Nicht nur die Hotspots im BlickEin Abend mit einem Team des Kölner Ordnungsamtes

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Kontrolle eine Bar auf der Friesenstraße

Kontrolle eine Bar auf der Friesenstraße

  • Seit Beginn der Krise hat das Ordnungsamt mehr als 15.600 Überstunden aufgebaut.
  • Obwohl durch die Corona-Regeln Hotspots wie der Stadtgarten und der Zülpicher Platz besondere Aufmerksamkeit brauchen, sollten andere Orte nicht vernachlässigt werden.
  • Unser Autor war einen Abend lang mit dem Ordnungsamt in Köln unterwegs.

Köln – Als die Mitarbeiter des Ordnungsamts um 21.30 Uhr den Brüsseler Platz betreten, ist es still. Nur leise schallen Gelächter und Stimmen aus Bars und Umgebung herüber. Seit dem 23. Mai herrscht hier ein Verweilverbot. Die Stadt hat Vermittler engagiert, sie laufen in Warnwesten über das Gelände und lösen Ansammlungen auf. Eine kleine Entlastung für das Ordnungsamt in Corona-Zeiten.

Ein Team des Ordnungsamtes ist heute zu dritt unterwegs. Sarah Ackermann und Ruben Sikorski, beide seit vier Jahren beim Ordnungsamt, und Basak Ayyildiz, die ihre Ausbildung vor wenigen Tagen abgeschlossen hat. Die drei haben etwa die Hälfte ihrer Schicht hinter sich, seit 16 Uhr sind sie unterwegs. Wenn sie an Bars vorbeigehen, bleiben die Blicke der Menschen an ihren schwarzen Uniformen hängen. Einige grüßen, andere verziehen eher die Miene. „Der Umgangston ist seit Corona tendenziell rauer geworden“, sagt Sikorski. Die Stimmung kocht schneller über. Umso wichtiger sei es daher, ruhig und freundlich aufzutreten. „Da braucht man dann viel Fingerspitzengefühl.“ Dennoch seien Beamte im Dienst auch schon gezielt angehustet worden. Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, werden Ordnungshüter bei Verdacht mehrfach getestet. Sikorski wurde dreimal getestet nach einem Einsatz mit Menschen, die trotz Quarantäne nach draußen gegangen waren.

Junkies an der Zentralbiliothek

Bislang ist der Abend ruhig, auf der Schaafenstraße ist noch nicht viel los. Sarah Ackermann schaut auf ihre Uhr, sie hat darauf einen Schrittzähler. „An solchen Abenden laufen wir leicht mal mehr als 15 Kilometer“, sagt die 31-Jährige. Die drei sind auf dem Weg in Richtung Neumarkt. Denn obwohl durch die Corona-Regeln Hotspots wie der Stadtgarten und der Zülpicher Platz besondere Aufmerksamkeit brauchen, sollen andere Orte nicht vernachlässigt werden. Ganz verhindern lässt sich das aber nicht. Das Ordnungsamt kann nicht überall gleichzeitig sein. „Man kann den Leuten ja nur auf die Finger klopfen, wenn man auch da ist“, sagt Ackermann. An der Zentralbibliothek beschweren sich immer wieder Anwohner über Junkies, die dort Drogen konsumieren.

Dieser Abend ist keine Ausnahme. „Guten Abend. Hier muss das nicht sein, packt euren Müll und geht bitte“, spricht Ackermann die neun Menschen an, die vor dem Eingang sitzen. Es gibt keine Widerworte, sie kennen das Prozedere und machen sich schlurfend auf den Weg. Wenn die Mitarbeiter des Ordnungsamts weitergezogen sind, werden sie wahrscheinlich wiederkommen. „Das ist ein Katz-und-Maus-Spiel, und natürlich auch frustrierend“, sagt Ackermann. Die Hoffnung sei zumindest, dass einige nach Hause gehen und ihre Drogen dort nehmen.

Denn nicht alle sind obdachlos. Die meisten sind alte Bekannte. „Sieben davon sehen wir hier regelmäßig“, sagt Sikorski. Als der Platz leer ist, suchen sie nach gefährlichen Überresten. Mehrere Ratten huschen aufgescheucht vom Licht der Taschenlampen davon. Zwischen Müll und Essensresten findet Sikorski zwei Kanülen, in einer steckt noch eine Nadel. Sie nehmen sie in einer kleinen Spritzenbox mit, um sie sicher zu entsorgen. Es gehört zum Alltagsgeschäft der Streife. Corona brachte für das Ordnungsamt viele zusätzliche Aufgaben. Verstöße gegen das Kontaktverbot oder Abstandsregeln, die Maskenpflicht in Einzelhandel und Gastronomie – seit Beginn der Krise hat das Ordnungsamt mehr als 15 600 Überstunden aufgebaut.

Verstoß gegen Maskenpflicht

Mitternacht rückt näher, auf der Friesenstraße wird es langsam voller. Ackermann bleibt vor einer kleinen Kneipe stehen. Sie und ihre Kollegen setzen ihre Masken auf und betreten die Bar. Das Problem: Die Bedienungen hinter der Theke tragen keine Maske. Es bleibt bei einer Verwarnung, da kein direkter Kontakt mit den Kunden besteht. „Die Besitzerin hat uns glaubhaft versichert, dass sie dann eine Maske aufsetzen“, erklärt Sikorski, „und da zum Beispiel die Kellnerin auch eine Maske trägt, haben wir sie nur auf die Maskenpflicht hingewiesen.“

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Nur ein paar Schritte weiter folgt ein ähnlicher Fall. Doch hier bleiben die Ordnungsamtsmitarbeiter hart. In einem Falafel-Laden trägt keiner der Mitarbeiter eine Maske, weder beim Essenmachen noch beim Bedienen. Auch trotz mehrfacher Aufforderung setzen die Angestellten keine Maske auf. Es bildet sich eine Gruppe von Schaulustigen, die drei gehen mit dem Besitzer nach draußen. Er habe das nicht gewusst, argumentiert er zuerst. Es sei auch zu heiß für eine Maske.

Auch eine Kontaktliste der Kunden im Außenbereich hat der Besitzer nicht. Die Ordnungshüter nehmen seine Daten auf, und notieren die Versäumnisse. Erst jetzt setzen die Mitarbeiter Masken auf. Als die Ordnungshüter weitergehen, zieht sich ein Mann hinter der Theke die Maske unters Kinn.

Den Bericht bekommt die Bußgeldbehörde. In einem solchen Fall können Bußgelder von 2000 Euro drohen, bei erneuten Verstößen auch noch mehr. „Wir machen das ja nicht aus Spaß“, sagt Ackermann, „uns graut auch vor einer zweiten Welle.“

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