81-Jährige vergewaltigtPfleger wehrt sich gegen mildes Urteil des Kölner Landgerichts

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Der Angeklagte mit seiner Verteidigerin Monika Troll und einem Dolmetscher beim Prozessauftakt im Landgericht Köln

Köln – Der Fall um die von einem Pfleger vergewaltigte Seniorin wird möglicherweise bald den Bundesgerichtshof beschäftigen. Elf Jahre Haft hatte die Staatsanwältin für den Angeklagten gefordert, das Landgericht Köln urteilte auf sechseinhalb Jahre Gefängnis. Während die Staatsanwaltschaft das milde Urteil akzeptiert hat, legte der Täter inzwischen Revision ein.

Richter bezeichnete Urteil als „durchaus hart“

Der zum häuslichen Krankenpfleger umgeschulte Metallarbeiter aus Rumänien hatte im Prozess zwar sexuelle Übergriffe auf die Patientin zugegeben, eine vollendete Vergewaltigung aber bestritten. Dazu sei er aufgrund fehlender Manneskraft nicht in der Lage gewesen. Das Gericht sah es anders, Richter Benjamin Roellenbleck sah eine dreifache Vergewaltigung als erwiesen an.

Mit der Höhe der Strafe überraschte die auf Sexualdelikte spezialisierte Strafkammer dann aber doch. Der Richter selbst empfand diese als „durchaus hart“, wie er äußerte. Nicht ganz nachvollziehbar für Prozessbeobachter, zumal die Staatsanwältin viereinhalb Jahre mehr gefordert hatte. Zu skrupellos erschien es, sich an einer wehrlosen 81 Jahre alten Frau zu vergehen.

Opfer-Anwältin kann gegen das Urteil nicht vorgehen

Zu gerne wäre Anwältin Monika Müller-Laschet, die das Opfer und deren Tochter im Prozess vertreten hatte, gegen das Urteil vorgegangen. „Aber mir sind die Hände gebunden“, sagt sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Denn das Gesetz besagt, dass die Nebenklage nicht gegen die sogenannte Rechtsfolge und somit die Höhe der Strafe vorgehen kann.

„Meine Mandantin ist enttäuscht über das Urteil“, sagt Müller-Laschet. Sie hätte sich eine gerechtere Strafe gewünscht. Dass nun ausgerechnet der Täter gegen das Urteil vorgeht, sei aber sein gutes Recht, so die Anwältin. Eine höhere Strafe droht dem 63-Jährigen nicht mehr, wohl aber kann er auf ein noch milderes Urteil hoffen. Zumindest theoretisch ist das möglich.

Verteidigerin legte vorsorglich Revision ein

Verteidigerin Monika Troll erklärt auf Anfrage, vorsorglich Revision eingelegt zu haben, um das schriftliche Urteil zunächst ausführlich mit dem Mandanten zu besprechen. Der Angeklagte hatte die Ausführungen des Richters zusammengekauert und mit Blick nach unten entgegengenommen. Möglich erscheint, dass das Rechtsmittel noch zurückgezogen und das Urteil akzeptiert wird.

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Zugute kam dem Täter auch, dass das Gericht die Tatfolgen für das schwer kranke Opfer nicht genau feststellen konnte. Die alte Dame ist nach einer Hirnblutung halbseitig gelähmt und kann nicht mehr richtig sprechen. Eine Agentur hatte den Angeklagten als häuslichen Pfleger vermittelt, die Tochter, die ihre Mutter nicht ins Heim geben wollte, sollte damit tagsüber entlastet werden.

Seniorin hat Angst vor Männern entwickelt

Eine Logopädin hatte im Prozess ausgesagt, dass sie nach den Vorfällen vergangenen Sommer Veränderungen bei der alten Dame festgestellt hätte. Sie habe Ängste vor Männern entwickelt, würde bei Begegnungen unruhig, was bei Ausflügen deutlich geworden sei. „Das Dilemma ist, dass es keine geeignete Therapie für die Geschädigte gibt“, sagt Anwältin Müller-Laschet.

Das Verbrechen wäre wohl nie entdeckt worden, hätte die Tochter des Opfers nicht verborgene Überwachungskameras mit Bewegungsmeldern installiert, die Aufnahmen automatisch speichern. Nicht, weil ein Verdacht gegen den Pfleger bestanden haben soll, sondern um die 81-Jährige insoweit zu überwachen, als dass sie etwa aus dem Bett fallen könnte, wenn sie allein im Zimmer ist.

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