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Alte Liebe rostet nicht75-jährige Helga Müller erregt mit ihrem Mercedes-Cabrio Aufsehen

3 min
Seit fast 40 Jahren ist Helga Müller mit ihrem Benz unterwegs, nur die Kommentare aus der Männerwelt stören sie ein wenig.

Seit fast 40 Jahren ist Helga Müller mit ihrem Benz unterwegs, nur die Kommentare aus der Männerwelt stören sie ein wenig.

Wegen bissiger Kommentare hatte Helga Müller den Wagen zuerst regelrecht versteckt.

Helga Müller (75) über ihren Mercedes

Typ: Mercedes-Benz 300 SL

Baujahr: 1986

PS: 180

Hubraum: 2962 ccm

Zylinder: 6

Km/h max: 200

Verbrauch: 12 Liter

Gebaute Exemplare: 13742

Neupreis: 65 000 D-Mark

Kennengelernt haben sich Helga Müller und ihr Partner Rolf über ihre Autos: Sie fährt einen schnittigen Mercedes 300 SL, er hält in Holweide einen ganzen Fuhrpark an historischen Pkw und Motorrädern in Schuss. Gemeinsamkeiten gab es also von Anfang an genug. Als beide verwitwet waren, wurden Helga und Rolf ein Paar und pflegen nun zusammen ihre Oldtimer. Wobei der 300 SL nicht viel Aufmerksamkeit benötigt. Aufmerksamkeit erregen kann der Wagen umso besser.

Deshalb habe ich ihn:

Helga Müller: Mein verstorbener Mann hat den Mercedes 1986 neu gekauft. Er war schon immer Fan der Marke und wollte nun unbedingt ein Cabrio haben. Erst war mir der SL zu teuer und zu protzig, aber mein Mann war da anders. Als Steuerberater hatte er das Geld.

Zeitloser Klassiker: Der Mercedes der Baureihe 107 wurde von 1971 bis 1989 produziert.

Zeitloser Klassiker: Der Mercedes der Baureihe 107 wurde von 1971 bis 1989 produziert.

Es gab viele bissige Kommentare von seinen Mandanten zu dem Auto, nach dem Motto: „Mindestens einen Reifen davon habe ich bezahlt.“ Deshalb haben wir den Benz am Anfang regelrecht versteckt. Dann sind wir offen damit umgegangen. Wir hatten uns das Geld schließlich ehrlich erarbeitet. Die nicht ganz unauffällige Farbe ist übrigens meine Idee. Ich bin Rot-Fan.

Das kann er:

Helga Müller: Mit meinem Mann bin ich damit an die Mosel gefahren, in die Schweiz oder nach Frankreich bis nach Monaco. Dieses Freiheitsgefühl bei offenem Verdeck ist natürlich herrlich. Das Auto erinnert mich immer an meinem Mann. Heute genieße ich die Ausfahrten zusammen mit Rolf. Zum Geburtstag schenken wir uns gegenseitig Überraschungstouren in die Umgebung. Wir wissen dann vorher nie, wohin es geht. Aber dass wir den Mercedes nehmen, steht immer fest. Solange ich lebe, werde ich dieses Auto nicht verkaufen.

Das kann er nicht:

Helga Müller: Alleine bin ich nicht so gerne mit dem Cabrio unterwegs. Die Kerle gucken einen oft komisch an, von wegen: Wie kommt die an so ein Auto, was macht die beruflich? Wahrscheinlich ist es nicht üblich, dass eine Frau so etwas fährt.

Das Design der Baureihe 107 prägte vor allem in den 1970-er Jahren den Stil der Marke.

Das Design der Baureihe 107 prägte vor allem in den 1970-er Jahren den Stil der Marke.

Wobei in unserem Club, den „Oldtimer-Freunden Bergisch Gladbach“, auch andere Frauen aktiv sind. Die Oldtimerei ist längst nicht mehr nur ein Männerthema. Aber die Kommentare haben bis heute nicht aufgehört. Das ist das Einzige, was mich ein wenig an dem Auto stört.

Das habe ich für ihn getan:

Helga Müller: Unsere Oldtimer restaurieren wir oft zusammen. Ich mache mir gerne die Hände dabei schmutzig. Der Benz allerdings brauchte bisher kaum Zuwendung. Der Motor ist wie neu, Rost gibt es keinen. Bei normaler Pflege ist dieser Wagen äußerst zuverlässig. Das ist eben echte Wertarbeit.

Das haben wir erlebt:

Helga Müller: Gleich am Anfang sah es nicht nach Wertarbeit aus. Wir holten den SL im Mercedes-Werk in Sindelfingen ab und fuhren direkt weiter in den Urlaub in der Schweiz. Nach der ersten Nacht sprang der Wagen nicht mehr an. Da dachten wir: Das fängt ja gut an. Schuld war aber ein Marder, der ein Kabel angeknabbert hatte.

Die 180 PS unter der langen Motorhaube reichen für entspannte Ausflüge in die Umgebung und darüber hinaus.

Die 180 PS unter der langen Motorhaube reichen für entspannte Ausflüge in die Umgebung und darüber hinaus.

Das Problem war also schnell gelöst. Teuer wurde es dann zwei Jahre später. Aber nicht für uns, sondern für den Typen, der uns am Rheinufer ins Heck gerauscht ist. Seitdem schnurrt der Benz wie ein Kätzchen. Mit 136.000 Kilometern auf der Uhr ist er aber gerade mal eingefahren.

Das haben wir vor:

Helga Müller: Im nächsten Jahr wird das Auto 40. Das ist ein Grund zum Feiern, oder? Wir laden dann ein paar Leute ein und trinken ein Gläschen Sekt.

Aufgezeichnet von Tobias Christ