Nachts geht Licht anRätsel um seit Jahren leerstehendes Geisterhaus in Köln-Ehrenfeld

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Die Fassade des vermutlich schon seit Jahren leerstehenden Hauses am Ehrenfeldgürtel in Neuehrenfeld.

  • Während in Köln viele Menschen auf der Suche nach einer Wohnung sind gibt es Häuser, in denen Wohnungen leer stehen.
  • Am Ehrenfeldgürtel sollen sogar über mehrere Jahre hinweg alle Wohnungen eines Hauses unbewohnt gewesen sein, berichten Anwohner.
  • Was steckt dahinter?

Köln –  Die meisten Passanten merkten davon nichts. Mit Gardinen und Blumen in den Fenstern sowie Klingelschildern mit Namen erweckte das grün angestrichene viergeschossige Gebäude nach außen den Eindruck, dass hier Menschen lebten. Zudem brannte abends Licht. Die Lampen in den Fenstern sollen aber mit Zeitschaltuhren gesteuert worden sein, mutmaßen Anwohner, die berichten, dass das Haus schon seit drei Jahren leerstehe.

Mehrere Nachbarn erstatteten bei der städtischen Wohnungsaufsicht Anzeige. „Es wurde wiederholt Anzeige erstattet“, bestätigte eine Sprecherin der Stadtverwaltung, die mit dem Eigentümer Kontakt aufnahm. Sanierungsarbeiten im Hause mit dem Ziel, die Wohnungen später neu zu vermieten, seien der Grund dafür, dass das Haus nicht bewohnt sei, hieß es zur Erklärung. Einmal im Visier der Behörden, stellten diese fest, dass die Arbeiten sehr schleppend vorangingen. „Daher wurde gegen den Eigentümer ein Verfahren auf Grundlage der Wohnraumschutzsatzung eingeleitet und er wurde zu einer Stellungnahme aufgefordert“, so die Stadtsprecherin weiter.

Köln: Leerstehendes Haus in bester Wohnlage

Inzwischen seien „deutliche Baufortschritte“ erkennbar. Das sei bei Ortsbesichtigungen durch die Wohnungsaufsicht überprüft worden, die jetzt den Verlauf der Arbeiten im Hause „engmaschig“ kontrolliere, versicherte die Stadtsprecherin. Nach außen blieb das bislang unbemerkt. Geräusche und sonstige Spuren, dass hier gearbeitet wird, sind praktisch nicht auszumachen. Noch vor wenigen Wochen hängten Unbekannte kurzzeitig ein Stofftransparent am Sockel des Hauses auf, Darauf wurden der Leerstand und die herrschende Wohnungsnot angeprangert. Das Tuch wurde nach kurzer Zeit wieder entfernt.

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Das Haus befindet sich am Ehrenfeldgürtel zwischen Nußbaumer- und Eichendorffstraße. Die Wohngegend ist gefragt. Die Preise für Wohnungen nicht gerade billig. Ein Immobilienportal taxiert den Quadratmeterpreis hier auf mehr als 5000 Euro. Vor drei Jahren habe der Preis noch bei 3500 Euro gelegen, informiert die Seite weiter. Das würde bedeuten, dass die Wohnungen während des Leerstands um fast 50 Prozent im Wert gestiegen seien. Das Ende der Sanierungsarbeiten im Hause ist nicht bekannt. Sollten die Wohnungen aber wieder am Markt zur Miete oder zum Kauf angeboten werden, dürfte ihnen kaum das Etikett „bezahlbar“ anhängen, mutmaßen Kenner der Branche.

Stolpersteine erinnern an „Ghettohäuser“

Wer direkt am Haus vorbei geht, dem fallen vier Stolpersteine auf. Hier lebten also einst Menschen jüdischen Glaubens, die von hier aus deportiert und ermordet wurden. Vermutlich waren es sogar weit mehr Menschen als nur diese vier, denn das Haus wird auch der Liste der sogenannten „Ghettohäuser“ geführt. Dabei handelte es sich um Häuser, in denen von Mai 1941 an Juden zwangsweise untergebracht wurden und auf engstem Wohnraum zusammenleben mussten.

Vor der Annektierung war das 1910 erbaute Haus in jüdischem Besitz. Schräg gegenüber befand sich einst das „Israelitische Asyl“, ein jüdisches Krankenhaus. Heute ist hier das Wohlfahrtszentrum der Kölner Synagogengemeinde. Die Putzfassade entspricht nicht dem ursprünglichen Zustand. Daher steht das Haus nicht in der Denkmalliste der Stadt Köln.

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