Keinen Kitaplatz bekommenStadt muss Kölner Familie 2000 Euro Verdienstausfall zahlen

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Markus Fünger mit seiner Tochter Klara

  • Viele Eltern in Köln gehen bei der Vergabe von Betreuungsplätzen leer aus.
  • So auch Familie Fünger, die vergeblich auf einen Platz für ihre Tochter Klara gewartet hat. Vater Markus Fünger wollte das nicht hinnehmen und hat geklagt.
  • Es gehe ihm darum, die Stadt in Sachen U3-Betreuung in die Pflicht zu nehmen, sagt Fünger. Sein Kampf soll anderen Eltern Mut machen.

Junkersdorf – Das erste Lebensjahr mit ihrer gemeinsamen, im Jahr 2015 geborenen Tochter hätten sich Markus Fünger und seine Frau ein ganzes Stück entspannter vorgestellt. Weil beide berufstätig sind, hatten sie bereits kurz nach der Geburt ihren Bedarf nach einem U3-Betreuungsplatz angemeldet; ab ihrem ersten Geburtstag sollte Tochter Klara tagsüber versorgt werden.

Elternzeit unfreiwillig verlängert

Doch auf den Kindergartenplatz warteten sie, trotz des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr, zunächst vergeblich – deshalb blieb Markus Fünger nichts anderes übrig, als seine Elternzeit unfreiwillig zu verlängern: Er ließ sich von seinem Arbeitgeber unbezahlt, für maximal sechs Monate, freistellen. Doch dann hatte die junge Familie Glück im Unglück: Bereits nach einem Monat fanden sie einen Platz, zunächst in einer teureren privaten Kita. Wiederum sechs Monate später war dann endlich der U3-Platz in einer Tageseinrichtung, die mit „regulären“ Tarifen arbeitet, gefunden.

Klage auf Schadensersatz

Wegen seines Verdienstausfalls während der Freistellung machte er bei der Stadt Schadensersatz geltend – und hat vor kurzem einen Teilerfolg errungen: Vor dem Landgericht Köln wurde ein Vergleich geschlossen. Demnach hat ihm die Stadt 2000 Euro als Ausgleich für das entgangene Einkommen zu zahlen, womit sämtliche Ansprüche seinerseits abgegolten sind; zudem hat die Stadt drei Viertel der Prozesskosten zu tragen.

Mit dem Ablauf der 14-tägigen Widerspruchsfrist wurde der Vergleich nun rechtskräftig. „Es ist zwar keine Riesensumme, aber es ging uns auch ums Prinzip“, erläutert der 37-Jährige, der mit seiner mittlerweile fünfjährigen Tochter vor Gericht erschienen war. „Ich will ebenfalls Betroffenen, die trotz Rechtsanspruchs keinen Kitaplatz bekommen, Mut machen, ebenfalls dagegen vorzugehen.“ Seiner Information nach würden nämlich kaum Eltern den Rechtsweg beschreiten, die trotz Anmeldung eines Betreuungsbedarfs leer ausgegangen sind.

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Gegen die Stadt Köln prozessiert

Neben dem bundesweit seit 1996 geltenden Recht auf einen Kindergartenplatz ab dem dritten Lebensjahr ist seit 2013 im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ein Rechtsanspruch auf Betreuung auch für Kinder ab einem Jahr verankert. Hierbei ist, im Gegensatz zur verbindlichen Kinderbetreuung in einer Tagesstätte ab dem Alter von drei Jahren, eine Betreuung sowohl in einem U3-Kindergarten als auch alternativ in der Kindertagespflege möglich – also bei Tagesmüttern oder -vätern. „Ich stand insgesamt mehr als drei Jahre im Rechtsstreit mit der Stadt; der erste Briefwechsel ging im November 2016 los“, erinnert sich Fünger. Während der Auseinandersetzung habe sich die Stadt wenig bis gar nicht gerührt und zeigte sich wenig zugänglich, kritisiert er. „Letztlich ließ sie es auf den Prozess ankommen.“

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Einen Kitaplatz für ein einjähriges Kind zu bekommen, ist in Köln noch immer schwierig. 

Verhandlung endet mit Vergleich

Am Verhandlungstag sollte es dann ganz schnell gehen: Nicht einmal 15 Minuten dauerte die Verhandlung, die sich im Wesentlichen auf die Verlesung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags beschränkte. „Es sollte denkbar sein, hier eine Einigung zu finden“, hatte der Vorsitzende Richter der 5. Zivilkammer noch angemerkt. Und so sollte es dann auch kommen. „Wir sind nun glücklich, die Sache endgültig hinter uns zu haben. Das Ganze wäre aber auch einfacher zu regeln gewesen“, bilanziert Fünger. „Letztlich geht solch ein Rechtsstreit ja auch auf Kosten der Allgemeinheit.“ Immerhin hatte sich die Stadt in einem Punkt schon zuvor erkenntlich gezeigt, und der Familie die Differenz zwischen der teureren Privat-Kita und dem Regelsatz für Eltern in einer öffentlichen Kita erstattet.

Aktuell sechs Verfahren wegen Verdienstausfall 

Wie die Stadt erläutert, gebe es in Köln einige vergleichbare Fälle. „Derzeit sind sechs Verfahren zu Verdienstausfällen anhängig. Bezüglich sämtlicher Verfahren befinden wir uns in Vergleichsverhandlungen“, so Pressesprecherin Nicole Trum. In den vergangenen Jahren hat die Ausstattung insbesondere mit Betreuungsplätzen für unter Dreijährige deutliche Fortschritte gemacht, weil viele Kitas neu eröffnet oder ausgebaut wurden. „Die Versorgungsquote liegt in Köln aktuell für U3-Kinder bei 42 Prozent.“ Bei den Über-Dreijährigen seien es mittlerweile 96 Prozent. Genaue Zahlen darüber, wie viele Kinder unfreiwillig nicht versorgt sind, lägen jedoch nicht vor.

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