Große politische VeränderungenKölner Grüne stellen fünf Bezirksbürgermeister

Lesezeit 7 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Der Rat der Stadt Köln vor der konstituierenden Sitzung. Im Hintergrund verhandeln die Grünen noch mit potenziellen Partnern.

Köln – Nicht nur die neue Zusammensetzung des Stadtrats, auch die neun Bezirksvertretungen spiegeln die großen politischen Veränderungen nach der vergangenen Kommunalwahl wider. Die grünen Wahlgewinner stellen nun fünf der neun Bezirksbürgermeister in der Stadt. SPD und CDU mussten nach den konstituierenden Sitzungen in den Stadtbezirken Rodenkirchen, Lindenthal, Ehrenfeld und Nippes das Feld räumen. Nur in Chorweiler und in den drei rechtsrheinischen Stadtbezirken blieb fast alles beim Alten, wobei die Wahl der neuen Porzer Bezirksbürgermeisterin nach dem Sturz ihres Vorgängers ebenfalls als Ausdruck des grünen Machtwillens gedeutet werden darf.

Die Stadt ist grüner, aber auch bunter geworden: In zwei Bezirksvertretungen sitzen Vertreter von neun verschiedenen Parteien. Das Verfahren zur Umrechnung der Wahlergebnisse in Sitze in den 19-köpfigen Gremien bevorzugt die kleinen Parteien. Und auch ein bisschen weiblicher ist die Interessenvertretung der Stadtbezirke geworden. Waren in der vergangenen Wahlperiode nur zwei von neun Spitzen der Bezirke weiblich, sind es nun immerhin vier.

Gute Zusammenarbeit führt zu Erfolg

Noch ist es zu früh, um einschätzen zu können, wie harmonisch es in Zukunft in den Interessenvertretungen der Stadtbezirke zugehen wird. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Bezirke im politischen Entscheidungsprozess der Stadt am stärksten sind, in denen gut zusammen gearbeitet wird. Das gelang den Ehrenfeldern oder Lindenthalern besser als anderen, die sich Scharmützel und parteipolitisches Gezerre wie in echten Parlamenten leisteten. Die konstituierenden Sitzungen mit den Wahlen der Bezirksbürgermeister und ihrer Stellvertreter deuten darauf hin, dass es in einigen Bezirken auch in der neuen Wahlperiode ungemütlich werden könnte.

So wurden in Mülheim und Nippes nicht nur über die Wahlen hinausgehende feste Bündnisse verabredet. Die Akteure interpretierten hier auch recht eigenwillig die Wahlergebnisse, die andere Konstellationen nahe gelegt hätten. In Mülheim booteten die Wahlverlierer die Gewinner aus. In Nippes ignorierten dagegen die Wahlsieger die Zweit- und Drittplatzierten, um mit Einzelmandatsträgern ein Bündnis gegen SPD und CDU zu bilden. Die sitzen nun erst mal auf der Zuschauerbank, auch wenn die SPD mit Hilfe der CDU wenigstens einen stellvertretenden Bezirksbürgermeister für sich durchsetzte. Das ist eine ähnlich seltsame Konstellation wie die in Mülheim, wo SPD und CDU die Grünen ignorierten.

Alle möglichen Varianten und Absprachen gab es bei den Verabredungen über die Wahlen der Stellvertreter. Da ihre Zahl nicht festgelegt ist, vergaben die Ton angebenden Parteien sie nach recht unterschiedlichen Kriterien. Während man in Lindenthal meinte, ein Stellvertreter sei angesichts der überschaubaren Lage an repräsentativen Terminen völlig ausreichend, gönnte man sich zum Beispiel in Rodenkirchen und Ehrenfeld gleich drei Vizeposten. So kam auch die FDP – obwohl sie stadtweit nur fünftstärkste Partei wurde – zu ein paar Pöstchen. Üppig entlohnt wird mit rund 280 Euro pro Monat kein Bezirksvertreter. Als stellvertretender Bezirksbürgermeister bekommt man das Doppelte, als dritter Stellvertreter immerhin noch einen Bonus von 50 Prozent.

