Das Café Central hat mit Alex Flick einen neuen Pächter. Zum Konzept des Galeristen gehört, seine Galerien mit Gastronomie auszustatten. Auf Ibiza läuft das gut, jetzt will er damit auch in Köln überzeugen.
Kunst und GastroDoppelpack für Köln: Alex Flick übernimmt Café Central und Galerie

Das Café Central war seit 1. Januar geschlossen.
Copyright: Hendrik Poggenpohl/ Central
Passender als mit einer großen Party hätte man die Rückkehr der Kölner Gastro-Legende Café Central nicht ankündigen können. Auf der Terrasse vor dem Café tummelten sich Hunderte Kunstliebhaber aus Köln und der Welt, man trank Cocktails und Champagner, aß Austern und Kleinigkeiten. Tags zuvor war die Kölner Dependance der Londoner „Gathering Gallery“ eröffnet worden – der neue Gastgeber von Galerie und Café Central: Alex Flick.
London, Ibiza – und jetzt Köln
Flick ist 39 Jahre alt und Galerist. Seine erste „Gathering Gallery“ („gather“ ist das englische Wort für versammeln) eröffnete er 2022 in London, seine zweite, mit Restaurant im Norden Ibizas, vor einem Jahr – und seine dritte im April an der Ecke Roonstraße – Jülicher Straße. In den Räumen hat einst Jan Kaps mit seinem Kunsthandel begonnen, mittlerweile hat sich am südlichen Ende des Belgischen Viertels ein dichtes Galeriennetz für zeitgenössische Kunst etabliert.

Blick ins Innere des Café Central
Copyright: Hendrik Poggenpohl/ Central
Das Café Central (Jülicher Straße 1) samt dem angeschlossenen Chelsea Hotel ist zwar weit über die Stadtgrenze als Partylocation, Wohnzimmer und Schlafstätte der Künstler, Galeristen, Musiker, Philosophen und Autoren bekannt, doch die goldenen Jahre liegen schon eine Weile zurück. In den vergangenen Dekaden hat es als Bühne der Kreativen an Bedeutung verloren, oder wie es Flick ausdrückt: an „Esprit und Identität eingebüßt“. Was der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass sich Werner Peters (83), Gründer, Impresario und Gastgeber der ersten Stunde, mehr und mehr aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat.
Werner Peters ist Kunstliebhaber, Mäzen und Sammler
Der promovierte Peters ist Kunstliebhaber, Mäzen und Sammler. Zu den heißesten Zeiten Ende der 80er, Anfang 90er Jahre morgens um drei zapfte er selbst Kölsch, briet Schnitzel und ließ seine Gäste tanzen – wenn es sein musste, auch auf den Tischen. Stammgast damals war Künstler Martin Kippenberger – unter seinem „Direktorat“ wurde das Central Heimat für Kollegen wie Jörg Immendorf, Albert und Markus Oehlen, Günter Förg und viele andere. Bezahlt wurde sehr häufig mit Kunst – die der „Doc“, wie Flick Peters nennt, sichtbar im Haus verteilt hat.

Kunst hängt an den Wänden
Copyright: Hendrik Poggenpohl/ Central
Ein Freitagnachmittag Ende Mai. Flick, der in London und auf Ibiza lebt, ist gerade aus Amsterdam angekommen. „Ich habe einen Künstler der Galerie besucht. Engen Kontakt zu den Künstlern zu halten, ist mir besonders wichtig.“ Aber ein Abstecher nach Köln passt immer, meint er, „außerdem haben die Stadt und die Kölner mein Herz sofort im Sturm erobert“, sagt er. „Darüber hinaus gibt es hier immer viel zu tun: Gastronomie, Personal, Galerie und natürlich Freunde treffen.“ Immerhin: Die neue Speisekarte und Cocktailliste steht, sie wird vom Barleiter Sigfrido Scutticchio in der Mira-Bar auf Ibiza entwickelt – und von Salvatore Bella etwas dem Kölner Publikum angepasst.
Leerstehende Galerie im November besichtigt
Die Eröffnung seiner jüngsten Galerie und die Übernahme des Café Central geht auf Flicks Kölner Galeristen-Freunde Manoucher Khoshbaght und Jakob Pürling zurück. Sie zeigten Flick im November bei der Art Cologne die leerstehende Galerie und brachten ihn mit Werner Peters zusammen. „Er suchte einen neuen Pächter, wir verstanden uns sofort: Uns geht es um dasselbe.“ Darum, Gäste und Kunstliebhaber zusammenzubringen. „Die letzten Monate haben wir bei mehr oder weniger offenem Betrieb das Café wiederbelebt“.

Alex Flick, Neu-Galerist und Café-Central-Pächter
Copyright: Eva Reik
In der neu eingerichteten und separierten „Peter’s Bar“, eine Reminiszenz an den Gründer, schimmert samtiges Rot. Das schwarze Mobiliar mit den quadratischen Tischchen ist geblieben, ansonsten dominiert Kunst die Optik des Lokals: Im gläsernen Entrée hängen die mundgeblasenen, humorvollen Brust-Leuchten der Turner-Preis-Gewinnerin Tai Shani. Der in Aluminium verkleidete Tresen ist eine Arbeit des deutsch-mexikanischen Konzeptkünstler Stefan Brüggemann.
Ikonische Spiegel von Kippenberger
Im gesprühtem, orangefarbenen Wirrwarr prangt in großen schwarzen Lettern lesbar: Fortsetzung. Zu den weiteren Highlights gehören die acht ikonischen Spiegel von Kippenberger, die der Künstler anlässlich des fünften Central-Geburtstags 1989 mit Karikaturen der Stammgäste gestaltete. Werner Peters holte sie aus seinem Archiv und überreichte sie bei der Übergabe seinem Nachfolger.
Flick ist mit einer der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt aufgewachsen, sie gehört seinem Vater Mick. Er selbst hat sein Handwerk in der Galerie Hauser & Wirth gelernt. „Zuerst in Los Angeles, später in der britischen Dependance in Somerset. Daher weiß ich auch, dass wenn man die Galerieräume mit einem tollen gastronomischen Angebot bereichert, man noch viel mehr Menschen erreichen kann. Nämlich die, denen der Erwerb eines Kunstwerks vielleicht zu teuer ist, die aber durch den weiteren Anreiz trotzdem kommen und sich angezogen fühlen.“ So will er es auch in Köln halten: „Ich bin hier hergekommen mit offenem Herzen – jeder ist hier willkommen.“
Der Wirkung seines Familiennamens ist der in Köln neue Galerist und Café-Pächter sich vollkommen bewusst: Sein Urgroßvater war Friedrich Flick, einer der größten Profiteure des von den Nationalsozialisten eingeleiteten Rüstungsbooms und der anschließenden Kriegskonjunktur. Alex Flick ist sich aber auch seiner Verantwortung bewusst. „Ich will hier einen guten Beitrag leisten.“
Bisher ist die Resonanz auf Flicks Engagement positiv. Statt ihn als Konkurrenten im Kunsthandel zu fürchten, freut man sich über den Neuzugang und die Synergien. „Alex hat einen gastronomischen und kulturellen Fixpunkt des Belgischen Viertels reaktiviert“, sagt Jakob Pürling von der Galerie Drei. Am 6. Juni ist große Galeriennacht. Zahlreiche Vernissagen sind in der Jülicher und Lindenstraße geplant. Das Viertel feiert. Die Party findet logischerweise im Central statt.