschäft wurde am 1. April 1823 an der Großen Neugasse 20 eröffnet.

Zwei Frauen mit langen Schürzen stehen vor einem Laden.

Das erste Haus der Firma in der Großen Neugasse.

200 Jahre später gibt es die Firma immer noch – am Brücker Mauspfad und Michael Gouram ist der Chef. Vorne im vor kurzem renovierten Laden stehen große Fässer mit Federn und Daunen – da sind die flaumigen Unterfedern –, damit die Menschen fühlen und im wahrsten Sinne des Wortes begreifen können, was sie da in ihren Decken und Kissen haben. Michael Gouram setzt auf Nachhaltigkeit und gute Tierhaltung. „Wir haben vor fünf Jahren die Marke 'Bergische Daune' gegründet.“

Daunen vom Bauerngut in Lohmar 

Federn und Daunen kommen vom Bauerngut Schiefelbusch in Lohmar. „Da leben die Gänse sehr gut und sie werden nicht bei lebendigem Leibe gerupft, wie es in der Massenhaltung vorkommt.“ Fast ein Drittel der Decken und Kissen, die bei Sauer verkauft werden, haben die „Bergischen Daune“ in sich.

Der gebürtige Kölner Michael Gouram kam 1999 in das Familienunternehmen. Er ist ganz ehrlich, als Bettendecken-Verkäufer sah er sich zunächst nicht. „Erst dachte ich: Da langweile ich mich bestimmt so wie Al Bundy aus ‚Eine schrecklich nette Familie‘ in seinem Schuhladen.“ Doch dann packte ihn schnell die Faszination. Denn: „Menschen verbringen nun mal sehr viel Zeit im Bett – und es gibt immer mehr Schlafprobleme und Allergien.“ Und damit immer mehr Beratungsbedarf.

Köln: Chef Heinz Sauer übergab die Firma an Angestellten

2014 übergab sein Chef Heinz Sauer ihm die Firma, denn es gab keine direkten Nachkommen. Bis 2019 arbeitete Heinz Sauer noch mit, ehe er sich endgültig zur Ruhe setzte. „Es ist mir eine große Ehre, dass ich den Namen weiterführen darf“, sagt Gouram. Sauer ist schließlich die wohl älteste Bettwarenhandlung in Deutschland. Widersprochen hat das bisher jedenfalls niemand, so Gouram.

Die Firma hat harte Zeiten überstanden. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Geschäft, das sich inzwischen in der Martinstraße in Gürzenich-Nachbarschaft befand, zerbombt. Mit allem, was übrig war, zog man zunächst in das Privathaus der Sauers nach Brück. In der Nachkriegszeit hielt man sich mit Bettfederreinigung, Matratzenherstellung, Aufarbeitung von Polstermöbeln und Gardinenfertigung über Wasser. Der gute Ruf verfestigte sich. In der Spitze hatte Sauer drei Filialen, unter anderem an der Dürener Straße.

Betten Sauer hat eine eigene Schneiderin, die Bettdecken näht

Die Kundschaft ist „eher älter“, so Gouram. Junge Leute können und wollen noch nicht so viel Geld für Matratzen und Bettzeug ausgeben. „Und sie haben auch noch nicht so viele Wehwehchen.“ In späteren Jahren würden sich dagegen zahlreiche Probleme durch falsche Matratzen verstärken. In Brück werden Kunden mit einem Ganzkörpergerät vermessen und dementsprechend die Matratzen gefüllt. Ein leichter, schmaler Mensch braucht schließlich eine andere Unterlage als ein schwerer Mensch mit Hüftschaden.

Die Firma macht auch Hausbesuche, um Lattenroste richtig einzustellen. Es gibt eine Schneiderin, die die Bettdecken näht. Und es gibt riesige Daunen-Waschmaschinen im Keller. Das Ganze hat natürlich seinen Preis. Eine Daunendecke kostet bis zu 450 Euro. „Bei richtiger Pflege hält die aber auch 20 Jahre.“ Alle zwei Jahre sollte sie gereinigt werden.

Michael Gouram vor großen Waschmaschinen.

Im Keller stehen die riesigen Waschmaschinen.

Die teuerste Decke des Geschäfts liegt wie ein Schmuckstück unter Glas in einer Vitrine. Sie ist mit Eiderdaunen gefüllt. Die kommen aus Island und stammen von Eiderenten. Sie polstern ihre Nester mit dem Flaum zum Schutz der Brut vor der eisigen Kälte. Die Decke wiegt nur 560 Gramm, hält sehr warm und kostet stolze 4000 Euro. „Sie kann bis zu 40 Jahre halten. Wir haben gerade sogar eine von 1970 aufgearbeitet.“ Ein „paar Exemplare“ würden davon pro Jahr verkauft.

Die Geschäfte laufen so gut, dass Michael Gouram im Sommer eine Filiale in Siegburg eröffnen wird. Trotz oder wegen der Billigkonkurrenz: „Die Leute wollen Fachgeschäfte, in denen sie etwas anfassen und ausprobieren können.“ Er hat ein sehr junges Team um sich geschart und macht jetzt auch auf Instagram Werbung. Ende des Monats wird das Jubiläum groß gefeiert, standesgemäß in der Flora.

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