Misslungener PolizeieinsatzKölner schildert Schüsse auf fliehenden Intensivtäter

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Der angeklagte Polizist (l.) neben seinem Verteidiger. Rechts wird der Beschossene in den Saal geführt.

Köln – Schreie tönten aus dem Innenhof des Häuserblocks am Sudermanplatz, dann fielen Schüsse. Ein Anwohner (22) berichtete am Freitag im Landgericht, wie er den misslungenen Polizeieinsatz im Juli 2019 miterlebt hatte. Ein Beamter (46) hatte hier einem flüchtenden Intensivtäter in den Rücken geschossen. Ohne genügenden Anlass, so die Staatsanwaltschaft, und klagte den Polizisten an.

Anwohner schildert Schussabgabe im Zeugenstand

Die ersten Wörter habe er nicht mitbekommen, dann aber eine markante männliche Stimme vernommen, die gerufen habe: „Auf den Boden, du Wichser!“ Es war der Moment, als der beschuldigte Oberkommissar den gesuchten Straftäter in der Kühlkammer eines Getränkemarktes entdeckt hatte. Der 19-Jährige hob beide Hände, nur um danach abermals zu flüchten.

Direkt danach sei der erste Schuss gefallen, sagte der Zeuge, und dann weitere mit etwas Verzögerung. Auf Nachfrage von Oberstaatsanwältin Heidrun Odendahl will der Anwohner ausdrücklich nicht gehört haben, dass der Beamte den Flüchtigen noch vorwarnte. „Bleib stehen, sonst schieße ich“, soll der Oberkommissar laut Anklageschrift zunächst gerufen haben.

Haftbefehl lautete nicht auf Fluchtgefahr

Dem Polizeibeamten, der weiterhin im Dienst ist, wird gefährliche Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Er selbst hatte zum Prozessauftakt erklärt, in gleicher Situation wieder zu schießen. Der Gesuchte sei gefährlich gewesen, möglicherweise bewaffnet. Und wenn man ihn an diesem Tag nicht aufgehalten hätte, „dann wäre der weg gewesen“, womöglich nach Griechenland zu Verwandten.

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Die Oberstaatsanwältin hatte geäußert, dass der Haftbefehl wegen eines Raubdelikts ja gerade nicht auf Fluchtgefahr lautete, sondern auf Wiederholungsgefahr. Der junge Mann hatte einen festen Wohnsitz, eine Festnahme hätte wohl auch an dessen Wohnanschrift vorgenommen werden können. Stattdessen hatten die Fahnder im Veedel nach dem Intensivtäter gesucht und ihn zufällig entdeckt.

Zweimal pro Jahr zum Schießtraining

Der Angeklagte bedauerte, dem Gesuchten versehentlich in den Oberkörper geschossen zu haben, gezielt habe er lediglich auf die Beine. „Haben Sie regelmäßig am Schießtraining teilgenommen?“, fragte der Vorsitzende Richter Peter Sommer am Freitag. „Ja, das ist verpflichtend, ansonsten muss man die Dienstwaffe abgeben“, so der Beamte. Zweimal pro Jahr habe er am Schießstand trainiert.

Ob man im Training auch auf bewegliche Ziele, wollte der Richter wissen, was der Beamte verneinte. Als er noch in der Terrorbekämpfung tätig gewesen sei, da habe er ein anderes Schusstraining absolviert, etwa mit Filmsequenzen. Der Beschossene, wegen weiterer Vorwürfe in U-Haft, hatte ausgesagt, die Zivilbeamten nicht als Polizisten erkannt zu haben. Der Prozess wird fortgesetzt.

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