„Wir stehen in den Startlöchern”Köln bereitet sich auf ukrainische Flüchtlinge vor

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Ukrainische Mütter am Samstag in Medyka an der Grenze zu Polen

Köln – Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine laufen die Vorbereitungen in Köln, um Flüchtlinge aus der Ukraine unterzubringen. Die Stadt hat die E-Mail-Adresse ukraine@koelnhilft.koeln eingerichtet, über die sich Kölner und Kölnerinnen melden können, die Flüchtlingen aus der Ukraine helfen wollen. Um mögliche Flüchtlinge in Köln aufzunehmen, will die Stadt die Unterkunftsreserve mit 1500 Plätzen öffnen, hatte der Leiter des Wohnungsamts, Josef Ludwig, am Freitag angekündigt.

Die ersten 200 Geflüchteten aus der Ukraine werden schon am Dienstag in Köln erwartet, sagte ein Stadtsprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger”. Wer nicht bei Verwandten untrkomme, erhalte ein Quartier in einer Notunterkunft der Stadt. Unklar sei, auf welchem Weg die Geflüchtete nach Köln kämen. Die Deutsche Bahn hatte am Sonntag mitgeteilt, dass ukrainische Flüchtlinge kostenlos Züge aus Polen nach Deutschland nutzen könnten.

„Wir müssen uns auf Flüchtlinge aus der Ukraine einstellen“, sagte der Vorsitzende des Kölner Caritasverbands, Peter Krücker. Polen werde mit der Aufnahmen der Menschen überfordert sein. „Wir sollten alles tun, um größtmögliche Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu üben.“ Köln verfüge über eine gute Infrastruktur. Beispielsweise könnte die Messe genutzt werden, um Flüchtlinge unterzubringen.

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Am Sonntag meldete das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) laut Nachrichtenagentur dpa, dass bereits 400.000 Menschen aus der Ukraine geflohen seien. Außerdem sei im Zuge der russischen Invasion eine sechsstellige Zahl an Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben worden, sagte UNHCR-Sprecher Chris Melzer am Montag. Die meisten Flüchtlinge haben sich bislang nach Polen aufgemacht. Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes waren es mehr als 281.000 seit Kriegsbeginn. Allein am Sonntag hätten fast 100.000 Flüchtlinge die Grenze passiert, sagte eine Sprecherin am Montag. Die anderen wichtigen Zielländer sind laut UNHCR Rumänien, Moldau, Ungarn und die Slowakei.

Kölner wollen Kleidung spenden

Marianne Arndt, Gemeindereferentin in Vingst und Höhenberg und Sprecherin des Hilfsvereins Mosaik, bereitet sich auf Flüchtlinge in Köln vor. „Es gibt eine große Bereitschaft in der Gesellschaft zu helfen. Wir stehen in den Startlöchern.“ Jüngst habe sich jemand gemeldet, der Webseiten für Maler und Immobiliengesellschaften betreut, der vorgeschlagen habe, man könnte über sein Portal Wohnraum für Flüchtlinge suchen. Zudem riefen Familien an, die Kleider oder Spielsachen spenden wollten. „Nach Aschermittwoch wird die Hilfsbereitschaft bestimmt noch zunehmen.“

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Am Grenzübergang kommen nur Frauen und Kinder durch.

Arndt begrüßte, dass die Europäische Union den rechtlichen Rahmen für ukrainische Flüchtlinge vereinfachen will. Am Sonntag hatte EU-Kommission vorschlagen, die sogenannte Massenzustromsrichtlinie in Kraft zu setzen. Diese ist eine Folge der Kriege in den 1990er Jahren im ehemaligen Jugoslawien. Sie wurde bislang noch nie, auch nicht während der großen Fluchtbewegung 2015 und 2016, genutzt. Die Richtlinie soll angewendet werden, wenn es möglicherweise so viele Asylanträge gibt, dass das Standardprozedere zu einer Überlastung der zuständigen Behörden führen könnte.

Vereinfachte Aufnahme von Flüchtlingen

Flüchtlinge erhielten eine Arbeitserlaubnis sowie Zugang zu Sozialhilfe, medizinischer Versorgung, Bildung für Minderjährige und unter bestimmten Bedingungen auch die Möglichkeit zur Familienzusammenführung. „Geflüchtete aus der Ukraine müssen kein Asylverfahren durchlaufen. Sie erhalten einen vorübergehenden Schutz in der EU für bis zu drei Jahre“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser laut Nachrichtenagentur dpa. Entscheiden wollen die EU-Innenminister am Donnerstag.

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Demo gegen Ukraine-Krieg am Kölner Roncalliplatz (Archiv)

Dies würde einige rechtliche Fragen vereinfachen. Bislang konnten Ukrainer für 90 Tage nach ohne Visum nach Deutschland einreisen, wenn sie im Besitz eines Reiseausweises mit biometrischen Daten sind. Die Mehrzahl der Ukrainer hat diesen Ausweis nach Einschätzung des Kölner Flüchtlingsrats aber nicht. Ein Visum können die Ukrainer aber nicht erhalten, weil die deutsche Botschaft derzeit nicht arbeitsfähig ist. Offen waren daher Fragen, ob Ukrainer für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen müssen und was geschieht, wenn die 90-Tage-Frist ausläuft.

Kölner Ukrainer schicken Schutzwesten in die Heimat

Südstadt-Pfarrer Hans Mörtter versucht unterdessen Spenden aufzutreiben, um Ukrainer in seiner Gemeinde zu unterstützen. Diese sammelten derzeit, um Schutzwesten und Schlafsäcke für Angehörige in der Ukraine zu kaufen. „Viele haben Angehörige in der Ukraine, die beschlossen haben, die ukrainische Armee zu unterstützen und gegen Russland zu kämpfen.”

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