Innenstadt

Andreas Hupke (Grüne)

Andreas Hupke (Grüne)

Andreas Hupke (Grüne)

Bei der Kommunalwahl fehlte den Grünen hier nicht viel zur absoluten Mehrheit. Ein festes Bündnis mit anderen brauchen sie nicht. Die Grünen werden immer Mehrheiten finden – auch weil es keine weitere Partei mehr mit Gewicht gibt. SPD und CDU sind mit jeweils rund 14 Prozent an Wählerstimmen auf Miniaturformat zusammengeschrumpft. Andreas Hupke, bereits seit 2004 grüner Bezirksbürgermeister für die Innenstadt, wurde wiedergewählt. Eine weitere Grüne sowie Vertreter von SPD und CDU wurden – ebenfalls mit einstimmigem Votum – Stellvertreter. Ein harmonischer Start unter grüner Führung.

Rodenkirchen

Manfred Giesen (Grüne)

Manfred Giesen (Grüne)

Manfred Giesen (Grüne)

Auch Rodenkirchen wird in Zukunft von einem Grünen als Bürgermeister repräsentiert: Die Wahlsieger haben sich mit der bei der Wahl auf 18,5 Prozent geschrumpften SPD verbündet. Auch die FDP unterstützte die Wahl des Grünen Manfred Giesen zum Bezirksbürgermeister. Zur Belohnung bekam sie einen Stellvertreter-Job – ein seltsames Verfahren, gönnt sich die BV Rodenkirchen nun gleich drei Vize-Posten. Die CDU – obwohl auch bedacht – fand das gar nicht gut. Trotz einer klaren Mehrheit für Giesen war das kein harmonischer Start für die Interessenvertretung des Stadtbezirks Rodenkirchen.

Lindenthal

Cornelia Weitekamp (Grüne)

Cornelia Weitekamp (Grüne)

Cornelia Weitekamp (Grüne)

Deutlicher kann man nicht gewinnen: Fast 40 Prozent holten die Grünen im Stadtbezirk, die CDU verlor über 8,6, die SPD über 7,7 Prozentpunkte. So endete nach 21 Jahren die Ära von Helga Blömer-Frerker (CDU) als Bezirksbürgermeisterin. Ihre Nachfolgerin ist Cornelia Weitekamp von den Grünen. Wer acht Sitze in einem 19-köpfigen Gremium hat, kann ohne festes Bündnis den Ton angeben. Bei der Bürgermeisterwahl kooperierten die Grünen mit der CDU. Doch auch zu den anderen Parteien – außer zur AfD – ist das Verhältnis gut. Die SPD murrt ein wenig, weil sie  keinen Stellvertreter stellen durfte.

Ehrenfeld

Volker Spelthann (Grüne)

Volker Spelthann (Grüne)

Volker Spelthann (Grüne)

Die Bezirksvertretung Ehrenfeld gilt als Vorbild, wenn es um eine möglichst einvernehmliche und starke Interessenvertretung  im Entscheidungsprozess der Stadt geht. Daran scheint sich nach der Ablösung des SPD-Urgesteins Josef Wirges als Bezirksbürgermeister nichts zu ändern. Sein Nachfolger Volker Spelthann von den Grünen wurde ohne Gegenstimme gewählt. Ähnlich wie in Rodenkirchen war man bei der Verteilung der Stellvertreterposten großzügig, sodass auch die FDP berücksichtigt wurde. In der neuen Bezirksvertretung sind neun verschiedene Parteien vertreten. Das gibt es sonst nur  in Nippes.

