Kölner MaskentheaterLeiterin arbeitet bis zu 40 Stunden an einer Maske

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Luzie Ackers betreibt das Masken-Theater Theatre Fragile.

Köln – Eine Maske trägt Luzie Ackers schon seit Jahren immer wieder gerne. Gut, jetzt nicht den gängigen Mund-Nasen-Schutz, sondern eine richtige Gesichtsmaske – aus eigener Werkstatt. Die 47-Jährige, die inzwischen in der Südstadt wohnt, teilt sich mit der in Berlin lebenden Marianne Cornil die künstlerische Leitung des Theatre Fragile.

Theatre Fragile: Standbein in Köln und Berlin

Dieses 2008 von den beiden gegründete und inzwischen international renommierte Masken-Theater, das vorwiegend im öffentlichen Raum auftritt, hat somit ein Standbein in Köln und eins in Berlin, die Produktionsstätten der Truppe und die Probenräume befinden sich allerdings im westfälischen Detmold.

„Zum Arbeiten ist das ganz toll“, erzählt Ackers beim Gespräch im Römer-Café am Eierplätzchen. „Die Stadt Detmold unterstützt uns schon seit Jahren und überlässt uns kostenfrei größere Räume in einem ehemaligen Flughafen-Hangar.“

Deswegen hatten dort auch die letzten Stücke im Rahmen des im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfindenden europäischen Straßentheater-Festivals „Bildstörung“ stets ihre Premiere gefeiert. So auch am kommenden Wochenende (14. und 15. August) – nach einigen Corona-bedingten Terminverschiebungen – die neueste Produktion „Are you ready“.

Einzelne Szenen davon waren zuvor auf dem Detmolder Marktplatz ausprobiert wurden. Denn die Kommunikation mit den Zuschauern und deren Reaktionen sind der Gruppe wichtig. Ackers: „Das Publikum muss schon mal mitmachen und mithelfen.“

Für Puppen- und Maskenspiel hat sich Ackers, die in Darmstadt geboren und aufgewachsen ist, schon von Kindesbeinen an interessiert. „Ein Freund meiner Eltern war und ist Puppenspieler. Mit Handpuppen macht er freches hessisches Mundart-Theater. Bei dem hab’ ich als kleines Mädchen in der Werkstatt gesessen und Inszenierungen gesehen.“ Auch zur Gestaltung des öffentlichen Raums hatte sie immer schon eine Beziehung. Ihr Vater Walter Ackers  ist Städteplaner, lehrt nach dem Umzug nach Braunschweig an der dortigen Universität und hat auch schon mal Pläne für Köln gemacht – für eine mögliche Um- und Neugestaltung der Ringe.

Studium in Berlin-Kreuzberg

Mit 19 Jahren ging Luzie Akers zum Studium nach Berlin-Kreuzberg, wo sie im Rahmen der Ausbildung die Französin Cornil kennenlernte, die zuvor schon mit dem renommierten Masken-Ensemble Familie Flös weltweit auf Tour war. Gemeinsam gründeten die beiden das Theatre Fragile. Seitdem sind sieben Produktionen entstanden, bei denen jeweils bis zu sechs Darsteller mitwirken.

„Wir haben kein festes Ensemble, aber eine Gruppe von rund 25 freien Mitspielern, denen wir sehr treu sind.“ Von Anfang an mit dabei ist der Kölner Musiker Janko Hanuschewsky, der für alle  bisherigen Stücke die zugehörige Musik komponiert hat.

Die Aufführungen auf Straßen, Plätzen und in Parks sind keine kurzen Straßentheater-Spektakel, sondern richtige Inszenierungen zu gesellschaftlich relevanten Themen mit einer Länge von 40 bis 90 Minuten. „Das ist zwar jeweils ein nonverbales Spiel unter den Masken, doch die Stimmen zum Thema kommen vom Band, so eine Art hörspielartige Soundcollage.“

Themen wie Flucht, Exil oder Klimawandel

Da geht es mal um Flucht und Exil oder um das Gefühl, zu Hause zu sein, mal um die Lebenswelt der Hochbetagten oder aktuell in „Are you ready“ um den Klimawandel. Mit einem Bühnenbild aus Papp-Blöcken, die sich mal in einen Müllhaufen, mal in einen Wald, in Höhlen oder ein Floß verwandeln. „Mit den Vorarbeiten haben wir vor drei Jahren angefangen. Da war das Thema noch nicht so akut. Jetzt stehen wir mitten drin. Deshalb nennen wir das im Untertitel auch ein ermutigendes Trauerritual in fünf Akten. Mit dem Fazit: Wenn, dann schaffen wir das nur zusammen.“

Nach Köln kam kamen Ackers und Familie (mit zwei Söhnen) ihres Mannes wegen. „Der hatte hier studiert und wollte noh Hus.“ Allgemeinmediziner Philipp Breuer hat nun eine Praxis in Mülheim, sie hat Anfang diesen Jahres an der Eburonenstraße eine ehemalige Modellbau-Werkstatt übernommen.

„Inzwischen habe ich weit mehr als 100 Masken gebaut. Zunächst aus Ton modelliert, anschließend einen Silikon-Abdruck mit Kaschierpapier und Leim gefüllt und zuletzt mehrfach bemalt und geschliffen. 30 bis 40 Arbeitsstunden investiert sie in eine Maske, denn „ jede ist anders, jede Inszenierung ist auch einen Art Masken-Familie“. Und – auch ganz wichtig – jede Maske hat  einen eigenen Namen.

Ihre erste selbstgebaute Maske ist Oskar, ein gutmütiger alter Opa – und auch nach 14 Jahren immer noch im Einsatz. Zuletzt hat sie auch an der Helios-Gesamtschule in Ehrenfeld in einem Workshop mit den Kindern Masken gebaut. „Wir sind mit unseren Theatre Fragile auch schon mal im Rahmen des Sommer Köln-Programms aufgetreten, aber ich würde gerne noch ganz viel mehr in Köln machen“.

Für das aktuelle Stück gibt es hier noch keinen Termin. Allerdings tritt das Ensemble am 22. August mit seiner Produktion Ahoi, bei der drei Menschen aus unterschiedlichen Generationen an einer Bushaltestelle aufeinandertreffen, in der Stadtbibliothek am Neumarkt auf. Ackers: „Da sind wir noch in Gesprächen, ob das nicht auch draußen geht. Da wäre uns schon lieber.“

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