Unfälle, BeschwerdenWie es mit den E-Scootern in Köln weiter geht

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e scooter am dom

E-Scooter auf dem Bahnhofsvorplatz.

Köln – E-Scooter im Rhein, Unfallfahrten in alkoholisiertem Zustand oder „Roller-Mikado“ im öffentlichen Raum, wie es Städtetag-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy nannte, womit er haufenweise achtlos abgestellte Gefährte meinte, die zur Stolperfalle werden: Der der Betrieb der stadtweit insgesamt rund 13.000 Miet-E-Scootern muss reguliert werden, darüber sind sich alle einig. Verwaltung, Politik und selbst die sechs Verleih-Firmen. Nur wie das am besten geschehen soll, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Betreiber bringen eine weitere Möglichkeit ins Spiel: die öffentliche Ausschreibung.

Betrieb an Hotspots ist zeitweise eingeschränkt

Nachdem die Beschwerden über die Scooter immer lauter wurden, hat die Verwaltung auf Vereinbarungen mit den Verleihern gesetzt. Die Firmen haben sich daraufhin mit Verantwortlichen der Stadt zusammengesetzt und sich auf Beschränkung auf freiwilliger Basis verständigt. Seitdem dürfen die Roller unter anderem nicht mehr an Gewässern oder in Grünflächen abgestellt werden, es gibt einige feste Parkzonen in der Innenstadt, an manchen Hotspots ist der Betrieb zeitweise eingeschränkt. Außerdem sollen die Verleiher dafür sorgen, dass herumliegende Scooter zügig entfernt werden.

Im vergangenen Oktober kündigte die Stadt dem „Kölner Stad-Anzeiger“ an, sich Mitte Oktober mit den E-Scooter-Verleihern zusammensetzen zu wollen, um die Situation und die Wirksamkeit der Einschränkungen zu bewerten und über mögliche weitere Restriktionen zu beraten. Später erklärte die Verwaltung, Entscheidungen sollten nicht vor Dienstantritt des neuen Beigeordneten für Mobilität, Ascan Egerer, getroffen werden. „Er tritt zum 1. November 2021 an, dann wird in einer ämterübergreifenden Runde verwaltungsintern das weitere Vorgehen festgelegt", so die Stadt.

Verleiher haben keinen Kontakt zur Verwaltung

Das ist offenbar nicht geschehen, zumindest nicht in Rücksprache mit den Verleihern, von denen zu erfahren ist, dass sie „seit Monaten“ keinen Kontakt zur Verwaltung gehabt hätten. Auf Anfrage resümiert die Stadt knapp: „Die bisher auf freiwilliger Basis erzielten Regelungen zwischen Verwaltung und den Verleihern von E-Scootern in Köln haben zu einer Verbesserung der Situation geführt. Diese sind aber nicht ausreichend.“ Vor allem „die Mengenbegrenzung in der Innenstadt und die Standortzone Altstadt/Kolumba haben einen spürbaren positiven Effekt“.

Rat beschließt Sondernutzung 

Inzwischen verfolgt die Stadt auf Drängen der Politik indes ein anderes Konzept. Sie soll den Betrieb als „Sondernutzung“ ausweisen. Damit könnte die Verwaltung ohne Absprache mit den Verleihern Gebühren festlegen und weitere Auflagen verhängen, die die Anbieter zahlen und erfüllen müssen, um eben jene Sondernutzungsgenehmigung zu bekommen. Sollten sie sich nicht daran halten, kann ihnen die Stadt kurzerhand die Lizenz entziehen. Andere Großstädte wie Düsseldorf oder Bremen haben derartige Sondernutzungssatzungen bereits eingeführt.

Auf Basis eines SPD-Antrags hatte der Stadtrat im vergangenen Jahr beschlossen, dass die Stadt die Einführung einer Sondernutzungsregelung forcieren soll. Auf Grundlage dieses Beschlusses werde nun „aktuell die mögliche Ausgestaltung einer Sondernutzung“ erarbeitet, sagt die Stadt. Wann das vollendet ist, ist unklar. „Ein konkreter Zeitraum für 2022 kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht benannt werden“, heißt es weiter. Dennoch: „Um die bisher im Rahmen der Qualitätsvereinbarung getroffenen Regelungen zu festigen und im Sinne weiterer Regulationen auszuweiten, wird eine Sondernutzungsregelung als favorisierte Lösung angesehen“, urteilt die Verwaltung.

Verleiher wünschen sich Ausschreibung der Stadt

Einige E-Scooter-Verleiher regen nun eine weitere Variante an. Sie möchten, dass die Stadt den kommerziellen Betrieb von Miet-E-Scootern ausschreibt und im Rahmen dessen Regeln zur Voraussetzung macht. „Wir sehen das als geeignetere Form der Regulierung an“, sagt Neele Reimann-Philipp vom Unternehmen Voi, das in Köln seit April vergangenen Jahres aktiv ist und hier derzeit nach eigenen Angaben rund 4000 Roller auf den Straßen hat. Festlegung und Einhaltung von Qualitätsstandards seien damit am besten zu regeln.

Zudem könne eine Sondernutzung nur „verkehrsrelevante“ Vorgaben machen, nicht jedoch Aspekte wie etwa Nachhaltigkeit. Ob ein Anbieter zum Beispiel seine Roller ausschließlich mit Ökostrom auflädt und ausbringt oder Standards beim Arbeitsschutz gelten, könne jedoch Kriterium einer Ausschreibung sein, argumentiert Reimann-Philipp. Für Köln könne sie sich eine Ausschreibung vorstellen, bei der drei bis vier Anbieter für zunächst drei bis fünf Jahre E-Scooter verleihen.

Weniger Preisdruck, weniger E-Scooter?

Eine Ausschreibung hat für die Verleiher indes noch andere Vorteile. Wenn in einer Stadt nur eine zuvor festgelegte Zahl an Unternehmen E-Scooter anbieten kann, haben die Unternehmen gesicherte Marktanteile, wodurch der Wettbewerbsdruck sinkt und damit auch der Preiskampf gebändigt wird. Letzterer habe derzeit zur Folge, dass Anbieter möglichst viele Roller aufstellen, um mit niedrigeren Tarifen profitabel zu sein, erklärt Reimann-Philipp. „Für uns ist es wirtschaftlicher, mit einer kleinen Flotte den Bedarf zu decken“, sagt sie. Mit einer Ausschreibung seien insgesamt weniger E-Scooter im Stadtbild.

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Auf die Frage, ob ein Ausschreibungsmodell für Köln sinnvoll wäre, bleibt die Stadt vage. „Die Verwaltung prüft aktuell die verschiedenen Regulierungsmöglichkeiten auf rechtliche und verwaltungstechnische Handhabung und bei welchem Format welche Regulierungsmöglichkeiten am ehesten zielführend sind. Eine abschließende Aussage kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden“, heißt es.

Die momentan noch geltenden Absprachen zwischen Stadt und Verleiher, die auf freiwilligen Beschränkungen beruhen, geraten jedenfalls immer deutlicher ins Hintertreffen. „Gegenüber der bisherigen Vereinbarung haben die aktuell in der Diskussion befindlichen Regulierungsmöglichkeiten einen rechtlich bindenden Charakter mit stärkeren Regulierungs-, Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten“, verlautbart die Stadt.

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