Nach Mord an GroßmutterFamilie des 22-jährigen Angeklagten zeigt sich gleichgültig

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Der 22-Jährige Maurice H. beim Prozess in Köln

Köln – Den Blick starr zu Boden, nimmt Maurice H. (23) am dritten Verhandlungstag neben seinem Anwalt Markus Loskamp Platz. Es ist der Tag der Verwandtschaft. Hintereinander werden Onkel, Tante und Cousine im Zeugenstand befragt, wie der Umgang mit Maurice und seiner Oma war, die er im Affekt im Juni dieses Jahres tötete. Und es wird schon nach wenigen Sätzen deutlich, wie lieblos, gleichgültig, desinteressiert ja geradezu ablehnend die eigene Familie mit Maurice stets umgegangen war.

„Weiß nicht – keine Erinnerung“, beantwortet der Onkel gebetsmühlenartig fast jede Frage. Seinen Verwandschaftsgrad zum Angeklagten gibt er zu Beginn widerwillig zögerlich an: „Er ist – äh – der Sohn meines Bruders“. „Sie könnten auch sagen, er ist mein Neffe, ich bin der Onkel“, korrigiert prompt die Richterin.

Prozess in Köln: Onkel gibt Gleichgülzigkeit preis

Schulterzuckend gibt der Onkel nahezu bei jeder Frage seine Gleichgültigkeit preis, sich jemals auch nur ansatzweise näher mit seinem Neffen beschäftigt zu haben. Das Gleiche gilt für seine Exfrau und die 19-jährige Tochter: „Er war immer so still, da war kein Interesse“, begründet die Cousine ihr mangelndes Kommunikationsbedürfnis zu dem vier Jahre älteren Cousin.

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Deutlich mehr zum Lebenslauf kommt von Stefan S. (46), Erzieher in der Wohngruppe, in die Maurice mit 14 Jahren auf Veranlassung des Jugendamtes kam. Ein Hilferuf war der Anlass. Damals hatte der Junge ein Schild in das Fenster seines Elternhauses gehangen: „Bitte helfen Sie mir. Ich muss hier raus.“

Mord an Großmutter: Wurde Maurice als Kind misshandelt?

„Wir hatten den Verdacht, dass Maurice massiv von seiner Mutter und dem Stiefvater misshandelt wurde“, sagt der Erzieher, doch Maurice habe nie ein Wort darüber verloren: „Er traute sich das nicht.“ Psychische Auffälligkeiten traten schnell zu Tage: „Er wusch sich ständig die Hände – mindestens 15 Minuten“. Aus Angst vor Menschen übernahm er in der Bäckerlehre freiwillig Nachtschichten: „um so wenig wie möglich auf Menschen zu treffen“.

Schließlich wird auch Erik D. (23) befragt, ein Kumpel aus Schulzeiten. Doch auch er hat sich abgewandt, „weil die Tat nicht zu rechtfertigen ist“. So begründet der einst beste Freund seine ablehnende Haltung, Maurice in der Haft zu besuchen. Obwohl er auch sagt: „Auf Maurice konnte man sich immer verlassen.“ 

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