Unfallschwerpunkt in NRWWelche Kölner Straße am gefährlichsten ist

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Auch auf der Venloer Straße kommt es zu vielen Unfällen.

Köln – „Reg dich ab!“ - „Wer bist du?!“ - „Hau ab da!“ Erstellte man auf einigen Kölner Straßen ein Ranking viel gehörter Sätze, so würden diese drei vermutlich weit oben landen. Radfahrer gegen Autofahrer, Fußgänger gegen Radfahrer, Autofahrer gegen E-Scooter-Fahrer – auf der schmalen Ausfallstraße sind sie täglich zu beobachten, die Revierkämpfe um den knapp bemessenen Verkehrsraum.

Einer der Unfallschwerpunkte in NRW

67 Unfälle mit Verletzten zählte die Polizei im vergangenen Jahr auf der eineinhalb Kilometer langen Strecke zwischen dem S-Bahnhof Ehrenfeld und dem Hans-Böckler-Platz, insbesondere auf dem Stück zwischen Polizeiwache und Sömmeringstraße. Damit ist dieser Abschnitt an den Unfallzahlen gemessen einer der gefährlichsten in ganz Nordrhein-Westfalen.

Dies geht aus dem soeben veröffentlichten Unfallatlas NRW hervor, einer Statistik des Landesbetriebs IT.NRW, die alle Verkehrsunfälle mit Verletzten im Land punktgenau auf einer Karte verortet. Sie ist nach 2020 zum zweiten Mal erschienen. Eine ähnlich erschreckende Bilanz wie die Venloer weist demnach zum Beispiel auch der Bereich Grafenberger Allee/Dorotheenstraße/Lindemannstraße in Düsseldorf auf.

Radfahrer an zwei Dritteln aller Unfälle beteiligt

Meistens blieb es auf der Venloer Straße bei leichten Verletzungen. Ein Unfall endete tödlich: In Höhe der Klarastraße wurde eine 88 Jahre alte Frau im November von einem Müllwagen überfahren. An zwei Drittel aller Unfälle waren Fahrradfahrer beteiligt. Das überrascht nicht, denn mit knapp zwei Millionen gezählten Fahrten ist die Venloer Straße eine der am meisten von Radfahrern genutzten Straßen in der ganzen Stadt. Ebenfalls zu knapp zwei Dritteln waren Autofahrer beteiligt, Fußgänger waren in 14 von 67 Unfällen verwickelt.

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Vergangenen November verstarb eine Frau bei einem Unfall auf der Venloer Straße. Die Straße musste daraufhin gesperrt werden. 

Auf Platz Zwei der unfallträchtigsten Straßen in Köln standen 2020 die Ringe, genauer: der ein Kilometer lange Abschnitt zwischen Christophstraße und Rudolfplatz. Bei 39 Unfällen wurden hier Menschen verletzt. Eine Radfahrerin starb bei einem Rechtsabbiegeunfall am Friesenplatz. Ebenfalls kritisch ist die Verkehrssituation auf der Neusser Straße auf dem Kilometer zwischen Innerer Kanalstraße und Schillstraße (31 Unfälle mit Verletzten) sowie  auf der Kreuzung Universitätsstraße/Aachener Straße (10).

Täglich dutzende Beinahe-Unfälle auf der Venloer

Ein Mittwochvormittag im Juli, eine typische Situation in Höhe des Barthonia-Forums auf der Venloer Straße: Ein Fiesta-Fahrer bleibt abrupt in zweiter Reihe mitten auf dem Radstreifen stehen, um seine Beifahrerin aussteigen zu lassen. Fünf oder sechs Radfahrer dahinter müssen ausweichen, der erste zieht ohne sich umzusehen nach links auf die Fahrbahn, wo ein knapp hinter ihm fahrender Autofahrer so gerade noch bremsen kann.

Hupen, Brüllen, Fluchen – auf dem Gehweg bleiben Menschen stehen, der Autofahrer, der in zweiter Reihe parkt und an allem Schuld ist, guckt eher teilnahmslos aus seinem geöffneten Fahrerfenster und zieht die Schultern hoch. Ein Beinahe-Unfall, der nicht in die Statistik einfließt, der sich aber so oder ähnlich jeden Tag dutzende Male auf der Venloer Straße ereignet.

Ein Trend überrascht und macht Sorgen zugleich: Obwohl die Gesamtunfallzahlen landesweit im Vorjahr deutlich gesunken sind (in Köln um 15 Prozent), weil wegen der Lockdowns weniger los war auf den Straßen, gab es auf der Venloer Straße sogar noch zwölf Unfälle mit Verunglückten mehr als 2019. Das liegt auch an der steigenden Zahl so genannter Dooring-Unfälle, bei denen Radfahrer gegen unachtsam geöffnete Autotüren stoßen. Die Venloer Straße ist laut Polizei die Straße mit den meisten dieser Unfälle seit Beginn der Registrierungen im Jahr 2010.

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Autoverkehr soll künftig nur noch in eine Richtung fließen

„Es ist einfach zu eng“, sagt ein Polizist, der fast täglich auf der Ehrenfelder Haupteinkaufsstraße unterwegs ist. „Das Konzept, den Autoverkehr auf der Venloer in beide Richtungen weiterfließen zu lassen, ist komplett gescheitert.“ Genau das soll sich auch bald ändern. Nach dem Willen der Bezirksvertreter soll die Venloer Straße für Autofahrer zur Einbahnstraße werden. Die allgemein zulässige Höchstgeschwindigkeit soll 20 Stundenkilometer betragen. Die SPD nennt das einen „Schritt von der autogerechten zu einer menschengerechten Stadt" und spricht damit auch den übrigen Fraktionen aus der Seele.

Die genauen Planungen stehen noch aus, fest steht aber schon, dass im Abschnitt zwischen Ehrenfeldgürtel und Innerer Kanalstraße die Fahrtrichtung für den Autoverkehr in Richtung Innenstadt führen soll. Zwischen Gürtel und Äußerer Kanalstraße dürfen Autofahrer nur in Fahrtrichtung stadtauswärts, also Bickendorf unterwegs sein.

Außerdem sind entlang der Straße Bereiche so zu gestalten, dass sie von allen Verkehrsteilnehmern gleichberechtigt unter dem Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme genutzt werden sollen. Zu sogenannten „Shared Spaces“ sollen die Bereiche vor dem Barthonia-Forum und der Josephskirche, zwischen Gürtel und Schönsteinstraße, vor dem Bürgerzentrum sowie vor dem Alpener Platz werden.

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