Nippes

Diana Siebert (Grüne)

Diana Siebert (Grüne)

Diana Siebert (Grüne)

Die Grünen haben sich die bunte Vielfalt in der BV zunutze gemacht. Herausgekommen ist das ungewöhnlichste Bündnis der Stadtgeschichte. Darüber staunen  nicht nur die  Vertreter von SPD und CDU, die hier in den letzten Jahren kooperierten. Um sie links liegen lassen zu können, haben die Grünen ein festes, auf Dauer angelegtes Bündnis mit vier Einzelmandatsträgern aus sehr verschiedenen Parteien geschlossen. Mit Hilfe der Linken, der FDP, den Klimafreunden und  GUT  wurde Diana Siebert  mit dem denkbar knappsten Ergebnis zur Bezirksbürgermeisterin gewählt.  Ein harmonischer Start sieht anders aus.

Chorweiler

Reinhard Zöllner (CDU)

Reinhard Zöllner (CDU)

Reinhard Zöllner (CDU)

Die Beteiligten sprechen von einem „starken Signal“ für den Kölner Norden: Einstimmig wurde Bezirksbürgermeister Reinhard Zöllner von der CDU wiedergewählt, SPD und Grüne stellen die Stellvertreter. Im Gegensatz zu den anderen Bezirken hat sich hier  wenig verändert. Die Gewinne der Grünen fielen kleiner aus als anderswo, die CDU blieb mit Abstand vor den anderen stärkste Partei. Zu den Gewinnern gehörte die AfD, die hier überdurchschnittlich zulegte. Chorweiler ist die einzige Bezirksvertretung, in der die Rechtspopulisten Fraktionsstärke errangen. Dazu braucht man zwei Vertreter im Gremium.

Porz

Sabine Stiller (CDU)

Sabine Stiller (CDU)

Sabine Stiller (CDU)

Der Wahl von Sabine Stiller (CDU) zur neuen Porzer Bezirksbürgermeisterin ging  ein spannendes Pokerspiel voraus: Die Grünen hatten ihre Unterstützung vom Sturz des mächtigen CDU-Urgesteins Henk van Benthem abhängig gemacht. Weil van Benthem danach auch sein Mandat in der BV niederlegte, rückte Stiller nach. Sie hatte den Einzug in die BV eigentlich verpasst. Dann wurde sie zur Kompromisskandidatin auf glattem Porzer Eis. Die BV ist zum Start gespalten: Die SPD hätte der CDU gerne den Bürgermeisterposten abgenommen, obwohl sie bei der Kommunalwahl nur zweitstärkste Partei war.    

Kalk

Claudia Greven-Thürmer (SPD)

Claudia Greven-Thürmer (SPD)

Claudia Greven-Thürmer (SPD)

Mit einer Absprache zwischen den drei großen Parteien    haben sich die  Kalker Bezirksvertreter  für einen harmonischeren Umgang untereinander entschieden, als er zeitweise in den vergangenen Jahren gepflegt wurde. Claudia Greven-Thürmer  wurde mit einer breiten Mehrheit wiedergewählt. Die SPD hatte mit einem  hauchdünnen Vorsprung von 99 Wählerstimmen ihren ersten Platz vor den Grünen verteidigen können. Diese – obwohl sie gleich viele Sitze in der BV errangen – verzichteten auf Muskelspiele und bildeten  mit SPD und CDU eine gemeinsame Wahlliste für Bürgermeisterin und Stellvertreter.

Mülheim

Norbert Fuchs (SPD)

Norbert Fuchs (SPD)

Norbert Fuchs (SPD)

Ganz anders als in Kalk lief es in Mülheim, wo die Wahlverlierer den Wahlsieger ausbooteten. Damit der dienstälteste Bezirksbürgermeister der Stadt, Norbert Fuchs von der SPD, weiter machen kann, verabredeten sich SPD, CDU  und FDP. Die Grünen hatten bei der Kommunalwahl überraschend die SPD überholt, die  in ihrer alten Hochburg über sechs Prozentpunkte verloren hatte. Die Verluste der CDU waren ähnlich. Und so spottet nun mancher über die „Koalition der Verlierer“, die sich da zusammengetan habe. Fuchs wurde mit zehn zu neun Stimmen gewählt – das war kein guter Start der  BV.

KStA abonnieren